Roland Menzel

PAULZEIT


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komisch.

      Diese Nacht ist ohne Discoblick, aber mein Magen scheint das nicht zu bemerken und bleibt mit mir in einem Dauergespräch.

      9:15 Uhr ins Amt, da war 3:15 Uhr keine gute Zeit, um im Bad abzuhängen.

      3. Stock, Zimmer 309, Herr Weber.

      Es blieb bei einer Belehrung und einer geringfügigen Kürzung meines Arbeitslosengeldes.

      Tja, dicke Daggi, Herr Weber aus dem 3.Stock war wohl kein Freund von Denunziantinnen.

      Also, einkaufen und die Gefriertruhe neu einrichten.

      Tolle Wurstfrau erwischt und 'ne witzige Bäckerin.

      Aber in den Tüten waren wieder nur Wurst und Brot.

      Habe meine Handy-Nummer auf den 5-Euro-Schein geschrieben, den ich der Bäckerin gab.

      Mal sehen, ob sie sich traut, ihren Neigungen zu folgen und mich anzusimsen oder so.

      Sie, Fr. Simone, hatte es gesehen.

      Wieder zuhause angelangt machte ich mich erstmal über meine Annoncenfräuleins her.

      Da hatte ich irgendwie den Lauf der Dinge verloren.

      Also, ordnen, ordnen.

      Hatte noch Einiges an Briefchen vor meinem so tollen Malle Urlaub bekommen und werde Diese erstmal lesen.

      Meine Lebensumstände und ich halten mich eigentlich gut in Trab, doch ich denke oft an Susu.

      14 Monate und 6 Tage sind keine Ewigkeit, für eine Beziehung, aber ich war eben ein Fan von Susu.

      Was hatte ich nicht alles versucht und verändert.

      Irgendwie hatte ich so einige Selbstzweifel in dieser Zeit, aber Susu war auch wirklich nicht einfach.

      Ich wurde zärtlicher und liebevoller, hatte Verständnis für dies und das. Gespräche und Gespräche, hatte aber immer das Gefühl, dass uns nichts trennen könnte. Doch dann kam der Moment in all seiner Deutlichkeit. „Irgendwie fehlt mir was.“ sagte Sie, stand auf und ging.

      Das war keines der gehabten Gespräche, es war unser Ende.

      Einsamkeit und Verlust fanden in mir eine extreme Verbindung. Hunger, Durst und der innere Antrieb waren wie betäubt. Nach und nach lösten sich Einsamkeit und Verlust voneinander, aber nicht von mir.

      Einzeln begleiten sie mich dann und wann noch heute.

      Ein halbes Jahr Trennung ist eben keine Ewigkeit.

      Bei mir läuft zwar im Moment einiges recht sonderbar, aber ich habe Hunger und Durst und bemühe mich diesen zu befriedigen.

      Sex wird auch wieder zu einem Thema. Also, fein machen, raus gehen und Briefchen schreiben.

      Werde auch das Internet mal mehr für meine Zwecke nutzen.

      Erstmal wieder bei Facebook rein und alten Liebschaften ein Hallo und so senden.

      Ab ins Netz und Menschen ernten.

      So, – drin – brauche jetzt wohl mal mehr als 7 Freunde.

      Hätte da so einige Ideen, aber die erscheinen mir einseitig.

      Beschäftige mich erstmal mit Lieblingsbüchern, Filmen, TV und so.

      Muss mich um meine Wandererbriefchen kümmern, doch der Tag ist irgendwie schon lange wieder um.

      Bin Single und arbeitslos, also betrachte ich meinen Wecker erstmal nur als Uhr und schlafe morgen in den Tag.

      Gedanken über Susu begleiten mich in den Schlaf.

      Meine Bäckerin Fräulein Simone und Lydia vom Amt kamen dann später noch in meine Traumwelt.

      Werde meine Träume mal aufschreiben – natürlich nicht solche.

      Mein Morgen begann zur Mittagszeit und der Tag schien irgendwie mein Freund zu werden.

      War einiges zu tun.

      Was war denn draußen im Garten los?

      Cynthia

      Schau an, ein Gärtner krabbelt in den Büschen rum und sammelt unter anderem meine Grillreste des Sommers ein.

      Dachte bei meiner Entsorgung zwar mehr an natürliche Verwesung, doch weg ist weg.

      Gefällt mir, dass vor Winterbeginn noch mal alles durchgeforstet wird.

      Wie der sich durch die Büsche schlängelt ist schon fast elegant für einen Kerl.

      Ob ich mal Hallo sage!?

      „Lust auf ein Bierchen?“

      „Immer“ sagte er.

      Er schnibbelte noch da und dort und begab sich dann zu mir auf die Terrasse.

      'Ne Gärtnerin, schau an.

      Sie wirkte irgendwie knubbelig in ihrem Dress, doch wenn schon jemand auf meiner Terrasse war, konnte man auch was quatschen.

      Sie erklärte mir direkt, dass sie nur ein wenig Deutsch sprach und aus Australien käme, so ein Studi –Austauschding.

      Obwohl ich im Englisch nicht so trainiert war, quatschten wir munter drauf los. Sie war 27 und kam aus Sydney. Und sie krabbele in unserem Gemeinschaftsgarten, weil sie über das Internet einen Ferienjob bei der zuständigen Gärtnerei Grömer angenommen hatte.

      Der Tag wechselte fast unbemerkt in den Abend. Unser Bier wurde zu Wein und um uns herum sammelten sich, wie von selbst, Kerzen an. Ich erzählte ihr von meinem katastrophalem Urlaub auf Malle, meinem tollen Geburtstag und von Susu. Zum ersten Mal bemerkte ich, dass mein Urlaub im nach hinein eher komisch und amüsant war. Wir lachten und scherzten über Dinge, die ich bis jetzt nicht lustig fand. Sie erklärte mir, dass sie morgen gegen 18 Uhr wieder nach Sydney flöge und sie eigentlich schon längst in ihrer Unterkunft seien wollte. Zwei Monate war sie in Europa unterwegs und nun seit drei Wochen hätte sie ein Zimmer bei ihrem Onkel. Sie wolle aber noch was bleiben und fragte mich, ob es mir was ausmachen würde, wenn sie bei mir mal eben duschen würde. Das waren Probleme, die ich nicht

      kannte!

      Als sie ihren Arbeitsanzug auszog, war schnell klar, dass nicht sie knubbelig war, sondern der Anzug.

      Ich verstummte, obwohl ich nichts sagte, denn was da aus diesem Anzug krabbelte, war etwas, was den Körperwelten-Strand in Malle hätte erblinden lassen.

      Sie trug ein verknittertes schwarzes Kleidchen unter ihrem Knubbelanzug, doch trotz allem saß es an ihr wie eine zweite Haut.

      Obwohl ich sie ansah, bemerkte ich nur visuell dass sie mit mir sprach. Ich kam zurück in die Welt der Hörenden und verstand Handtuch. Ja, ein Handtuch und nicht gucken - klar.

      Es wäre auf der Terrasse etwas kühl geworden und ich solle den Wein und unsere Gläser und so reinbringen und Musik wäre nicht schlecht.

      „Ja, klar, mache ich, und wie ist es mit Hunger, hast du Hunger?“ fragte ich sie. Sie lachte und wies auf ihre Ohren. Etwas verunsichert, aber doch deutlich, wiederholte ich das auf Englisch.

      Sie drehte keck auf der Stelle und verschwand mit dem Handtuch und ihrer Sporttasche im Bad.

      Ich machte mich an meine Aufgaben und brachte unsere Gläser, die Kerzen und die Weinflasche in die Wohnung.

      Leonard Cohen landete im CD Player und zwei Pizzen im Ofen. Obst wurde zu einem Salat und ich öffnete eine weitere Flasche Roten. Ich war nervös, aber irgendwie aufgeregt oder so.

      Kurz dachte ich an die Blumenfräuleins in Malle, die sich meinen 10€-Schein geangelt hatten, doch den Gedanken verwarf ich so schnell wie er gekommen war.

      Das Bad öffnete sich und meine Gärtnerin trat zurück in den Raum. Ihr schwarzes Kleidchen saß geschmeidig an ihr wie eine zweite Haut. Wir setzten uns an meinen mit Kerzen und Tellern angerichteten