Eva Markert

Amelie und Amos gehen in den Kindergarten


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hört sie die mahnende Stimme von Frau Schäfer.

      „Der hat mein Bild kaputt gemacht“, verteidigt sich Amelie.

      „Sicher nicht absichtlich.“

      „Wohl!“

      Frau Schäfer geht zu Simon und spricht mit ihm. Amelie will zuhören, weil er bestimmt lügt, aber Frau Schäfer schickt sie weg.

      Sie geht zurück zum Bauteppich und beginnt aufs Neue. Diesmal fängt sie mit einem blauen Stein in der Mitte an. Darum herum legt sie abwechselnd rote und gelbe. Das sieht eigentlich noch schöner aus als das erste Mosaik.

      Nun kommt Mark, Simons Freund, vorbei und tritt mit voller Wucht dagegen. Die Steine fliegen durch die Luft. Und Simon steht am anderen Ende des Gruppenraumes und lacht.

      Amelie springt auf. Sie denkt, dass sie bestimmt gleich platzen wird vor Wut.

      Frau Schäfer hat gesehen, was Mark gemacht hat. Sie schimpft mit ihm und seinem Freund und schickt sie beide in den Bewegungsraum zu Frau Härtling.

      Amelie überlegt, ob sie zum soundsovielten Mal von vorn anfangen soll.

      Frau Schäfer kommt zu ihr hin. „Leg das Mosaik am besten auf einen Tisch“, schlägt sie vor. „Dann kann nichts passieren.“

      Gute Idee! Amelie läuft zwischen Bauteppich und Tisch hin und her und hat bald ein ziemlich großes Bild zusammengelegt.

      Am Rand würden weiße Steine am besten aussehen, überlegt sie. Sie geht wieder los, um weiße Steine zu holen. Als sie zum Tisch zurückkommt, werden ihre Augen groß. Das Bild ist kaputt. Alle Steine liegen verstreut auf dem Tisch. Tränen der Wut steigen ihr in die Augen. „Wer ist so gemein?“, fragt sie sich.

      Sie schaut sich suchend um. Ihr fällt niemand auf, der sie beobachtet.

      Amelie reißt sich zusammen. Egal, wer das Bild kaputt gemacht hat: Sie gönnt demjenigen nicht, dass er sich über ihren Ärger freut.

      Sie tut, als wäre nichts, und legt das Mosaik neu zusammen. Alle Steine, die dafür nötig sind, hat sie. Deshalb braucht sie nicht mehr vom Tisch wegzugehen und kann aufpassen, dass niemand ihr Bild zerstört.

      Ja, das hat sie sich gedacht! Sie hat nicht mit Nele gerechnet. Während Amelie ihr Mosaik bewundert, kommt Nele und fährt im Vorbeigehen mit der Hand durch die Steine und bringt alles durcheinander.

      Nun kann Amelie nicht mehr anders. Sie fängt an zu weinen.

      Nele bleibt stehen und dreht sich um. Dann kommt sie zurück und setzt sich zu Amelie an den Tisch. „Ich durfte das doch kaputt machen, oder?“, fragt sie.

      Amelie ist so verdutzt, dass sie im ersten Moment nickt. Im zweiten Moment fügt sie hinzu: „Aber warum hast du das gemacht?“

      Nele überlegt. „Ich weiß es nicht“, gibt sie zu. „Ich sah das Bild und habe die Steine einfach durcheinandergeschmissen. Ich helfe dir, es wieder ganz zu machen.“

      Mit Nele legt Amelie ein neues Mosaik zusammen. Es wird wieder anders als die vorigen, und als es fertig ist, findet Amelie, dass es besonders schön aussieht. Eigentlich ist es das schönste Bild von allen, die sie bisher gemacht hat.

      Nele ist genauso begeistert. „Komm, wir legen noch ein Muster“, schlägt sie vor.

      Das tun sie, und weil sie zu zweit darauf aufpassen, macht niemand was kaputt.

      Danach räumen sie auf und gehen hinüber in die Puppenecke.

      Auf einmal steht Mama in der Tür und will Amelie abholen. „Jetzt schon?“, fragt Amelie.

      „Spielen wir morgen zusammen?“, ruft Nele ihr nach.

      „Ja!“, ruft Amelie zurück.

      „Ich wusste gar nicht, dass Nele so nett ist“, denkt sie und freut sich schon auf den nächsten Tag.

       Die Geschichte von Goldie

      Frau Schweikart ruft alle in den Stuhlkreis. In der letzten Zeit sprechen sie viel über Haustiere, und heute sind Fische im Aquarium dran.

      Miriams Vater hat ein Aquarium. Miriam erzählt, wie er das Aquarium sauber macht und dass sie die Fische oft füttern darf. Dabei muss sie aufpassen, dass sie nicht zu viel Futterflocken ins Wasser streut.

      Danach will Frau Schweikart eine Geschichte vorlesen über einen kleinen Goldfisch in einem großen Aquarium. Er heißt Goldie, weil er eine außergewöhnlich schöne, goldglänzende Farbe hat. Sie geht erst einmal herum und zeigt jedem ein Bild von Goldie.

      Amos freut sich. Er hört gern Geschichten. Und Tiergeschichten mag er besonders.

      Frau Schweikart setzt sich und will anfangen vorzulesen. Das tut sie immer erst, wenn es ganz leise geworden ist.

      Alle sind still außer Laura. Sie hampelt herum und will mit Aysche reden, die auf dem Platz neben ihr sitzt. Aysche möchte lieber zuhören und antwortet nicht. Das ärgert Laura, und sie sagt „Blöde Kuh!“ zu ihr.

      „Laura!“, mahnt Frau Schweikart.

      Für einen Moment ist Laura ruhig und Frau Schweikart kann mit dem Vorlesen beginnen:

      Goldie ist neu im Aquarium und schwimmt überall herum. Er will sich alles ansehen: den Sand, die Steine, die Pflanzen. Und er möchte die anderen Fische kennenlernen.

      Laura findet das anscheinend furchtbar langweilig. Sie gähnt, schaukelt mit den Beinen und versucht mit Ben zu flüstern, der auf der anderen Seite neben ihr sitzt.

      „Laura! Sei bitte still!“, sagt Frau Schweikart und liest weiter.

      Die Fische im Aquarium mögen Goldie, weil er so hübsch und nett ist. Nur der andere Goldfisch, der hasst ihn. Er ist sehr groß und sieht gar nicht golden aus, sondern rot. Deshalb ist er neidisch auf Goldie.

      Laura hört einfach nicht zu. Sie rutscht nach vorn, legt den Kopf auf die Rückenlehne des Stuhls und fängt an, leise vor sich hinzusummen.

      Ben stößt sie in die Seite. „Hör auf, das nervt!“

      Laura knufft ihn zurück. „Blödmann!“

      Frau Schweikart legt das Buch in den Schoß. „Amos und Laura“, sagt sie. „Tauscht ihr mal bitte die Plätze.“

      Nun sitzt Amos zwischen Aysche und Ben, und Laura sitzt neben der Karina, die Frau Schweikart in der Gruppe hilft.

      Frau Schweikart zeigt ein Bild von Goldie, wie er sich mit den Fischen unterhält. Er ist in der Mitte, und alle anderen Fische schwimmen um ihn herum. Der große Goldfisch versteckt sich unter den Pflanzen bei einer Felsenhöhle und belauert ihn mit bösen Augen.

      Amos wird unheimlich. „Bestimmt tut er dem armen Goldie was“, denkt er.

      Frau Schweikart liest weiter vor.

      Amos hat recht gehabt.

      Der große Goldfisch entführt Goldie und sperrt ihn in der Felsenhöhle ein. Er schiebt Steine davor und passt auf, dass er nicht herauskommt. Weil Goldie jetzt Tag und Nacht im Dunkeln ist und kaum etwas zu essen bekommt, verliert er seine schöne Farbe und wird ganz weiß.

      Die anderen Fische suchen Goldie natürlich. Dabei kommen sie an der Felsenhöhle vorbei.

      „Hoffentlich finden sie Goldie!“, denkt Amos. Er ist riesig gespannt, wie es mit dem kleinen Goldfisch weitergeht.

      Laura rutscht die ganze Zeit auf ihrem Stuhl hin und her. „Ich muss aufs Klo!“, schreit sie plötzlich dazwischen. Karina geht schnell mit ihr hin. Amos wünschte, sie würden lange wegbleiben, damit er die Geschichte in Ruhe zu Ende hören kann.

      Frau Schweikart liest vor, dass die anderen Fische Goldie finden und freilassen. Aber sie glauben ihm nicht, dass er Goldie ist, weil er völlig anders aussieht. Darüber ist Goldie sehr traurig.