Joachim Kath

Herr Fuchs (86) kauft ein Auto


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und schaute ein bisschen so als wenn dadurch die Firma gleich zusammenbrechen würde und er augenblicklich arbeitslos.

      „Das ist, wenn ich Sie darauf aufmerksam machen darf, ganze fünf Prozent unter dem ganz normalen Journalisten-Rabatt!“ erwiderte Herr Fuchs ungerührt und legte seinen Journalistenausweis, den er Jahr für Jahr gegen Gebühr erneuerte, wie eine Spielkarte beim Pokern auf den Tisch.

      „Da muss ich erst nachschauen, ob der Verband, es gibt ja nicht wenige auf diesem Gebiet, auf der vom Hersteller anerkannten Liste steht“, sagte der Verkäufer.

      „Tun Sie das!“ erwiderte Herr Fuchs, der längst Bescheid wusste, weil er genau diese Prozedur bei einem anderen Händler der Marke schon durchgespielt hatte, der ihm aber dann zu wenig für seinen Gebrauchten geboten hatte.

      „Okay, alles kein Problem, Journalisten-Rabatt können wir gewähren, aber dann nehmen wir kein Gebrauchtfahrzeug in Zahlung!“

      „Einverstanden!“ erwiderte Herr Fuchs, der auch das erwartet hatte, „dann verzichte ich auf den Journalistenrabatt und nehme stattdessen Ihren Hausrabatt von 13,5 Prozent, vorausgesetzt, dass Sie mir für meinen Gebrauchten einen fairen Preis bieten!“ Natürlich hatte der Verkäufer von diesen hohen Prozenten nie gesprochen und war leicht verblüfft, fing sich aber sofort wieder. Auch wenn ihm nicht ganz klar war, ob sich sein Kunde nun absichtlich versprochen hatte oder nicht.

      „Dazu müsste ich erstens den Chef fragen, mir zweitens Ihren Wagen kurz unverbindlich draußen ansehen, vorbehaltlich eines genaueren Werkstattchecks und Ihnen dann ein vorläufiges Angebot ausdrucken! Das dauert etwa eine Viertelstunde!“

      „Kein Problem!“ sagte Herr Fuchs. „Mein Auto ist anwesend! Ich bin anwesend und geschäftsfähig, worauf warten wir, bewegen wir uns an die frische Luft, soweit man davon an dieser Ausfallstraße überhaupt sprechen kann.“

      Herr Fuchs wusste selbstverständlich, dass der routinierte Verkäufer den Preis selbst bestimmen konnte und auch entscheiden konnte, ob er das Gebrauchtfahrzeug nimmt. Ihm war einfach aus Erfahrung klar, wie Autoverkäufer dachten. Die wussten genau, dass es so etwas wie einen reinen Neuwagenverkauf nicht gibt, wenn der Kunde sein Altfahrzeug in Zahlung geben will, weil er sich nicht mit Privatkäufern herumschlagen will, die erst alles bemäkeln und am Schluss gar kein Geld hatten. Er hatte keine Lust, eine Anzeige aufzugeben und mit fremden Leuten, die ein Schnäppchen suchten, zu verhandeln. Sein Auto war erste Hand, unfallfrei, sieben Jahre alt und hatte fast 100.000 Kilometer auf dem Buckel. Er kaufte grundsätzlich keine Modelle, die kein Markterfolg waren, weil er immer schon beim Kauf an den Wiederverkaufswert dachte. Ihm war klar, dass der Neuwagenverkäufer dieses Auto akzeptieren würde, aber auch Argumente bringen würde, die den Preis drücken helfen sollen. Darauf war er eingestellt.

      „Der Wagen hat Gebrauchsspuren!“ sagte der Verkäufer prompt.

      „Sie machen mir Spaß! Der war sieben Jahre auf der Straße, kein leichtes Leben, aber nachts meistens in der Garage! Wenn Sie den von Ihrem Lehrling gründlich reinigen lassen, steht der da wie neu. Vollausstattung, Ledersitze, sogar Schiebedach, Navi, Klima, Alufelgen, fast neue Reifen, durchgängig scheckheftgepflegt und mit eingetragenem Kilometerstand, was wollen Sie mehr?“

      „Nicht jeder will Automatik!“ sagte der Verkäufer skeptisch. „Gebrauchtwagenkäufer suchen meistens die abgespeckte Version!“

      „Sie brauchen nur einen einzigen Kunden und Sie können ruhig zugeben, dass Sie als versierter Automann schon einen Käufer im Visier haben, der genau dieses Auto will!“ sagte Herr Fuchs ruhig. „Das kostet Sie genau einen Anruf! Außerdem kann man mit der Automatik sicher sein, keinen Getriebeschaden zu haben! Und wahrscheinlich trauen Sie mir auch nicht zu, dass ich am Tacho gedreht habe, wie das angeblich bei mindestens einem Drittel der Gebrauchten der Fall sein soll!“

      „Unsere Kunden tun so etwas nicht!“ sagte der Verkäufer mit Überzeugung.

      „Leider ist der Mensch an sich besonders kriminell, wenn es um sein goldenes Kalb namens Auto geht. Wie oft kommt Fahrerflucht vor, wegen eines Blechschadens beim Parken? Die Herren mit geeigneten Geräten zur sogenannten Tachojustierung kommen ja sogar vor Ort. Im Bürokratendeutsch heißt der Tacho übrigens Wegstreckenzähler und sollte bei Strafe nur zur Reparatur manipuliert werden dürfen. Lachhaft! Ein Milliardengeschäft ist daraus geworden bei privat gehandelten Gebrauchten. Und alles ist nur in großem Stil möglich, weil an der Sicherheitssoftware zu Ungunsten der Käufer gespart wird.“

      „Sie sehen zu schwarz, Herr Fuchs!“

      „Ich sehe die Realität! Es gibt seriöse Gebrauchtwagenhändler, keine Frage, die Branche ist vorsichtig geworden, seit sie zwei Jahre Gewährleistung geben muss. Aber wenn so ein Händler mir sagen würde, er wüsste da einen Privatmann, der so ein Auto verkaufen wollte wie ich es suche, dann vermute ich erst einmal, dass der Profi die Garantie umgehen will, weil es sich um eine Schrottlaube handelt. Und die Geschichte würde eventuell so weitergehen, wenn dieses krumme Auto bald zusammenbricht, dass der gute Mann auch noch eine Werkstatt an der Hand hat, die für angeblich kleines Geld große Reparaturen veranstaltet. Holzauge, sei wachsam!“

      Der Verkäufer nannte entnervt einen Kaufpreis. Natürlich war es aus seiner Sicht der alleräußerste. Ein Kampfpreis bis zur Entleibung.

      „Wenn Sie noch einen Tausender drauf legen, kommen wir ins Geschäft!“ sagte Herr Fuchs ungerührt, der sich insgeheim schon freute, denn der genannte Preis war bereits zweitausend Euro über dem Preis, den der vorige Händler genannt hatte.

      „Wenn Sie den Wagen aus dem Showroom nehmen, kommen wir wahrscheinlich mit dem Preis hin, vorausgesetzt, mein Chef stimmt zu!“ sagte der Verkäufer.

      „Der Wagen hat die falsche Farbe!“ antwortete Herr Fuchs trocken.

      „Wieso, dieses dunkle Metallicgrau sieht doch sehr elegant aus!“

      „Ja, in der Ausstellung, aber nicht draußen! Ich habe eine andere Farbphilosophie bei Autos. Grau ist grauenhaft! Warum? Weil schon der Asphalt grau ist und es im Verkehr wichtig ist, von den Blindgängern und Sonntagsfahrern gesehen zu werden. Die Farbe Weiß kommt im der Natur praktisch nicht vor, außer im Tiefschnee. Ich habe nicht vor, damit die Alpenhänge und Skipisten zu befahren. Einzige Ausnahme: Wenn ich einen Ferrari kaufen würde, nähme ich selbstverständlich das Original-Rot. Allerdings ist mir der Preis bei dem Boliden im Vergleich zu seiner geringen Bauhöhe etwas zu unterschiedlich. Und ich sitze auch nicht mehr so gerne in Bodennähe. Außerdem hasse ich Lärm, auch solchen, der Sound heißt und eigens vom Designer komponiert wurde.“

      „Schwarz ist als Farbe sehr beliebt! Gerade bei den Leasern!“

      „Ja, ich weiß, bei den Losern auch, die sich noch nicht einmal einen Kleinwagen leisten können. Für mich kommen nur noch Silber und Weiß in Frage, das gilt für alle Marken. Ich färbe mir ja auch nicht das Haar und töne es noch nicht einmal. Natürlich weiß ich, dass viele Leute Schwarz mit viel Chrom lieben, weil sie damit präsentieren wollen. Das ist etwas für Politiker, Manager und Bischöfe. Außerdem macht Schwarz die Autos optisch kleiner. Die meisten großen Limousinen sind in dieser Trauer-Farbe, weil die Reichen und Mächtigen sich schämen, reich und mächtig zu sein. Für meine Autos kommt grundsätzlich nur Weiß in Frage, auch wenn das Weiß wie in diesem Fall einen Marketingnamen hat und bei Ihnen „Gletscherweißmetallic“ heißt. Über solche formalen Kleinigkeiten sehe ich hinweg.“

      „Die Autos fahren doch heutzutage mit Tageslicht, da spielt die Farbe für die Sicherheit nicht mehr die Rolle!“

      „Weiße Autos werden weniger durch die Sonne aufgeheizt!“

      „Praktisch sämtliche Fahrzeuge haben eine Klima-Anlage!“

      „Weiß ist wieder im Trend und war bei mir nie out! Zu einer anderen Farbe führt kein Weg hin! Auch wenn die Insekten, die bei schneller Fahrt auf der Motorhaube kleben bleiben, hinterher im Stand besser zu sehen sind als bei Schwarz“, sagte Herr Fuchs bestimmt.

      „Gut!“ sagte der professionelle Verkäufer, „ich bespreche die Sache mit meinem Chef und schicke Ihnen per E-Mail ein Angebot.

      „Was