Helge Brühl

New York bis September


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      Ein sanftes aber direktes Lächeln begleitete seinen Satz.

      >> Oh, Mr. Bender, sie werden schon erwartet. Bitte haben sie doch einen Augenblick Geduld und nehmen noch kurz Platz. Darf ich ihnen einen Kaffee oder ein Wasser bringen? <<

      Der Gedanke an amerikanischen Kaffee, diese abscheuliche Brühe, machte ihn überhaupt nicht glücklich, er entschied sich für Wasser. Er hatte gerade den ersten Schluck genommen als Elena Cortez ihn bat, sie zu begleiten.

      Direktor Thomas D. Wright begrüßte ihn diskret, aber betont freundlich. Er musterte ihn ernsthaft bevor er Frank die Hand reichte. Seine Stimme offenbarte die Selbstsicherheit eines Mannes, der schon lange das Sagen hatte. Die dunklen Haare waren dick wie Draht, akkurat gescheitelt mit silbergrauen Schläfen. Eine breite Nase zierte sein Gesicht, seine Augen waren unangenehm. Wright war vielleicht Anfang fünfzig, machte einen trainierten Eindruck. Die Golfschläger in der hinteren Ecke des Büros ließen Frank gleich erahnen, womit er sich fit hielt. Ein edles Pfeffer-und Salz-Sakko betonte seine breiten Schultern. Die zugeknöpfte graue Weste spannte sich straff wie ein Korsett um seinen Oberkörper.

      Elena Cortez brachte einen kleinen Imbiss, aus belegten Bagels, und stellte eine große verchrohmte Thermoskanne mit Kaffee auf den Tisch. Nun also doch Kaffee, dachte Frank.

      >> Der Alltag in Manhattan lässt sich doch nur mit Kaffee ertragen, << sagte Wright. >> Jedenfalls geht es mir so. <<

      >> Aber es steigert auch das Herzinfarktrisiko, dem wir in unserem Job ja alle ausgesetzt sind, << fügte Frank lachend hinzu.

      >> Stimmt, << sagte er kurz. >> Wir wissen Gott sei Dank alle nicht, wann und wie, wir gehen müssen und das ist gut so. Wenn wir alle Weisheitslehren des Lebens beachten würden, kämen doch Freude und Genuss reichlich zu kurz. Ich denke, da werden sie mir zustimmen.<<

      >> Da haben sie völlig recht Mr. Wright, << erwiderte Frank, der kein Talent für Smalltalk besaß.

      Nach dem Anfangsgerede kam Wright gleich zu den dienstlichen Einzelheiten. Er redete schnell und völlig emotionslos, als ob er in sich eine Schallplatte abspielte. Sein Blick irrte dabei ziellos im Raum, ähnlich einem Showmaster, dem sein Publikum abhanden gekommen war. Die Contenance blieb davon zwar unberrührt, doch seine Augen verursachten einen leichten Anflug von Antiphatie

      >> Sie haben ja bestimmt erfahren, dass unser Mr. Wolter an Krebs erkrankt ist. Traurig aber nicht zu ändern. <<

      >> Schreckliche Sache, << pflichtete Frank ihm bei.

      >> Ja, das ist es in der Tat. Sie werden ja nun die Stelle vorübergehend besetzen. Ich versteh zwar bis heute nicht, warum da ein Profi aus Deutschland kommen muß, aber der Vorstand in Frankfurt hat sich ganz sicher was dabei gedacht. Ihr Büro steht ihnen ab sofort zur Verfügung, ihr Team umfasst zwanzig Mitarbeiter, denen sie weisungsberechtigt sind. Die Akten liegen geordnet im Büro ihrer Sekretärin. Mr. Wolter war noch so freundlich, die besonders wichtigen Vorgänge für sie zu markieren. <<

      Seine Augen ähnelten denen eines Stockfisches, dachte Frank, irgendetwas in seinem Blick war undurchsichtig. Vielleicht täuschte er sich auch.

      >> Das ist sehr freundlich von ihnen, sicher werde ich anfangs eine Weile brauchen um mich einzuarbeiten. Deutsche Vorgänge sind mir ja vertraut, doch ich muß erst einmal sehen, wie ich mit den hiesigen zurechtkomme. <<

      >> Es ist doch eigentlich überall gleich auf der Welt. Wichtig ist doch nur, dass man die Sprache beherrscht. Alles andere findet sich. << Wright lachte und reichte ihm die Hand.

      >> Mein lieber Mr. Bender, ich wünsche ihnen eine gute Zeit in New York City. Sollten sie Probleme haben, dann steht ihnen meine Tür immer offen. Ach noch was - ihr Dienstwagen steht in der Tiefgarage und ich habe dafür gesorgt, dass sie ein deutsches Fabrikat erhalten. Es wird nachher jemand zu ihnen kommen, um sie zum Fahrzeug zu begleiten. Ich hoffe, sie kommen mit dem Verkehr hier klar, mich kotzt er an. <<

      >> Ein wenig bin ich es gewohnt in Manhattan zu fahren, << sagte Frank, >> denn ich war schon öfter mal privat hier. <<

      >> Na, da werden sie ja nicht allzu viel Probleme haben. Aber die Rushhour können sie nicht besiegen. Ich sag es ihnen. << Wright lachte etwas hämisch und machte eine emphatische Geste. Frank fiel auf, dass seine Finger gelb von Nikotin waren.

      >> Bei der Arbeit die hier auf mich wartet, werde ich sicher nicht um diese Zeit im Auto sitzen, << entgegnete Frank lächelnd und nahm dann einen Schluck Kaffee. Er hatte gar nicht bemerkt, dass er schon den zweiten Bagel angebissen hatte.

      >> Das versteh ich voll und ganz Mr. Bender. Und vergessen sie nie, New York ist die härteste Stadt der Welt, ein Ort, wo man mit schnellen Schritten der Zeit davoneilt. <<

      >> Ich werde es mir merken. <<

      >> So, nun will ich sie nicht länger aufhalten und außerdem habe ich noch eine Menge zu erledigen. << Wright geleitete ihn zur Tür, zwinkerte ihm zu und klopfte auf seine Schulter. Er war ungefähr so groß wie Frank, aber etwas massiger.

      Elena Cortez geleitete ihn weiter zu seinem neuen Büro. Seine neue Sekretärin schien schon auf ihn zu warten und kam ihm auf hohen Pumps überaus freundlich entgegen. Frank riss verblüfft die Augen auf. Alles, was er sah, war eine auffallend attraktive Frau in sehr selbstsicherer Haltung.

      >> Mein Name ist Elizabeth Burke, sie können mich gern auch Liza nennen. Ich stehe ihnen jederzeit zur Verfügung, << sagte sie selbstbewusst lächelnd. Als sie sich vorbeugte, drang der Duft eines schweren Parfüms in seine Nase.

      Frank gab ihr die Hand und stellte sich in aller Höflichkeit vor.

      Sie war etwa Mitte dreißig, hatte lange brünette Haare. Das Gesicht war schmal und dezent geschminkt. Der Busen setzte sich straff und füllig von der schmalen Taille ab. Sie gehörte zu der Sorte Frauen, die man von unten herauf wahrnimmt, lange wohlgeformte Beine, betont schlank in schwarzen Strümpfen und einem halblangen schwarzen Rock, der sich an die Konturen ihrer Schenkel presste. Ihre außergewöhnlich schönen Beine konnte kein Mann übersehen. Man spürte sofort, dass sie das auch wusste.

      Sie lächelte. >> Ich zeige ihnen erst einmal alles und erkläre ihnen, was man wo findet. Einverstanden? << Frank schaute in ihre dunklen Augen. Es waren warme, schöne Augen.

      >> Okay. So machen wir`s. <<

      >> Kommen sie bitte. << Sie ging vor und zeigte ihm sein neues Büro. Es war geräumig, die Technik war hyperfunktional und ultramodern. Die Möbel waren schlicht, hatten etwas Rustikales. Selbst ein Kühlschrank mit Minibar fehlte nicht, randvoll gefüllt mit Whiskey, Brandy und Champagner. Pflanzen fehlten, fiel ihm auf. Doch das würde er bald ändern.

      >> Darf ich ihnen vielleicht einen Kaffee bringen? << Oh. Gott, nicht schon wieder, dachte er. Aber es ist der erste Kaffee von deiner neuen Sekretärin. Augen zu und durch.

      >> Es ist nett von ihnen, dass sie mich das fragen. Da sag ich nicht nein. <<

      >> Ist schon in Arbeit, Mr. Bender, << sagte sie mit einem frechen Zwinkern in den Augen.

      Als sie sich abwandte, schaute er mit einem Seitenblick hinterher. Sie hatte einen bemerkenswerten Gang. Nicht viele Frauen bewegten sich so. Plötzlich drehte sie sich um.

      >> Wenn sie mich brauchen, <<meinte sie, >> müssen sie nur auf die grüne Taste der Sprechanlage drücken. <<

      >> Gut das ich das weiß, >> erwiderte er und sie zwinkerte ihm wieder zu.

      Frank ließ sich in seinen Sessel sinken und schaltete den Rechner an. Liza Burke hatte ihm bereits die fertig gedruckten Visitenkarten auf den Tisch gelegt, die er rasch betrachtete. Dann drückte er die grüne Taste.

      >> Mrs. Burke, ich möchte, dass sie für drei Uhr alle Mitarbeiter meines Teams zum Meeting in den großen Besprechungsraum