Sebastian Görlitzer

Sammelband


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kommt ihr mit der Geschichte soweit klar?“, fragte Frau Hubert die Klasse.

      „Ja, nun darf sich Daniel hinlegen“, sagte Lisa und Daniel legte sich zugleich hin.

      Die Lehrerin las weiter. Alle hörten gespannt zu und bereiteten sich auf die nächste Szene vor.

      Irgendwann überkam Leon dann doch die Müdigkeit und er ließ die Rollläden im Arbeitszimmer herunter. Da ihm das Schlafzimmer gleichzeitig als solches und als Raum zum Arbeiten diente, standen in diesem Raum neben dem Schreibtisch ebenso sein Bett und vier volle Bücherregale. Die Mittagssonne strahlte heute besonders stark durch ´s Fenster. Nicht sehr vorteilhaft wenn man Schlaf nachzuholen hatte. Da ihm allerdings noch nicht nach schlafen war, griff er zu einem Buch und las. Seine Tasse mit dem warmen Kaffee

      stellte er links neben sich auf den Nachttisch. Danach warf er die Bettdecke

      zur Seite und legte sich hin. Den Rest des Kaffees, der sich noch in der Kanne

      befand und den die Maschine noch eine Weile warm halten sollte, schüttete er in eine Thermoskanne. Den würde er später trinken. So schnell wie er es sich gedacht hatte, würde er jedoch nicht zum lesen kommen. Denn im nächsten Augenblick klingelte auch schon das Telefon. Mit unverständlichen Worten fluchend, trottete er in den Flur. Der war wie die anderen Zimmer mit rustikalen Möbeln versehen. Genauso wie es Leon gefiel, ländlich und doch einfach eingerichtet. Wobei sich der Schreibtisch, im klassischen Kolonialstil, von den anderen Möbelstücken hervorhob. Denn der war ein Erbstück seines verstorbenen Vaters. Überhaupt, war das Arbeitszimmer Leons heiligstes Reich der ganzen Wohnung.

      Das Zimmer diente ihm dazu, sich vom Alltag zurückziehen zu können.

      Er war nicht in vielen Dingen eitel. Bezüglich seiner Privatsphäre war er es allerdings

      sehr. So gestaltete er sich sein Leben und sein Zuhause nach seinen eigenen Vorstellungen. Und da er von Technik und neumodischem Schnickschnack nichts hielt, war das Telefon gleich neben dem Computer, das einzige Moderne in der Wohnung. Ein Handy hatte er schon gar nicht. Er nahm das Telefon aus der Ladestation und meldete sich mit seinem Namen und wartete geduldig bis sich jemand auf der anderen Seite bemerkbar machte. Die Redaktionschefin einer städtischen Zeitung meldete sich dann auch schon:

      „Guten Tag, ich bin von der Tageszeitung ‚Nachrichten am

      Tag’ und melde mich heute bei Ihnen, weil ich eines ihrer Kurzgeschichten, die sie kürzlich eingereicht hatten, gern in unserer Zeitung veröffentlichen möchte. Wäre das in ihrem Interesse?“ Leon war erfreut und überrascht zugleich. Damit hätte er nicht gerechnet.

      Er antwortete: „ Sehr gern, um welche Geschichte würde es sich denn handeln?“

      Die schnurlosen Telefone, waren doch eine praktische Erfindung, gestand er sich kurz ein.

      Man war nicht angebunden und konnte damit in jeden Raum gehen oder sich auf ´s Sofa setzen oder damit in der Wohnung auf und ab laufen, so wie es Leon gerade tat.

      Leon eilte nun zügig ins Arbeitszimmer um die Sammlung seiner

      Werke heraus zu suchen. Die Redakteurin schien ebenfalls in ihren Unterlagen zu wühlen, wie man hören konnte. Leon bekam den Eindruck, sie hätte sich nicht gut genug auf das

      Telefonat vorbereitet. Aber nur wenige Minuten später, nannte sie den Titel der bevorzugten Geschichte und Leon suchte das Blatt aus dem bereitliegenden Ordner heraus. Er hörte der Dame am anderen Ende der Leitung weiter zu. Als sie meinte:

      „Wenn diese Geschichte bei den Lesern gut ankommt, werden wir sicher auch

      weitere veröffentlichen. Diesbezüglich würde ich gern mit Ihnen persönlich

      sprechen, wenn es soweit ist. Wäre ihnen das möglich?“

      „Ich kann es mir sicher einrichten“, antwortete er.

      Sie vereinbarten einen Termin, der für beide möglich war und ein paar

      Minuten später, war das Telefonat beendet. Nach ständigen Ablehnungen

      von verschiedenen Verlagen war dieses Gespräch doch ein kleiner Lichtblick für Leon.

      Wenn dieses Werk bei den Lesern erfolgreich ankäme, würde er jederzeit mit neuen Aufträgen rechnen dürfen und dann würde er endlich als Autor ernst genommen werden. Nach dieser Gelegenheit sehnte er sich seit Jahren. Nur leider erfolglos. In diesem Moment träumte er davon, wie er morgens vor seinem Stammkiosk stand und die aktuelle Ausgabe verlangte. Er bezahlte und blätterte bis zum Artikel seiner Kurzgeschichte vor. Als er sie fand, leuchteten seine Augen auf. Eine seiner Kurzgeschichten in einer bekannten Zeitschrift.

      Das war sein Wunsch. Mit einem triumphalen Lächeln auf den Lippen wachte er aus seinem Tagtraum auf und bemerkte wie er mitten im Wohnzimmer und nicht auf der Straße stand. Er kehrte zurück in sein Bett und nahm sein Buch erneut zur Hand. Seine Gedanken blieben bei dem eben geführten Telefonat hängen. Dabei kostete es ihn vermehrte Konzentration, sich auf das Lesen zu konzentrieren. Daraufhin dauerte es nicht lange bis er einschlief.

      Kapitel 3

      „Die Geschichte scheint aber langweilig zu sein“, sagte die Rolle des Pauls.

      „Lauren, sie wird erst noch spannend“, sagte Frau Hubert.

      „Geduld bitte.“

      Lisa richtete gerade ihr Kleid und setzte sich wieder.

      „Es kann weitergehen“, sagte sie freundlich.

      Leon schlief unruhig, träumte wirres Zeug und murmelte dabei ständig unverständliche Worte. Er wälzte sich im Bett hin und her. Irgendwann fiel das Buch zu Boden und er zerrte an der Daunendecke herum, bis sie über seinem angespannten Körper lag. Durcheinander wie mehrere Stücke Stoff, hing die Decke quer über seinem Leib. Wie gefangen im eigenen Bett lag er da. Die Bilder seines Traumes wurden immer deutlicher. Er träumte von einem Banküberfall in der Stadt. Er konnte sehen, wie zwei maskierte Männer mit Pistolen bewaffnet, in die Filiale der Stadt stürmten. Wild schossen sie beim Eintreten um sich. Es schallte dabei jedes Mal geräuschvoll durch die Räume. Voll geballter Aggression brüllten sie: „Ruhe! Alle auf den Boden, dann passiert euch nichts.“

      Die Kunden gehorchten in ihrer Angst. Die Angestellten unterwarfen sich ebenfalls und warteten auf Befehle. Die zwei Typen trugen wie abgestimmt, hellbraune Jacken, marineblaue Jeans und abgetragene Sportschuhe. Als eine der Angestellten den Befehlen nicht gehorchte, das Geld aus dem Tresor in den Stoffbeutel, der ihr entgegengehalten wurde, zu stopfen,

      wurde der kräftige der beiden Gangster ärgerlich. Er befahl seinem Komplizen, ihm einen der Passanten zu bringen. Damit er demonstrieren konnte, was passierte, wenn man seine Anordnungen nicht befolgte. Widerwillig und unter Protest wurde ein Mann, das Alter auf geschätzte vierzig Jahre, am Kragen angeschleppt und ohne jede Vorankündigung wurde er in

      die Richtung des offensichtlichen Anführers geschleppt, der ihn daraufhin die Pistole an den Rücken hielt, so dass er sich nicht aus dessen Griff befreien konnte. Mit der freien Hand packte er ihn am Hals, die Waffe anschließend an seine linke Schläfe haltend.“

      „Hey, nicht ganz so brutal, wenn es geht“, schimpfte Bruno, der das Opfer spielte.

      „Tut mir leid, war nicht meine Absicht“, sagte Sven.

      „So, können wir dann weitermachen?“, fragte Frau Huber als alles geklärt war.

      „Dem Mann, welchem nichts anderes übrig blieb als ruhig abzuwarten, gab sich mutig. Nur die Angst in seinen Augen verriet ihn. Der Typ fragte die Angestellte wütender und weniger geduldig: „Also …, was ist jetzt, wollen Sie wirklich diejenige sein, die das Leben dieses Mannes auf dem Gewissen hat?“

      Ohne weiter zu zögern packte die Angestellte das Geld aus der Kasse und

      dem Tresor in den Stoffbeutel. Als sein Befehl doch noch ausgeführt wurde, ließ er den sportlich gekleideten Mann los. Mit einem heftigen Stoß schubste er ihn von sich weg und ließ