Victoria Trenton

Die beste Nutte der Stadt


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keine Stiefmutter beisteuerte, oder wenigstens ein Au-Pair, konnte er sich nicht vernünftig um die Kinder kümmern. Es sei denn er hätte gekündigt und Hausmann gespielt. Aber das war Quatsch.

      Ganz in Gedanken hatte er seine Einkäufe erledigt und war schon fast wieder vor seiner Haustür, als er die junge Frau erneut sah. Diesmal sah er ihr Gesicht im Schein der Laternen, die gerade angesprungen waren. Sie war jung. Schade, dachte er. Es gibt nicht viele Frauen mit großem Busen, aber wenn sie halbwegs in seinem Alter wäre, würde er sie vielleicht ansprechen. So lächelte er nur. Sie lächelte zurück, und rief im nächsten Moment ihren Hund.

      Diese erste Begegnung lag schon eine Weile zurück, als er das gleiche Mädchen ganz zufällig erneut sah. Er stand am Wochenende in der Küche, um sich ein einfaches Mittagessen zu kochen. Sein Küchenfenster war das einzige Fenster, das etwas Ausblick gestattete. Von hier sah man über einen kleinen Anliegerweg und angrenzende Schrebergärten auf eine Wiese, Felder und den angrenzenden Käfertaler Wald. Aus den anderen Fenstern blickte er nur auf eine dichte und hohe Hecke. Das Mädchen lief mit ihrem Hund auf dem Pfad, der durch die Gärten zur Wiese führte, und er hätte sie nicht wahrgenommen, wenn sie sich nicht nach ihrem Hund umgedreht und gerufen hätte. Sie trug eine dieser modischen, eng anliegenden Leggings und eine Jacke.

      Wahrscheinlich machte sie einen Nachmittagsspaziergang, dachte er. Er war spät aufgestanden, hatte spät gefrühstückt und nun war es schon fast Drei Uhr, als er sich etwas in die Pfanne schnitzelte. Ein Spaziergang würde ihm auch gut tun, überlegte er. Er hatte in den letzten Monaten merklich zugenommen. Lag es an den vielen Fertigmahlzeiten, die er nun häufig aus Bequemlichkeit aß? Oder war er einfach weniger aktiv? Vermutlich beides.

      Eine neue Frau zu finden, war wirklich nicht sein wichtigstes Anliegen. In den zwei Jahren seit seiner Scheidung hatte er seine Freizeit vorwiegend damit zugebracht, nicht tiefer in der Depression zu versinken. Aber jetzt, so beschloss er, war es höchste Zeit, etwas Neues zu beginnen. Vielleicht auch eine neue Frau – wer weiß? Bislang hatten sich seine halbherzigen Versuche auf mehrere Dating-Plattformen und Kneipenbesuche beschränkt, aber beides führte nicht einmal zu einer hypothetischen Option. Vielleicht war er nach dem Schock der Scheidung einfach noch nicht innerlich dazu bereit.

      Seine Notlösung bestand im regelmäßigen Pornokonsum und häufigen Wichsen. Sein allabendliches Unterhaltungsprogramm bestand zunehmend nur noch darin, Pornohefte durchzulesen und Porno-DVDs anzuschauen. Pornos die ihn ansprachen – und das war nur eine kleine Zahl aus dem überwältigenden Angebot seines bevorzugten Sex-Shops – schaute er sich auch gerne immer wieder an, miese Pornos entsorgte er umgehend, dennoch war seine Sammlung beträchtlich angewachsen.

      Für gewöhnlich reichten ihm die willige-Hausfrau-trifft-geilen-Handwerker-Geschichten, um darauf abzuwichsen, aber aus Neugierde hatte er sich im Laufe der Zeit auch allerhand schräges Zeug angesehen. In jüngster Zeit gefielen ihm Szenen, wo es eine Frau mit zwei oder sogar mehr Männern treibt. Frauen, die zum Orgasmus kommen, wenn sie zugleich vorn und hinten penetriert werden. Frauen, die Spaß am Sex zeigten und keine Konventionen kannten, so etwas mochte er. Oder besser gesagt, Pornos, in denen Frauen dargestellt wurden, die Spaß am Sex haben. Dass Porno-Darstellerinnen die üblichen Konventionen sprengten, davon konnte man getrost ausgehen, denn die bloße Tatsache, dass sie in einem Porno mitspielten, konnte ja nicht fingiert sein.

      Dieser Pornokonsum war nur billiger Ersatz für eine richtige Beziehung, soviel war ihm klar. Seine Ansprüche an eine neue Beziehung waren hoch. Aber, um Erfolg zu haben, musste er auch körperlich aktiver und damit attraktiver wirken. Daher war der naheliegende erste Schritt mit dem Sport wieder anzufangen.

      Bernd war immer schon ein Mann der Tat. Wenn er sich zu etwas entschlossen hatte, dann zog er das auch durch. Bereits in der folgenden Woche hatte er seinen an diesem oben erwähnten Nachmittag gefassten Beschluss umgesetzt und sich bei dem nächstgelegenen Fitnessstudio angemeldet. Auch ein neues Fahrrad hatte er sich gekauft. Ins Studio würde er mindestens zweimal die Woche gehen. Mit dem Fahrrad würde er zur Arbeit fahren, sobald das Wetter es zulässt. Statt bescheuerte Fernsehsendungen zu verfolgen, wie diese erbärmlichen Talkshows, über die er sich immer wieder ärgerte, weil die Moderatoren grundsätzlich die interessanten Fragen umschifften, und außerdem immer einer der Gäste unsäglich vorgeführt wurde, und nebenbei einen Kasten Bier pro Woche zu leeren, würde er von nun an seinen Körper wieder fit trimmen und dem körperlichen Verfall entgegentreten.

      Im Fitnessstudio lernte er auch gleich einen netten Kerl und eine noch nettere Frau kennen, die obendrein noch recht attraktiv aussah. Allerdings, das stellte er schnell fest, war sie vergeben, und Bernd war noch nie der Typ gewesen, der anderen die Frau ausspannte. So blieb es bei einer netten Bekanntschaft. Aber die beiden, die ebenfalls lose miteinander bekannt waren, gaben ihm Tipps für das Training an den Geräten (die sie Maschinen nannten). Obendrein gaben sie ihm Ratschläge hinsichtlich der Ernährung. Bernd setzte das auch gleich um. Wenn er sich jemals wieder neu verlieben sollte, dann nur in eine Frau die attraktiver sein sollte, als seine Ex. Aber dazu musste er selbst wenigstens halbwegs sportlich sein und mindestens fünf Kilo abnehmen.

      Mit dem gleichen Ehrgeiz, mit dem er Viren von den Firmenrechnern fern hielt und alle Störungen in der Firmen-EDV innerhalb eines Tages beseitigte, setzte er nun sein Fitness- und Diätprogramm um. Dienstags und Donnerstags ging er ins Studio. Ab Mitte März fuhr er mit dem Fahrrad zu Arbeit. Und nach sechs Wochen waren bereits die ersten zwei Kilos runter. Vor allem aber fühlte er sich wieder deutlich vitaler. Es galt nun, nicht wieder in den alten Trott zu verfallen.

      Die freien Wochenenden, also die ohne die Kinder, nutzte er für Ausflüge, bei denen er auch viel zu Fuß unterwegs war. Wann immer möglich, machte er nun ausgiebige Spaziergänge in der Umgebung seines Wohnortes.

      Es war mittlerweile April, es war warm und er war auf einem seiner Sonntagsspaziergänge, wo er gewöhnlich mit schnellen Schritten durch Wald und Flur eilte, als ihm auf dem Weg in den Wald plötzlich ein Golden Retriever vor die Füße sprang und ankläffte. Der Hund war aus dem Gebüsch am Wegesrand gesprungen. Bernd hatte den Hund zuvor nicht wahrgenommen. Der Hund versperrte den Weg, so dass Bernd anhalten musste. Er streckte seine Hand nach ihm aus und redete sanft auf ihn ein: „Na, Du willst wohl etwas jagen? Aber ich bin keine gute Beute, ich will nur spazieren gehen.“ Dann ging er unerschrocken an dem Hund vorbei. Der guckte ihm nach, dann lief er hinterher und stellte sich wieder vor ihm auf den Weg und wieder bellte er kurz. Wieder hielt Bernd seine Hand zum Schnuppern hin. Trotz des Gekläffes machte der Hund auf ihn einen freundlichen Eindruck, daher näherte er sich ihm langsam und begann ihn zu tätscheln und redete auf ihn ein: „Ja, Du bist ein braver Hund. Aber ich möchte jetzt nicht spielen.“

      Da rief von hinten ein Mädchen: „Sie brauchen keine Angst haben, der tut nichts, solange man ihn nicht anfasst. Ich bin gleich bei Ihnen.“ Als das Mädchen die beiden eingeholt hatte, staunte sie, als sie sah, dass Bernd den Hund streichelte: „Er lässt sich normalerweise nie von Fremden berühren.“ Bernd, der nun das Mädchen erkannte, das er vor vielen Wochen zum ersten Mal gesehen hatte, entgegnete: „Als Junge hatte ich auch einen Hund. Ich kann gut mit Tieren umgehen und habe keine Angst vor Hunden. Nur verstehe ich nicht, warum er sich mir in den Weg stellt.“

      „Das versteh ich auch nicht,“ meinte das Mädchen.

      „Es ist, als ob er mich daran hindern will, in den Wald zu gehen.“

      „Ich bin öfter mit ihm hier draußen, er hat sich noch nie so benommen.“

      Der Mann und das Mädchen gingen daraufhin gemeinsam weiter auf dem Weg in den Wald. Der Hund rannte vor und zurück, schnupperte hier und dort und kam ab und an zu Bernd, um ihn sanft anzustupsen, um wieder getätschelt zu werden. „Er mag sie,“ stellte das Mädchen fest. Die beiden redeten über Hunde. Bernd erzählte von seinem Mischling, den er vor ewig langer Zeit mit seinen Eltern aus einem Tierheim geholt hatte. Das Mädchen erzählte, sie habe ihren Hund auch aus dem Tierheim. „Der war noch klein aber muss schrecklich misshandelt worden sein, weil er sich anfangs sehr komisch benommen hat. Dauerte etwas, bis er Vertrauen in unsere Familie hatte. Daher ist er auch gegenüber Fremden oft sehr aggressiv, was eigentlich untypisch für diese Hunderasse ist.“

      Immer