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Paulo und Liang (7)


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in den Mund, wälzte den Wein im Mund an den Geschmacksnerven vorbei und spuckte ihn wieder aus. Ich tat es Liang wieder gleich. Dann sagte ich, dass ich den Duft von frischem Gras in der Nase und am Gaumen hätte, dazu Fruchtnoten von Pfirsichen und exotische Aromen. Liang sagte, dass er frische Zitrusfrüchte schmeckte, aber auch Pfirsicharomen in der Nase hätte. Der erste Riesling musste als gelungen gelten, er war leicht und spritzig.

      Wir tranken einen Schluck Mineralwasser, um den Geschmack zu neutralisieren. Dann gingen wir an den zweiten Riesling. Auch er konnte überzeugen, er hatte etwas Furchtiges, das ich bei Ananas ansiedelte. Liang gab mir recht, glaubte aber auch Stachelbeeraromen schmecken zu können. Der Wein wirkte sehr trocken, war dabei aber angenehm. Der Müller-Thurgau schmeckt noch unreif, entwickelte aber Aromen von Honig und Mandeln am Gaumen, Liang schmeckte noch Nüsse, Birnen und exotische Früchte. Auch dieser Wein war trocken, wirkte aber sehr vollmundig. Die drei Weißen mussten als gelungen gelten.

      Wir würden am nächsten Tag anfangen, sie auf Flaschen zu ziehen. Dann gingen wir zu den beiden Rotweintanks. Beim Rotwein konnten verschiedene Duftnoten eine Rolle spielen, die meist nur in Kombination zu riechen, aber oft nur tendenziell wahrzunehmen waren. So gab es zum Beispiel Vanille, Mokka, Tabak und Kakao als eine Duftharmonie, dann Beeren, Pflaumen, Holznoten, Schokolade, Kirschen Heidelbeeren, Gewürznoten und sogar Paprika. Wir fingen mit unserer Verkostung beim Dornfelder an, ich notierte runde Wald- und Johannisbeernoten, dazu ein saftiges Kirscharoma und zeigte meine Notizen Liang, der auch Kirschen und Johannisbeeren, aber auch eine Mandelnote notiert hatte, außerdem hatte er noch seidiges Tanin aufgeschrieben. Der Dorndelder machte einen sehr guten ausgewogenen Eindruck, er würde sich bestimmt gut verkaufen lassen. Der Spätburgunder brachte volle Aromen von Kirschen und Himbeeren, den Spätburgunder schluckten wir hinunter, man spürte dann seinen „Abgang“, den es zu charakterisieren galt, manche sprachen von „Finale“. Es wurde Weinen ein lebendiges „Finale“ zugeschrieben, unser Spätburgunder hinterließ bei mir einen vollmundigen und gleichzeitig trockenen Eindruck. In der Weinfachsprache war ein „Abgang“ das Verspüren der Geschmacksstoffe beim Trinken, genauer gesagt beim Hinunterschlucken in der Kehle. Ein langer „Abgang“ wurde als positiv bewertet und sprach für die Qualität des Weines. Der Geschmack im Gaumen, besonders beim Schlucken, wurde in „Caudalies“ („Abgang“ in Sekunden) gemessen, ein „Abgang“ von zwanzig „Caudalies“ wurde als gut bewertet. Wir legten solch hohe Hürden bei der Bewertung unseres Rotweines nicht an.

      Mir gefiel der Dornfelder am besten, aber bitte, ich war kein Weinkenner. Liang meinte aber auch, dass ihm der Dornfelder unter unseren Weinen am meisten zusagte. Wir würden auch den Rotwein auf Flaschen ziehen und zusammen mit dem Weißen zunächst in Turpan verkaufen. Liang hatte von jeder Sorte ungefähr hundert Flaschen, er müsste vorsichtig damit umgehen, damit nicht sofort alles verkauft wäre. Dann stand das Treffen mit den Werbefachleuten vom Fernsehen an. Es kamen zwei Leute vom Fernsehstudio in Urumqi, mit denen wir uns in Turpan trafen. Wir gingen zusammen in eine Bar in der Gaochang Road, und Liang und ich sagten, was wir wollten. Wir stellten den Fernsehleuten unser Konzept vor und hörten uns an, was sie dazu zu sagen hatten.

      Sie sagten, dass ein Werbeclip im Regelfall dreißig Sekunden dauerte, man müsste sehen, dass man das, was einem vorschwebte, auf diese Zeitspanne bringen könnte. Unser Konzept wäre gut und ließe sich auch mit relativ wenig Aufwand verwirklichen. Es müsste aber mehr Pep hinein. Es reichte nicht aus, ein glückliches Ehepaar und dessen Kind in seinem Wohnzimmer zu zeigen, es müsste etwas passieren, das die Zuschauer aufhorchen ließ. Es müsste ein Problem auftauchen, dessen Lösung der Weiß- oder der Rotwein wäre. Denkbar wäre zum Beispiel ein Familienkrach, der über den Weingenuss beigelegt werden würde. Wir sollten ein Drehbuch schreiben und damit nach Urumqi kommen, sagten uns die Fernsehleute. Man würde dann das Drehbuch mit Schauspielern umsetzen. Die beiden Fernsehleute ließen ihre Karte da und verabschiedeten sich wieder. Sie hätten das, was wir uns überlegt hätten, wenigstens nicht in der Luft zerrissen, sagte Liang. Aber das mit dem Familienkrach, das leuchtete ein. Sofort begannen wir mit den Überlegungen zur Einbindung eines Spannungselementes. Wir fuhren zur Ausarbeitung aber wieder nach Putaogou und setzten uns in die Laube. Dieses Mal holte Liang uns kein Bier, sondern er stellte jedem ein Glas Riesling vor die Nase. Ich nahm einen Schluck, er schmeckte jung, spritzig und frisch, er war genau das Richtige für die Tageszeit. Wir legten eine kleine Denkpause ein, in der jeder seine Vorstellungen auf ein Blatt Papier schrieb. Mir schwebte vor, dass das Ehepaar streitend ins Wohnzimmer käme und er sich aufgeregt aufs Sofa fallen ließe, sie käme dann mit einem Glas Rot- und einem Glas Weißwein, gäbe ihm den Roten und lächelte ihn an, sie sähen sich beide tief in die Augen und tränken. Es ertönte Versöhnungsmusik und beide lägen sich in den Armen, das Kind spielte glücklich mit seinem Spielzeug. So etwas Ähnliches hatte sich Liang auch überlegt, nur wusste er nicht, ob es gut wäre, zwei Weinsorten erscheinen zu lassen. Er fände meine Idee aber gut und übernahm sie.

      Es müsste dann nur noch ein Satz kommen, in dem die beiden Weinnamen genannt würden. „„Roter Flammenberg“ und „Weiße Perle“ stiften den schönsten Familienfrieden“, so oder ähnlich müsste der Satz lauten. Er müsste vor allem einprägsam sein, dazu wären Reime immer sehr gut geeignet. Aber solche Reime zu finden, das wäre schwer. „Hat die Familie einmal Streit, halte immer „Roter Flammenberg“ und „Weiße Perle“ bereit“, das gefiel Liang, damit wollten wir nach Urumqi fahren. Wir rekapitulierten noch einmal die gesamte Szene. Das Ehepaar käme streitend ins Wohnzimmer, man bekäme den Grund für den Streit aber nicht richtig mit, hörte nur, wie der Mann verärgert sagte: „Es ist doch immer dasselbe!“ Dann ginge die Frau in die Küche und erschiene danach mit zwei Gläsern Wein, gäbe ihrem Mann den roten und sagte: „Dieses Mal nicht!“ Sie lächelte ihren Mann an, er lächelte zurück, sie säßen Arm in Arm auf dem Sofa, das Kind spielte glücklich auf dem Teppich, dann ertönte Versöhnungsmusik und eine sonore Stimme spräche: „Hat die Familie einmal Streit, halte immer „Roter Flammenberg“ und „Weiße Perle“ bereit“. Das wäre gut, sagte Liang und telefonierte nach Urumqi.

      Wir sollten drei Tage später um 12.00 h mit unserem Drehbuch erscheinen. Liang war ganz aufgeregt und ich war auch nicht mehr ruhig. Sein Wein käme ins Fernsehen, sagte Liang seinen Eltern, ins chinesische Staatsfernsehen, wir würden nach Urumqi fahren und einen Werbespot drehen. Liangs Eltern schüttelten die Köpfe, die Mutter fragte Liang, warum er das viele Geld dafür bezahlen wollte. Liang antwortete, dass er nur so möglichst viele Menschen von der Qualität seines Weines überzeugen könnte, er wäre überzeugt davon, dass das „Grape Valley“ in Kürze nur so von Menschen wimmelte, die seine Weine kaufen wollten. Da fiel ihm ein, dass im Werbespot noch ein Hinweis auf die Herkunft des Weines fehlte. Die Stimme müsste fortfahren und sagen: „Diese Weine gibt es bei Liang in Putaogou“. Das wäre es, sagte Liang voller Überzeugung. Er müsste dann viel neuen Wein anbauen. Ohne zu wissen, wie sein Werbespot ankäme, bestellte Liang im Rheingau via Internet neue Weinstöcke der Sorte Dornfelder. In Turpan gab es Internet-Cafes, wo er seine Bestellung aufgab. Schon nach acht Tagen waren seine Weistöcke da. Er fuhr mit mir zum Hang und pflanzte sie neben die schon dort stehenden Stöcke.

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