Eike Ruckenbrod

Franzi und die Ponys - Band IV


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gerade so schlechte Erfahrungen gemacht hat. Wir müssen uns eine andere Lösung überlegen. Wie weit ist es noch zum Hof? Wie lange ist es noch hell?“

      Mojo ahnte, worauf sie hinaus wollte und meinte: „Mit dem Auto noch eine halbe Stunde, aber ich weiß nicht, ob ein Weg freigeräumt ist, den du reiten kannst. Wenn wir Glück haben, ist es noch eine gute Stunde hell.“

      Franzi nickte schweigend. „Aber du kennst dich doch gar nicht aus, wie willst du denn den Weg finden?“, fragte Mojo sorgenvoll und fügte leise hinzu: „Mutti bringt mich um.“

      „Olli muss uns helfen.“ Franzi zog ihr Handy aus der Tasche und rief ihn an. Sie ließ es lange klingeln. „Mist, er geht nicht ran. Hast du eine Landkarte dabei?“ Mojo nickte gerade, als sich ein Mann mit einem weißen, großen Hund an sie wandte:

      „Kann ich euch helfen?“, fragte er freundlich. Die Vierbeiner berochen sich neugierig. Die Hündin duckte sich spielerisch und bellte. Svartur schüttelte seinen Kopf so wild, dass die Mähne hochflog. Franzi lächelte. „Kennen Sie zufällig den Ponyhof Triptrab?“ Der Spaziergänger runzelte die Stirn. „Weißt du, wie die Besitzer heißen?“, fragte er.

      „Margarete Knoll.“

      „Knoll, Knoll ... ja, natürlich, die ist die Tochter von Oberst Adelbert Knoll. Das ist der alte Pferdehof.

      Mit dem Auto circa eine halbe Stunde von hier. Wir hatten früher auch Pferde ...“

      „Ja, genau, der ist es“, fiel ihm Franzi ins Wort und strahlte. „Gibt es einen Weg dorthin, den ich reiten kann? Einer, der geräumt ist?“

      Der Mann ließ einen nachdenklichen Blick auf seinem bildschönen Schäferhund ruhen, bevor er antwortete. „Der Weg, der am Wald entlang führt, ist geräumt. Fünfzig Meter, dann kommt eine Gabelung, an der musst du auf der Loipe weiter reiten, die durch den Wald führt. Der Hof müsste auch irgendwann ausgeschildert sein.“

      Franzi bedankte sich erleichtert, drückte ihrem Bruder den Strick in die Hand und eilte zum Hänger, um Sattel und Zaumzeug zu holen. Fix sattelte und trenste sie das Pony auf.

      „Nimm eine Taschenlampe mit!“, forderte Mojo sie auf.

      „Die ist im Koffer.“

      „Hol sie! Falls es doch aus irgendwelchen Gründen später wird.“

      Franzi nickte und schlüpfte in den Wagen. Sie steckte die Taschenlampe und eine Packung Kekse in die Jackentasche, zog sich frische Socken und Thermoreitstiefel an und schnappte ihren Helm.

      „Du kannst vorfahren, mein Zeug ausladen, Frau Knoll und Olli Bescheid sagen und dann Auto und Hänger zurückbringen. Du brauchst nicht auf mich zu warten.“

      „Okay, aber ruf‘ gleich an, wenn du beim Hof bist!“ Mojo hielt ihr die Zügel entgegen.

      „Danke für alles, Bruderherz. Und erzähl‘ Mutti bitte nichts.“ Franzi warf ihrem Bruder flehende Blicke zu, setzte den Helm auf und schwang sich auf Svarturs Rücken.

      „Wie willst du hier wieder rauskommen?“ Sorgenvoll schaute sie die schmale Straße entlang.

      „Kümmer dich nicht um mich! Ich schaff‘ das schon. Und wenn ich den Anhänger abkopple, ihn drehe und rausziehe. Beeil dich lieber!“

      „Ich bin ja auch noch da“, meinte der freundliche Spaziergänger und lächelte. Franzi nickte erleichtert, winkte den Männern zu und ritt los.

      Bald war sie auf dem beschriebenen Weg und galoppierte bis zur Weggabelung.

       Das muss die Kreuzung sein, die der Mann gemeint hat. Hier beginnt die Loipe. Ich werde zwischen den Spuren bleiben, dass Svartur nicht alles zertrampelt.

      Sie schob ihr Becken vor, legte die Beine kurz ans Pony und Svartur töltete los.

      Je länger sie ritten, desto mehr entspannte sie sich und fing an, den Ritt durch die verschneite Landschaft zu genießen.

      Eine dicke Schneeschicht drückte die Zweige der Tannen hinunter. Überall entdeckte sie Wildspuren, die quer durch den Wald führten. Kleine weiße Wolken bildeten sich bei jedem Atemzug vor Svarturs Nüstern.

      So kommt man unverhofft zu einem superschönen Ausritt, dachte Franzi gerade, als von hinten ein Langläufer angesaust kam. Geräuschlos zischte er auf sie zu. Als der Wallach ihn wahrnahm, sprang er erschrocken zur Seite. Franzi zog blitzschnell an einem Zügel ihrer „Notbremse“ und ließ ihn kurz darauf am langen Zügel stehen.

      „Na, so was hast du noch nicht gesehen, oder?“, fragte sie ihr Pony und grüßte den sportlichen Mann. Der nickte ihr mit bösem Blick zu, schimpfte aber nicht darüber, dass sie in der Loipe ritt, sondern lief kraftvoll weiter. Svartur blickte mit hoch erhobenem Haupt dem Wintersportler hinterher. Geräuschvoll sog er Luft ein.

      „Komm weiter!“ Der Wallach warf seinen Kopf hin und her und lief dem Mann zügig hinterher.

      Jetzt ist er wach, stellte Franzi fest und versuchte, ihn mit der Stimme zu beruhigen.

      Die Loipe führte quer durch den Wald und so langsam brach die Dämmerung über sie herein. Franzi schaute auf ihre Uhr.

       Mist, der Weg nimmt gar kein Ende. Jetzt sind wir schon so lang unterwegs. Bald ist es dunkel.

      Voll Unbehagen spähte sie in den weiß gepuderten Wald, der bald tiefschwarz sein würde. Plötzlich blieb Svartur stehen. Irgendwas hatte seine Aufmerksamkeit in Beschlag genommen. Franzi parierte ihn zum Halt durch und blickte angestrengt geradeaus. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihrer Magengegend aus. Der Weg hatte ein leichtes Gefälle. Jetzt sah sie eine Person auf sie zukommen. Franzi ritt an den Rand, da sie einen weiteren Langläufer vermutete. Abwartend starrten sie den dämmrigen Weg hinunter. Bald erkannte sie, dass es ein Reiter war.

      „Sieh an, da gibt‘s noch mehr so Verrückte wie wir“, sprach Franzi leise zu Svartur.

      Der riss den Kopf hoch und wieherte. Das andere Pony antwortete und Franzi erkannte zu ihrer Freude den Schecken Pokki. Eilig ritt sie hin und erkannte nun auch Olli unter seiner Wollmütze. Schwungvoll sprang sie von Svartur und stürmte zu dem Jungen. Olli stieg lächelnd ab und nahm Franzi herzlich in die Arme.

      „Na, ist das nicht eine schöne Überraschung?“

      „Eine superschöne. Bald ist es dunkel und ich hatte jetzt schon Schiss.“

      Während sich die Jugendlichen in den Armen hielten, beknabberten sich die Wallache ausgiebig.

      „Schau! Ich hab‘ dir was mitgebracht.“ Olli kramte in seinen Packtaschen und zog zwei Leuchtwesten und Lampen heraus. Danach schnallte er sich eine weiße Lampe um den Kopf und eine rote um den linken Stiefel.

      „Perfekt“, lobte Franzi ihn und stieg auf. Zügig ritten sie zum Hof.

      Sallys Wunschtraum

      Frau Kircher stürzte, nachdem sie ein lautes Poltern gehört hatte, erschrocken in Sallys Zimmer.

      „Oh Gott“, entfuhr es ihr, als sie ihre Tochter am Boden liegend erblickte. Besorgt kniete sie sich neben die Besinnungslose und entdeckte eine Platzwunde an ihrer Stirn. Hastig lief sie zum Telefon und wählte die Nummer des Notdienstes. Danach holte sie Eiswürfel, füllte sie in einen Waschhandschuh und legte diesen auf Sallys Stirn. Sie getraute sich nicht, das Kind aufs Bett zu legen, da sie Angst hatte, etwas falsch zu machen. Bei ihrer Tochter war sie übervorsichtig.

      Die Kühle drang in Sallys Bewusstsein. Sie schlug die Augen auf und blickte in das erleichterte Gesicht ihrer Mutter. Zärtlich streichelte diese über ihr dunkelbraunes Haar.

      „Mama, ich hab‘ solchen Hunger“, krächzte Sally. Ihrer Mutter wurde es warm ums Herz. Das war das erste Mal seit Sallys Unfall, dass sie um Essen bat. „Ich mache dir sofort was Leckeres. Bleib‘ ruhig liegen, bis der Arzt dich untersucht hat. Und dann erzählst du mir, was passiert ist.“

      „Mami,