Hans Müller-Jüngst

Das Alter Ego der Protagonisten


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von der Normalität ab, was sich vor allem in seinem Äußeren abbildet, und seine Eltern lassen ihn gewähren. Er durchlebt als Jugendlicher eine ganz gewöhnliche Zeit mit Jungen- und später auch mit Mädchenfreundschaften. Er baut sich mit seinem mittleren Bruder im Garten eine Bude und eine Karre, mit der sie durch die Gegend fahren. Mit seinen Freunden stromert er durch die Nachbarschaft, angelt in Bombentrichtern, die es noch lange Zeit gibt, oder er schwimmt im Kanal. Und bei aller Bescheidenheit, in der er zu Hause aufwächst, schafft es die Mutter immer wieder, ihm ein Gefühl er Geborgenheit zu vermitteln, er fühlt sich zu Haue sehr wohl.

      „Das Verhältnis zu Deinem Vater zu beschreiben fällt Dir sicher nicht leicht.“

      „Ich habe ja schon gesagt, dass die Fäden bei uns von der Mutter gezogen worden sind, Vater hat sich da kaum mal eingemischt, er hat nie vom Krieg geredet, aber es ist klar gewesen, dass er Schlimmes im Krieg erlebt hat.“ Nach und nach wächst Paulo heran und bekommt mit, wie sein Elternhaus plötzlich zum Zentrum des politischen Geschehens in der evangelischen Kirchengemeinde wird, nachdem sein Vater zum Kirchmeister gewählt worden ist. Ohne sein Plazet und das Plazet des Presbyteriums, dessen Vorsitzender er ist, läuft in der Gemeinde nichts, und so gehen die Pastoren zu Hause ein und aus. Natürlich sind sein Bruder und er stramme Kirchgänger gewesen, und das wird jetzt auch besonders erwartet. Aber spätestens nach der Konfirmation lässt das nach, bis der Kirchgang ganz aufhört. Im fortgeschrittenen Jugendalter zeigen Paulo und seine Mitschüler geradezu exaltierte Verhaltensweisen und kleiden sich in einer Weise, dass die Erwachsenen nur ihre Köpfe schütteln. Auch trägt Paulo dann sein Haar sehr lang, und weil es nicht glatt anliegt, steht es ab und bildet einen mächtigen Wuschelkopf.

      „Die Leute müssen ja ihre Hände über den Köpfen zusammengeschlagen haben!“

      „Wir haben auf unsere Mitmenschen gar nicht geachtet, sie und ihre Meinung sind uns einfach egal gewesen!“ Zu seinem älteren Bruder hat Paulo wegen des Altersunterschiedes kaum Kontakt, im Gegensatz zu seinem mittleren Bruder, zu dem er den Kontakt aufrechterhält. Er hat mittlerweile in Holland seine zukünftige Frau kennengelernt und wird bald mit ihr zusammen in Vlissingen leben. Paulo macht mit Ach und Krach sein Abitur, aber das ist ihm egal, er hat die allgemeine Hochschulreife und empfindet auch so etwas wie Stolz.

      „Hast Du konkrete Pläne gehabt, was Deine Zukunft anbelangt hat?“

      „Es ist klar gewesen, dass ich zum Bund muss und danach studieren gewollt habe, aber zuerst haben meine Freundin und ich reisen wollen, wir haben nach Mexiko gewollt!“ Tina ist der Name von Paulos Freundin und späterer Frau, Jutta und Jupp sind ein befreundetes Pärchen, und Paulo und sie machen sich zuerst auf nach Brüssel, von wo aus eine Aeroflot-Maschine zunächst nach Moskau startet. Sie steigen in Brüssel in die Zubringermaschine zu der IL 62, die den Fernflug nach Mexico-City absolviert. Sie haben in Moskau einen langen Aufenthalt und vertreiben sich die Zeit mit Kartenspielen. Von Moskau aus geht die Reise nach Lissabon, Kuba und danach nach Mexiko.

      „Habt Ihr für Euren Mexikourlaub eine feste Reiseroute vorher geplant?“

      „In groben Zügen ja, wir haben uns auf den Süden des Landes festgelegt, weil das Land sehr groß ist, und wir gar nicht alles haben sehen können.“

      Sie fahren von Mexico-City aus nach Acapulco und Puerto Escondido, um einmal so richtig den Pazifik zu genießen. Acapulco enttäuscht alle vier, die Bucht, an der Acapulco liegt, ist nicht so sauber, wie gedacht. Dafür bietet aber Puerto Escondido alles, was das Herz begehrt. Anschließend fahren sie nach Oaxaca und über Tuxtla Gutierrez nach Palenque.

      „Seid Ihr nicht ziemlich durch das Land gehetzt?“

      „Nein, wir haben uns schon Zeit für die Orte gelassen, in denen wir gewesen sind, es ist manchmal etwas mühsam gewesen, sich vorwärts zu bewegen, wir haben aber immer alle Städte erreicht, die wir aufsuchen gewollt haben.“

      Nachdem der Palenque-Aufenthalt vorüber ist, trennt sich die Gruppe, Paulo und Tina haben eine Woche mehr Zeit als Jutta und Jupp, und sie gahren auf die Halbinsel Yukatan. Der Zusammenhalt unter den vieren hat während des Urlaubs prima geklappt, dazu sind solche Urlaube ja immer die geeigneten Gelegenheiten, es hat keinen Streit gegeben, weder über die Reiseroute noch über sonst irgendwas. Paulo und Tina geht auf Yukatan das Geld aus, und sie lassen sich von Deutschland Nachschub nach Veracruz schicken. Als sie dort nach langer Busfahrt ankommen, nehmen sie 400 US $ in mexikanischen Pesos in Empfang, eine Riesensumme. Sie leben in den letten Tagen ihres Urlaubs in Saus und Braus und fliegen von Veracruz nach Mexico City. Von dort geht es nach Moskau zurück und sie haben Gelegenheit, sich die Hauptstadt der ehemaligen UdSSR anzusehen, weil sie sich in Mexiko mit Visa versorgt haben. Danach fliegen sie wieder nach Brüssel, wo sie von Jutta und Jupp abgeholt werden.

      „Das war Deine erste Fernreise, hast Du sie als sehr anstrengend empfunden?“

      „Wir sind ja mit allem ausgestattet gewesen, was einem so eine Reise erleichtert, wir sind auch in Mexiko geflogen, haben gute Hotels gehabt und gut gegessen. Ohne unseren finanziellen Mittel hat der Urlaub wohl nicht so gut klappen können!“

      Weil der Urlaub so gut über die Bühne gegangen ist, beschließen die vier anlässlich eines Dia-Abends mit Essen,einen weiteren Urlaub folgen zu lassen. Es soll aber nicht so ganz weit weg gehen, und sie überlegen, in eine Hauptstadt zu fliegen, die 3-4 Stunden Flug entfernt liegt. Nach einigem Hin- und Herüberlegen entscheiden sie sich für Istanbul, das ist zwar nicht die Hauptstadt der Türkei, aber auch eine Metropole mit internationalem Flair. In der Türkei ist noch niemand von den Vieren gewesen, und so ist jeder von ihnen gespannt darauf, was ihn in Istanbul erwartet. Der Flug geht dieses Mal von Düsseldorf aus und sie brauchen 3.5 Stunden, bis sie auf dem Atatürk-Flughafen landen.

      „Ihr hättet doch auch nach Athen oder Barcelona fliegen können, warum ausgerechnet Istanbul?“

      „Wir haben beratschlagt und auch diese Städte in Erwägung gezogen, aber uns alle hat gereizt, an die Grenze zu Asien zu fliegen!“ Die vier haben von zu Hause aus ein 4-Sterne-Hotel gebucht und sind dort eingezogen, nachdem sie sich durchgefragt haben. Sie haben sich auf lange und ausgiebige Wanderungen durch die Stadt gefasst gemacht. Nachdem sie sich frisch gemacht heben, laufen sie gleich los und gehen zum Pudding-Shop, das ist heute ein edles Restaurant und früher ein Hippie-Treffpunkt gewesen. Sie gehen zur Sultan-Ahmed-Moschee, zur Hagia Sophia und zur Suleymanyie-Moschee, und sie schauen sich den Großen Basar ausgiebig an. Abends merken sie immer, was sie am Tage getan haben und strecken alle Viere von sich. Sie fahren nach Eyüp und sehen sich dort die Moschee des Fahnenträgers Mohammeds an. An einem Tag fällt Paulo in einer Besichtigungspause in einen tiefen Schlaf und in einen Traum. Er träumt von einer Familie, in der er als Jugendlicher lebt, sie wohnen auf der andere Seite des Halic. Er lebt dort mit Vater, Mutter und zwei Schwestern.

      „Wie kommst Du auf so einen Traum?“

      „Ich weiß es auch nicht, Träume stellen sich ja ein, ohne dass man auf deren Zustandekommen einen Einfluss hätte.“

      „Interessanterweise hast Du in Deinem Traum zwei Schwestern anstatt zweier Brüder.“

      Ja, aber beide Schwestern sind älter als ich und da gibt es Parallelen.“

      „Und Du hast eine Katze, die Du Filippo nennst.“„

      Ja, auch eine Parallele zu meinem wirklichen Zuhause, ich bin schließlich mit Katzen groß geworden.“ Paulo fährt mit seine Geschwistern und seinen Eltern zu seinem Onkel Aydin und der schenkt ihm eine kleine Katze. Paulo ist außer sich vor Freude und sehr um seine Katze besorgt. Sein Hautaugenmerk richtet er darauf, sie in die Gemeinschaft der übrigen Katzen einzuführen, was ihm nach anfänglichen Schwierigkeiten auch gelingt. Er gibt seiner Mutter Fütterungsaufträge für die Zeit, in der er in der Schule ist, und er gewöhnt seine Katze Filippo ganz allmählich an das Leben draußen, wo auf Filippo viele Gefahren lauern. Nach und nach entwickelt sich eine gutes Verhältnis zwischen den beiden. Filippo begleitet Paulo, oder Orhan, wie er in der Geschichte heißt, morgens immer bis zum Tunel, der eine Art Schrägseilbahn in die Oberstadt ist und läuft im Anschluss wieder nach Hause.„Wie eng ist denn Deine Beziehung zu der Katze gewesen, haben Deine Schwestern auch einmal mit ihr spielen gedurft?“„Nur, wenn ich