Helge Brühl

New York bis September


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<< fragte Susan liebevoll.

      >> Eigentlich gibt es gar nichts Neues, oder…. na ja, ist nicht so wichtig. << Laura lächelte verlegen und sah dabei in Susans Gesicht mit den grünen Augen, dem gesunden Teint und den schmalen Lippen, die sich an den Mundwinkeln leicht nach oben zogen.

      >> Ich seh dir doch an der Nasenspitze an, dass du was vor mir verbirgst. Hast du einen neuen Typen aufgerissen? Du bist doch nicht etwa frisch verliebt oder hast du eine Gehaltserhöhung bekommen? Komm, spuck es aus! Vor seiner besten Freundin hat man keine Geheimnisse. << Fordernd und lachend sah sie Laura an.

      >> Nein, nichts von alledem, << antwortete Laura mit leichtem Augenzwinkern, >> obwohl eine Gehaltserhöhung mal angebracht wäre. <<

      >> Mir machst du doch nichts vor, irgendetwas ist passiert mit dir, das sehe ich doch gleich an deinen Augen. Also, spann mich nicht so auf die Folter und erzähl es mir. << Susan schaute sie dabei noch tiefgreifender an als zuvor.

      >> Susan es ist nichts. <<

      >> Ich nerv dich weiter, sag es endlich. <<

      >> Okay, du hast gewonnen, << entgegnete Laura etwas zögernd. >> Ich bin vor fast zwei Wochen durch Zufall einem Mann begegnet, der mir wahnsinnig gut gefallen hat. <<

      >> Ist ja reizend. <<

      >> Finde ich auch. <<

      Sie hasste es, wie sie sich gerade fühlte, unsicher wie ein Teenager, der sich heimlich in den Basketballstar der High School verliebt hatte.

      >> Ich hab es doch geahnt Laura. Seid ihr euch schon nähergekommen oder schlaft ihr etwa schon miteinander? Wie alt ist er? Wie sieht er aus? Nun fang endlich an zu erzählen, ich bin gespannt wie ein Bogen. <<

      Susans Neugier hatte den Höhepunkt schon überschritten. Laura schaute verlegen auf die Tischdecke, begann zögerlich zu erzählen.

      >> Ich kenn ihn nicht mal, unser Zusammentreffen war eigentlich mehr als kurios, begann katastrophal und war gelinde gesagt, doch nur flüchtig und banal. Viel zu kurz. Mit anderen Worten, eigentlich nicht lang genug um es unbedingt im Kopf zu behalten. Wiederum war es lang genug ihn nicht zu vergessen. Er sieht Klasse aus. <<

      Sie erzählte ihr vom Zusammenstoß am Star-Buck`s, dem Kaffeefleck und dem Moment als sie sich tief in die Augen schauten. Kein Detail ließ sie aus.

      >> Und da hat es Rums gemacht und jetzt tanzen die Endorphine Salsa mit dir. Stimmt`s? <<

      >> Das ist noch milde ausgedrückt. Es war wie ein winziger elektrischer Schlag, der durch die Adern rauschte und jetzt weiß ich nicht, was ich machen soll. Soll ich ihn anrufen? Was sagst du? Ich hab seine Karte. Trotzdem bin ich mir sehr unsicher. Er scheint Deutscher zu sein, der Akzent und sein Name sprechen dafür. Oh Susan, er hat solche schönen Augen, seine ganze Gestalt, sein Aussehen erinnert mich sehr an Nick Nolte, wie vor etwa zwanzig Jahren.<<

      >> Hey, dann er ist er sehr groß, kräftig gebaut und auch noch blond? << fragte Susan. >> Mit wenigen Worten ausgedrückt, ein umwerfender Typ. << .

      >> Genau so kannst du ihn dir vorstellen. Eindeutig ein Frauentyp, doch eigentlich sieht er noch viel besser aus. Er hat kräftige Wangenknochen, ansprechende Züge um den Mund, Augen so warm wie Samt und einen gebräunten Teint, der auf Gesundheit ohne Eitelkeit schließen lässt. Er muß so Mitte bis Ende dreißig sein. Aber er ist genau die Sorte Mann, die alle Frauen haben können, wenn sie nur mit dem Finger schnipsen und bestimmt ist so ein Mann fest liiert. Ich sollte einfach nicht mehr an ihn denken, verdammt. Das Beste ist, ich vergesse alles, bevor ich mich verrückt mache und werfe seine Karte einfach weg. << Laura wirkte äußerst wankelmütig und hatte Zweifel im Unterton.

      >> Hey Schätzchen, du hast dieses gewisse Rot auf deinen Wangen, dich hat es einfach richtig erwischt. Jedenfalls wirst du seine Karte nicht wegwerfen. Was hast du zu verlieren Darling? Er hat dir zugesagt den Schaden zu ersetzen und das ist der Aufhänger für deinen Anruf. Damit hast du alles in der Hand und brauchst dich auf keinen Fall unter Wert verkaufen. Das ist doch optimal. Manchmal kann man alles gewinnen, wenn man nur ein wenig Mut investiert. Ruf ihn an und laß die Dinge auf dich zukommen. Und wenn er nur den Rechnungsbetrag der Reinigung auf dein Konto überweist, dann kannst du wenigstens sagen, okay, ich habe es halt probiert. Vielleicht wartet er ja sogar ganz aufgeregt auf deinen Anruf.<<

      >> Meinst du? <<

      >> So wie er dich angeschaut hat. Das Leben ist bunt, liebe Laura, keiner ist vor Überraschungen gefeit. Jeder Mensch hat doch mal das Recht irgendetwas Verrücktes zu tun, und jetzt bist du eben mal an der Reihe. Also ran an den Speck und weg mit den Zweifeln! <<

      Susan lächelte und streichelte ihr kurz die Wange.

      >> Normalerweise lasse ich mich nicht von Äußerlichkeiten beeindrucken, doch dieser Mann besitzt eine hypnotische Ausstrahlung. <<

      >> Ist das so wichtig? fragte Susan. >> Das, was bei einem Menschen zählt, ist sein Inneres nicht sein Äußeres. Gelackte Affen gibt es wie Sand am Meer. <<

      >> Klar doch. Aber dieser Mann hatte Ausstrahlung, ein besonderes Charisma. <<

      >>Na ja, es kann aber auch sein, dass du dich täuschst. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gutaussehende Männer entweder recht dümmlich oder extrem langweilig sind. <<

      >> Das Erstere trifft ja wohl auf einen Bankmanager sicher nicht zu, << war Lauras prompte Antwort.

      Der Kellner unterbrach ihre Unterhaltung und servierte die Teller mit der Geschicklichkeit eines Butlers.

      >> Na endlich, das Überleben ist gesichert, << triumphierte Susan

      >> Meinst du wirklich das ich ihn anrufen soll? << fragte Laura ernst.

      >> Aber sicher wirst du das tun, Schätzchen. Risiko ist immer dabei, aber wenn man nichts riskiert kommt man auch nicht vorwärts. Hast du den Mantel schon reinigen lassen? <<

      >> Nein noch nicht, aber ich wird es morgen gleich tun, hatte einfach noch keine Zeit. <<

      Susan erhob ihr Glas und sie stießen beide an.

      >> Auf Nick Nolte. << Beide tauschten ein solidarisches Lächeln.

      >> Nun laß uns aber erstmal ordentlich essen und dann quatschen wir weiter. Okay? Ich bin total ausgehungert. << Susan hatte schon eine Hummerschere in der Hand.

      Am Nachbartisch saßen drei Herren um die fünfzig, in edlen Anzügen, und starrten ständig zu ihnen herüber. Laura versuchte jeglichen Blickkontakt zu vermeiden. Es machte ihr zwar nicht allzu viel aus, doch angenehm war es nicht. Vor langer Zeit schon hatte sie sich daran gewöhnt, angestarrt zu werden, manchmal bewundernd und auch begehrlich, manchmal, vorrangig von Frauen, auch neidvoll. Sie sah es locker und empfand es als eine Art Huldigung an das glückliche Zusammenspiel ihrer Erbanlagen.

      Das Abendessen schmeckte so köstlich wie es duftete. Gedanklich ging sie das Gespräch noch einmal durch. Susan hatte sie zum Anrufen ermutigt, hatte ihr klargemacht, dass sie wirklich nichts zu verlieren hatte. Jeden Tag von Neuem hatte sie die Begegnung mit ihm, wie einen Film ablaufen lassen. Was war das nur für ein wunderbar sinnliches Gefühl, wenn sie an diesen Mann dachte. Laura hatte ihn nur einige Minuten gesehen, nicht viel mit ihm gesprochen. Dennoch schien er ihr alles zu symbolisieren, was sie in ihrem Leben vermisste. Sie empfand eine tiefe Sehnsucht, die sie schon lange nicht mehr gespürt hatte. Aber wenn sie ihn wirklich wiedertraf, würde sie wahrscheinlich feststellen, dass er schon lange der Ehemann einer schönen Frau, dazu noch Vater von reizenden Kindern war. Schnell verwarf sie den Gedanken, es passte nicht zu dem, was sie sich vorgenommen hatte, denn sein Blick hatte ihr soviel gesagt, die Berührung seiner Hände beim Abschied war zärtlich. Doch wiederum, so erschien es ihr, war er sich seiner Wirkung auf Frauen durchaus bewusst, was andererseits auch nicht viel zu bedeuten hatte. Bestimmt hatte ihr Vorhaben wenig Aussicht auf Erfolg,