Helge Brühl

New York bis September


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Das zeugt aber nicht gerade von galanter Haltung. <<

      Endlich rief sie an. Ihre Worte kamen lustig rüber und Frank konnte regelrecht spüren wie sie sich am anderen Ende der Leitung feierte. Wow, dachte er, das hatte gesessen.

      >> Das glaub ich ja jetzt überhaupt nicht, << erwiderte er völlig überrascht. >> Wenn sie mich jetzt sehen könnten, würden sie mich sprachlos erleben. Perplex ist gar kein Ausdruck. Wie geht es ihnen? << fragte er, während er bemerkte, wie seine Knie vor Aufregung anfingen zu zittern.

      Laura Curren lachte. >> Mir geht’s soweit recht gut, << sagte sie, >> nur es fehlen exakt vierunddreißig Dollar und neunundachtzig Cent in meiner Haushaltskasse und die möchte ich gern wiederhaben. Denn soviel kostet eine Mantelreinigung nach einem Kaffeeattentat in New York City. <<

      Frank schmunzelte. >> Und ich habe es ihnen hoch und heilig versprochen, dass ich sie nicht im Regen stehen lasse, das dürfen sie bitte nicht vergessen zu erwähnen. Ein neuer Mantel wäre etwas kostspieliger für mich gewesen, und insgeheim bedanke ich mich bei der Reinigungsfirma. Ist denn wirklich alles zu ihrer Zufriedenheit, Mrs. Curren? <<

      >> Sagen sie doch einfach Laura zu mir, okay. <<

      Verlegen antwortete Frank: >> Wenn sie meinen. <<

      >> Mein Mantel ist doch tatsächlich in neuem Glanz erstanden. Selbst die Winterspuren sind komplett verschwunden. <<

      >> Da freu ich mich und im Übrigen, ich heiße Frank, << bemerkte er so, das ein Lächeln in seiner Stimme mitschwang.

      >> Okay Frank. <<

      >> Nun bleibt uns ja nur noch der Termin für die Geldübergabe, oder soll ich ihnen den Betrag auf ihr Konto überweisen? Obwohl ich mir eigentlich nichts Schöneres vorstellen könnte, als das wir uns mal unter anderen Umständen begegnen würden. <<

      >> Wie meinen sie das? <<

      >> So wie ich es gesagt habe. Wie wär es denn zum Beispiel, wenn wir beide uns mal zum Essen treffen würden oder auf ein Glas Wein? << fragte Frank, erleichtert über seinen Mut.

      >> Eine Einladung für Kaffee und Kuchen lass ich nach unseren Erfahrungen mal lieber stecken. <<

      >> Frank, << sagte sie, >> sie sind doch nicht auf etwas aus? <<

      >> Er lachte. >> An was hätten sie denn gedacht? <<

      >> Nicht schlecht, Frank. Sie kommen wohl immer gleich zur Sache? <<

      >> Ich möchte ihnen sicher nicht zu nahe treten, aber ich will ganz offen zu ihnen sein. Mir wäre sehr daran gelegen, wenn ich sie wiedersehen könnte. Habe ich da eine Chance? <<

      Er spürte, wie sie am anderen Ende der Leitung überlegte. >> Warum eigentlich nicht, << sagte sie nach einer kurzen Denkpause. >> Wann wäre es ihnen denn recht? <<

      Da war sie, die Zusage auf die Frank gehofft hatte. Er hätte am liebsten einen lauten Jubelschrei durchs Büro hallen lassen, aber er atmete einfach nur ganz tief durch. Das Zittern in den Knien blieb.

      >> Ich würde mich da ganz nach ihnen richten, Mrs. Curren…ääh sorry, Laura. Wie sieht’s denn mit heute Abend aus? << Er hoffte, dass er jetzt nicht zu schnell und ungestüm war. Übereifer war schon immer eine seiner Schwächen.

      >> Heute leider nicht, meine Aerobicgruppe wartet. Aber morgen ist Samstag, da hätt ich schon Zeit. <<

      >> Morgen ist noch besser. Wie wäre es mit „ The Manor“ in West Orange? Ich halte es für das beste Restaurant von New Jersey. <<

      >> Gern. << sagte sie. <<

      >> Wo darf ich sie abholen? Sieben Uhr wäre perfekt. <<

      >> Um sieben? Das passt mir ausgezeichnet? Also gut, dann sehen wir uns morgen um sieben in „The Manor“. <<

      >> Kennen sie das Restaurant? <<

      >> Wer kennt es nicht? <<

      >> Schade, ich dachte, ich könnte sie überraschen. Das war wohl dann nichts. <<

      >> Das war nicht meine Absicht, << sagte sie lachend >> Aber wenn es sie beruhigt, eine bessere Wahl hätten sie gar nicht treffen können. Also dann bis morgen. <<

      >> Bis morgen, << sagte er und beendete das Gespräch. Ein kurzer Blick zum Kalender zeigte den 30. März. 2001.

      Frank legte den Hörer auf und ließ sich weit in seinen Bürosessel zurückfallen. Seine Mundwinkel verzogen sich zur Andeutung eines triumphierenden Lächelns. Er war nicht erregt, er war überwältigt. Er atmete ruhiger. Schwein muß man eben haben, dachte er. Wie oft hatte er in den letzten Tagen an sie denken müssen, ständig gehofft, dass das Telefon endlich klingelt und Sie sich meldet. Gegen jede Vernunft, gegen jede Relation war er vorige Woche zum World Trade Center gelaufen, hatte sich mittags auf eine Bank an der „Sphere“, der großen Bronzeskulptur am Plaza, gesetzt und innig gebetet, sie dort zu sehen. Selbst die Etagen der Zwillingstürme ging er einzeln durch, in vager Vermutung, dass Sie dort irgendwo sein könnte. Tausende Menschen strömten vorbei, alle Kulturen waren zu erkennen, die ganze Welt schien sich dort zu treffen, aber Sie war nirgends zu sehen. Leere bestimmte daraufhin seine Hoffnungen. Frank wusste um die Aussichtslosigkeit seiner Idee, konnte aber trotzdem nicht vom Zufallsgedanken Abstand nehmen. Ihm fiel auf, dass er sich völlig untypisch verhielt. Abends stand er vorm Spiegel und fragte sich, wie blöd er eigentlich ist. Doch ein besonderes Gefühl hatte Besitz von ihm genommen, bearbeitete seine Phantasie, regte seine tief verborgenen Sehnsüchte in nie gekannter Form an. Alles andere trat in den Hintergrund. Jetzt hatte sie angerufen. Sie hatten geredet und sie würden sich sogar morgen treffen. Manchmal war das Leben so einfach, so unkompliziert. Und schon wieder kam alles unerwartet, wieder war dieser Blitz aus heiterem Himmel in ihn eingeschlagen. Morgen Abend würde er sie sehen, würde ihr gegenübersitzen, würde mit ihr zusammen essen. Er konnte sie anschauen und würde sicher einiges über sie erfahren.

      Frank fühlte sich unter totaler Anspannung. Diese verbalen Hoffnungen, das ungewisse Warten, hatten ein Ende. Sie heißt Laura, dachte er. Ein schöner Name, der gut zu ihr passt. Was kann nicht alles geschehen in einer Welt, von der es heißt, dass alles in ihr möglich ist? Morgen würde er sie treffen. Frank Bender schaute auf seine Armbanduhr. Wie lange war es noch bis morgen?

      >> Mr.Bender, ich geh jetzt in die Kreditabteilung, << unterbrach Liza seine Gedanken.

      >> Okay, lassen sie sich bitte alle Unterlagen zu dem Projekt geben. <<

      >> War es etwas Wichtiges mit dem Anruf von „Smith & Wade“? << fragte sie noch beiläufig.

      >> Ja, es war sogar sehr wichtig und ich habe lange darauf warten müssen. Danke, dass sie mich trotz meiner Anweisung gestört haben. <<

      Sie zuckte mit den Schultern und brachte ziemlich borniert ein, >> Na, dann ist ja alles in Ordnung, << heraus. Dann verließ sie auf ihren hohen Absätzen wieder sein Büro.

      Frank war klar, dass er ihre Neugier nicht befriedigt hatte. Er nahm das Telefon und wählte die Nummer von Horst. Einfach nur mit jemandem reden, das war es, was er jetzt unbedingt wollte. Horst war gleich am Apparat und Frank erzählte ihm sofort von Lauras Anruf, dem vereinbartem Treffen im Restaurant.

      >> Horst, ich brauch heut einfach mal einen coolen Drink und einen Freund, der mir zuhört. Wie sieht`s aus bei dir? << fragte er etwas vorsichtig. >> Ich würde heut gern noch vorbeikommen, wenn es dir nichts ausmacht. <<

      >> Kein Problem, alter Junge. Schwing dich in deinen Benz und komm wann immer du Lust hast. Wir haben heute Glück, Nancy muß zum Nachtdienst. Somit haben wir sturmfrei.

      Ich habe frischen Orangensaft aus Florida, dazu eine große Flasche Absolut Wodka.