Dietrich Novak

Das Verlangen und der Tod


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und Bernd nickte ihr verhalten lächelnd zu.

      Knud hatte mit Kennermiene die Situation erfasst. >>Da braucht es ja nur noch eine Scheibe Toast mit Butter. Die zwei Eier im Glas sind schon da<<, sagte er bitter.

      Valerie machte ein finsteres Gesicht. >>Dein Zynismus scheint in der letzten Zeit noch zugenommen zu haben.<<

      >>Ja, was denkst du denn? Weil die Sauerei immer größer wird. Früher gab es noch einfache Mörder, heute sind sie eher Schlächter oder orientieren sich an Hannibal Lecter.<<

      >>Teile seines Opfers scheint er ja nicht gegessen zu haben<<, sagte Valerie angewidert.

      >>Vielleicht beim nächsten Mal. Bei so viel Wut und Hass im Spiel werden garantiert weitere Opfer folgen.<<

      >>Du machst einem so richtig Mut. Kannst du schon etwas zum Todeszeitpunkt sagen?<<

      >>Schätzungsweise vor zwei bis drei Stunden, ohne mich da festlegen zu wollen.

      >>So, wie er da auf dem Bett liegt, muss der Täter über ihm gekniet haben.<<

      >>Ich denke eher, dass er im Stehen erstochen wurde und rücklings aufs Bett gefallen ist. Der Stich ins Herz war gleich tödlich, deshalb bedurfte es keines weiteren. Zufall, oder es war jemand mit medizinischen Kenntnissen zu Gange.<<

      >>Alles klar, was den Täterkreis wenigstens etwas einschränkt. Komm ruhig näher, Heiko. Oder erträgst du den Anblick nicht?<<

      >>Wenn du mich so fragst, würde ich mir das gern ersparen. Kann ich mich nicht anderweitig nützlich machen? Nachbarn befragen, oder so?<<

      >>Sieh an, wenn es um euer bestes Stück geht, seid ihr empfindlich. Die Zeugin, die die Leiche gefunden hat, befragen wir gleich gemeinsam. Oder möchtest du lieber nach persönlichen Dingen wie Briefe oder Andenken Ausschau halten? Ich führe das Gespräch von Frau zu Frau vielleicht lieber allein.<<

      >>Auch gut. Wenn Manfred mich schon mal ranlässt ...<<

      >>Bestimmt, wenn du lieb bitte, bitte machst.<<

      >>Witzig. Jetzt weiß ich, was mir am meisten gefehlt hat – dein Humor.<<

      Valerie läutete wenig später an der Tür der Nachbarwohnung. Es öffnete eine hübsche, junge Frau, die etwas blass um die Nase war.

      >>Frau Leopold? Lisa Leopold?<<

      >>Ja.<<

      >>Valerie Voss vom LKA Berlin. Darf ich kurz hereinkommen?<<

      >>Selbstverständlich. Ich habe Sie schon erwartet.<<

      Valerie ging in das helle Wohnzimmer, das viel weniger nüchtern und unpersönlich als nebenan wirkte. Es zeigte sich einmal wieder, was ein weibliches Händchen mit Stoffen, Deko und Accessoires bewirken konnte.

      >>Haben Sie sich ein wenig von dem Schock erholt?<<, fragte sie vorsichtig.

      >>Ja schon, aber es kommt zum Glück sehr selten vor, dass man einen Toten findet.<<

      >>Und dann noch mit einer so grausamen Verstümmelung ...<<

      >>Wissen Sie, ich habe gar nicht so genau hingesehen. Aus Angst, den Anblick nicht mehr loszuwerden. Das Blut hat mich gleich zur Umkehr bewegt.<<

      >>Waren Sie mit Herrn Dominguez befreundet?<<

      >>Nein, wir kannten uns eigentlich kaum.<<

      >>Aber Sie wissen schon, welchem Beruf er nachgegangen ist?<<

      >>Das war nicht schwer zu erraten. Er war ja meistens zuhause, und was da in der Nachbarwohnung so alles ein und ausgegangen ist ...<<

      >>Heute Vormittag auch?<<

      >>Nein, da hat nur einmal die Tür geklappt.<<

      >>Aber gesehen haben Sie niemanden? Oder vielleicht etwas gehört?<<

      >>Als ich kurz im Bad war, kam es mir so vor, als hätte ich unterdrückte Stimmen gehört. Aber das kann auch vor einer anderen Wohnung gewesen sein. Und was da gesprochen wurde, habe ich nicht verstanden. Es hat mich auch nicht interessiert.<<

      >>Üben Sie eventuell eine ähnliche Tätigkeit aus? Verzeihen Sie, wenn ich so direkt frage, aber so attraktiv wie Sie sind, und die Miete kann sich bestimmt nicht jeder leisten.<<

      >>Das stimmt, aber ich spare lieber an anderen Dingen. Ein gutes Wohnumfeld ist mir wichtig, und ich verdiene recht gut als Sekretärin. Und zu Ihrer ersten Frage: Callgirl, das wäre nichts für mich. Dazu bin ich zu moralisch erzogen worden. Und wenn ich daran denke, was man sich da alles für Krankheiten holen kann … Ganz abgesehen von der Ekelschwelle, die es zu überwinden gilt. Ich möchte mir meine Beischlafpartner aussuchen und lasse mich nicht bezahlen.<<

      >>Wie kommt es, dass Sie heute nicht im Büro sind?<<

      >>Ich habe ein paar Tage Urlaub und will meine Eltern in Kiel besuchen. Eigentlich bin ich schon auf dem Sprung.<<

      >>Ich bitte Sie vorerst, so lange zu warten, bis wir Ihre Fingerabdrücke mit denen von nebenan verglichen haben. Auch eine Gen-Probe wäre hilfreich.<<

      >>Sie verdächtigen mich aber jetzt nicht, meinen Nachbarn umgebracht zu haben?<<

      >>Solange nicht das Gegenteil bewiesen ist, kann der Verdacht leider nicht ausgeschlossen werden. Sie wissen doch – der Erste am Tatort und so weiter ...<<

      >>Glauben Sie, ich wäre so dumm, anschließend seelenruhig die Polizei zu rufen? Ich hätte ihn doch einfach liegen lassen können und abreisen. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Alleinstehender erst nach Wochen gefunden wird.<<

      >>Das stimmt. Aber Sie könnten auch besonders raffiniert sein. Entschuldigung, ich kenne Sie ja nicht. Um es gleich vorweg zu sagen: Auf den ersten Anschein halte ich Sie nicht zu einer derartig brutalen Tat fähig, aber wir müssen leider routinemäßig ermitteln. Hat es da nie eine gewisse Annäherung zwischen Ihnen und Ihrem Nachbarn gegeben? Ich meine, er sah doch blendend aus für sein Alter.<<

      >>Eben – sein Alter. Ich stehe nicht auf Sugar-Daddys. Und als ich begriffen habe, was da nebenan abgeht, sowieso schon nicht. Ja, er hat mich ein- zweimal zum Kaffee eingeladen. Deshalb könnten Sie auch Fingerabdrücke von mir drüben finden. Aber ich habe schnell vermutet, dass er weniger an meiner Person interessiert war, als daran, mich eventuell als Kundin zu gewinnen.<<

      >>Und dieser Affront hat sie nicht sauer gemacht? Also ich hätte beleidigt oder sogar wütend reagiert.<<

      >>Ich habe es sportlich genommen. Er war ohnehin nicht mein Typ. Und ich habe ihn garantiert nicht ermordet.<<

      >>Das wird sich schnell herausstellen. Solange wir keine DNA von Ihnen an seiner Leiche finden werden …<<

      >>Das heißt, ich muss jetzt meine Eltern versetzen, bis Ihre Untersuchungen abgeschlossen sind? Das ist wirklich sehr unangenehm.<<

      >>Ich weiß, aber es geht leider nicht anders. Doch ich verspreche Ihnen, den DNA-Abgleich vorrangig zu behandeln. Die Kollegen kommen dann gleich, um die nötigen Proben zu nehmen. Ansonsten wünsche ich Ihnen einen schönen Tag und eine baldige gute Reise.<<

      >>Sie haben Humor. Das muss ich wirklich sagen.<<

      >>Komisch, das habe ich heute schon einmal gehört.<<

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