Kristian Winter

Die Lohensteinhexe, Teil VII


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      Kristian Winter

      Die Lohensteinhexe, Teil VII

      Das Ende

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Das Gericht

       Die Maske fällt

       Das Bekenntnis

       Die Abrechnung

       Devers Skrupel

       Der Plan einer Hexe

       Impressum neobooks

      Das Gericht

      Niemand hätte sagen können, wie lange sie so nebeneinander saßen, ohne ein Wort zu verlieren. Es herrschte ein bedrückendes Schweigen, das qualvoller war als jeder Vorwurf. Dabei schien es, als kannten sie ihre Gedanken genau. Nur fürchtete jeder, sie als erster auszusprechen.

      Irgendwann erhob sich Jofree, richtete seine Sachen und machte Anstalten zu gehen. Dann aber, als habe er es sich anders überlegt, nahm er ihre Hand und zog sie ebenfalls hoch. So standen sie eine ganze Weile beieinander, ohne auch nur ein Wort zu verlieren. Dabei sah er ihr unverwandt ins Gesicht, wobei sie nicht die geringste Regung zeigte.

      Plötzlich führte er ihre Hand zum Mund und küsste sie. Unfähig, sich dem zu widersetzen, sah sie ihn in angstvoller Erwartung an, wobei ihr die Unsicherheit anzumerken war. Erst nachdem eine erste Träne über ihre Wange rann, nahm er sie in den Arm und drückte sie an sich. Sie ließ es willenlos geschehen.

      Die Situation hätte nicht absurder sein können. Eben noch entschlossen, sie umzubringen, übermannte ihn jetzt das Verlangen nach ihr in einer Intensität, die ihn alle Selbstbeherrschung verlieren ließ und er sie unwillkürlich zu küssen begann, erst Stirn, dann Wangen, dann Mund und Hals.

      Nach anfänglichem Zögern erwiderte sie seine Liebkosungen, anfangs noch zaghaft, dann jedoch forscher und am Ende in einem ungeahnten Überschwang, der beide erneut in die Knie zwang. Flink öffneten ihre Finger, wie von Zauberhand geführt, sein verschnürtes Wams, derweil er ihr das Kleid von den Schultern streifte.

      Kurz darauf waren sie völlig entblößt und begannen, sich auf dem Boden zu wälzen. Jetzt gehörten sie nur noch sich. Im Rausch der Sinne taumelnd, genossen sie ihre Leidenschaft, ohne auch nur eine Sekunde die Frage nach Möglichkeit oder Unmöglichkeit, Recht oder Unrecht, Moral oder Unmoral ihres Tuns zu stellen. Es war einfach ein höherer Zwang, der sie gleichermaßen befiel und dem sie willenlos gehorchten.

      Alles Irdische schien sekundär. Allein dem Rausch der Lust verfallen, ergaben sie sich ganz ihren Gelüsten und beglückten einander mit ihren vor Wonne überschäumenden Herzen.

      Immer wieder presste er sie an sich, indes sie ihn umschlang und in die Schulter biss. Wiederholt stemmte er sich so tief in sie, dass sie vor Wollust schrie und ihm den Rücken zerfurchte. Dann wieder umklammerten ihre Beine seinen Unterleib, als wollte sie sich nie mehr von ihm lösen und er umarmte sie nur noch inniger.

      „Warum bist du zurückgekommen?“, hauchte er, ohne das Liebesspiel zu unterbrechen.

      „Ich konnte nicht anders“, gab sie keuchend zurück, sich seinem Drängen willfährig ergebend.

      „Aber damit hast du dich in Gefahr gebracht.“

      „Ich weiß.“

      „Ich wollte dich töten!“

      „Warum hast du es nicht getan?“

      „Oh, du Schlange, das weißt du ganz genau!“

      Erneut drang er in sie, atmete ihren Duft, ihre Wärme und ihren ganzen weiblichen Zauber, auch wenn er sie irgendwo fürchtete. Aber ihm blieb keine Wahl. Irgendetwas trieb ihn, obwohl er wusste, dass es falsch war. Er spürte seine Schwäche mehr, als er sich bisher eingestand, doch all sein Bemühen einer Abwehr blieb vergeblich.

      Niemals wurde ihm die eigene Ohnmacht schmerzlicher bewusst und mit ihr all seine moralische Verkommenheit als im Moment dieses ungewollten Beischlafs. Schlagartig ließ er von ihr ab wie jemand, der plötzlich zur Besinnung kommt.

      ‚Was tue ich?‘, fragte er sich und sah sie an, als erwarte er von ihr die Antwort. Sie zeigte sich jedoch davon unberührt, hatte den Arm hinter den Nacken gelegt und reagierte mit einem liebeslüsternen Lächeln, das ihr Gesicht nach wie vor verklärte.

      So willfährig und voller Erwartung glich sie der blonden Madonna eines unbekannten Meisters, dessen Bild er vor zwei Jahren einmal im Schloss Camin bewundert hatte und sich fragte, ob ein Mann allein eine solche Göttin glücklich machen könnte. Er beantwortete sich diese Frage damals mit einem entschiedenen Nein.

      Nun aber lag sie neben ihm, diese Göttin, und vertrieb all seine bisherige Abneigung gegenüber allem Weiblichen allein mit einem Lächeln. Wie war das möglich? Sie besaß etwas Animalisches, unglaublich Sinnbetörendes, das seine angeborene Scheu gegenüber Frauen auf wundersame Weise vertrieb. Ihr bloßer Geruch vermochte ihn um den Verstand zu bringen und damit seine ganze bisherige Welt zu zerstören. Dabei hatte er weiß Gott alles versucht, ihr zu widerstehen und versuchte es noch immer.

      So schloss er die Augen, um sie nicht länger zu ertragen, und zwang sich, an etwas anderes zu denken. Doch selbst jetzt verfolgte ihn ihr Bild, auf dem sie sich vor ihm lasterhaft verbog und ihn erneut in Versuchung führte. Da gestand er sich seine Sehnsucht nach ihr ein, die er bisher stets verleugnet hatte. Aber je mehr er dies tat, umso mehr brach sie hervor und forderte mit ihrem Drängen unbarmherzig ihren Tribut.

      Als er erneut zu ihr hinsah, kuschelte sie sich ganz in sich zusammen wie von einem Wonneschauer zärtlicher Verliebtheit durchströmt. Und als wüsste sie um seinen inneren Zwiespalt, glitt ihr Finger über seinen Hals, als läge eine Frage auf ihren Lippen, die sie nicht auszusprechen wagte. Ein seltsames Prickeln durchfuhr ihn daraufhin. Doch er blieb reglos auf dem Rücken liegen und vermied es, sie anzuschauen.

      Sie aber schlang ihre Schenkel über seine Beine und lag nun, den Kopf in die Hand gestützt, neben ihm, ihn wortlos betrachtend und mit dem Finger zärtlich über die nackte Brust streichend.

      „Wir dürfen das nicht mehr tun“, sagte er nach einer Weile, den Blick nach wie vor starr an die Decke gerichtet. „Das bringt Unheil über uns.“

      Anstatt einer Antwort liebkoste sie seine Brust.

      „Warum bist du zurückgekommen?“, wiederholte er seine Frage von vorhin.

      „Du hast schöne blaue Augen.“

      „Ich hab dich etwas gefragt.“

      „Ich liebe dich.“

      „Unsinn!“

      „Warum?“ Ihre Verwunderung war echt.

      „Weil das nicht sein kann! Du kannst mich nicht lieben, nicht nach alledem!“

      „Wenn es aber so ist?“

      „Es kann nicht so sein.“

      „Und doch ist es so! Ich kann nichts dagegen tun! Und du? – Geht es dir nicht ebenso?“

      „Ich weiß es nicht. Ich hätte niemals