Mick Rainer

Achtung, MÄNNERABEND!


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begeben, kommt mir ein spontaner Gedanke und ich fange an, zu lachen.

      „Du Andy, wie wir hier mit unseren Probiergläsern sitzen und den Rum verkosten, merkt man echt, dass wir älter geworden sind. Früher war uns scheißegal, wie der Stoff geschmeckt hat. Hauptsache, er hat ordentlich geknallt.“

      „Oh Gott ja, was waren wir für ignorante Arschlöcher. Selbst guten Alkohol haben wir nur in uns reingeschüttet.“

      „Stimmt! Wenn ich da an die Plünderung der Hausbar deines Vaters denke. Hihi! Genuss war damals für uns wirklich ein Fremdwort!“

      „Das erinnert mich an die legendären HP-49-Parties“, grinst Andy.

      HP-49 war kein Club oder irgendeine Disco. Nein, es war die Abkürzung für Hansa Pils zu 49 Pfennig, das es beim Aldi gab. Es war eine sehr günstige Alternative, große Mengen Bier für wenig Geld zu bekommen, da wir nicht immer unbemerkt die Bierkisten unserer Eltern plündern konnten.

      „Oh ja, und diese netten Trinkspiele auf der Oberstufenfahrt waren auch sehr spaßig, besonders mit den Mädels“, schwelge ich in meinen Erinnerungen.

      „Stimmt! Aber, eins muss ich sagen, wir waren damals echte Gentlemen und haben solche Situationen mit besoffenen Mädchen nie in irgendeiner Hinsicht ausgenutzt.“

      „Das stimmt Andy, da gab es üblere Typen als uns.“

      Wir waren als Jugendliche in Bezug auf Mädchen ziemlich schüchtern. Was sich allerdings relativ schnell gelegt hatte, weil wir rasch lernten, wie wir unsere Hemmungen in den Griff bekamen. Die einfache Formel hieß für uns: „Alkohol!“ Normalerweise waren es die Sprücheklopfer und Draufgänger, die damals bei den Mädchen punkteten. Wir hatten nie begriffen, warum die größten Hohlbratzen die hübschesten Mädels abbekamen. Diese Typen hatten weder Witz, noch Intellekt und besonders gut sahen sie in unseren Augen auch nicht aus. Allerdings mussten wir zugeben, dass sie eines hatten, was wir halt nur angetrunken aufbringen konnten. Sie hatten den Mut, einfach drauflos zu quatschen und waren ihre Anmachsprüche noch so plump. Im nüchternen Zustand waren wir viel zu ängstlich, einen Korb zu riskieren oder wir haben einfach zu lange gewartet. In diesen Situationen kamen uns die Nebenbuhler meist zuvor.

      Als pubertierender und hormongesteuerter Teenager fiel es mir sichtlich schwer, richtig einzuordnen, welches Mädchen sich ernsthaft für mich begeisterte. Die Signale mussten schon sehr eindeutig sein. Eine typische Situation aus meiner Jugend hatte ich mit einer Freundin von mir. Sie hatte eigentlich einen festen Lover, war aber heimlich in mich verliebt und ich in sie. Keiner von uns beiden war sich allerdings sicher, ob der andere genauso empfand. Als eigentlich alles passte, verzettelten wir uns in Streitereien und keiner von uns hatte den Mut, seine Gefühle dem anderen zu offenbaren. Die Erkenntnis darüber kam uns beiden viel zu spät. Ein klarer Fall von „hätte ich bloß...“. So schlimm, wie ich es jetzt beschreibe, war es übrigens nicht immer. Ich durfte dann auch als Teenager noch manche Erfahrungen mit Mädchen sammeln. Darunter waren sehr viele schöne, ein paar abgefahrene und einige schwierige Momente.

      Andy und ich pflegen in der Nachbetrachtung unserer Jugend gerne das Image der unverstandenen Antihelden. Diese Betrachtungsweise entbehrt zwar jedweder Realität, aber wen interessiert das schon, wenn sich in der Erinnerung die Wahrnehmung der eigenen Vergangenheit langsam verklärt. Letztlich war und ist es für jeden in dieser schönen Welt nicht einfach, die wahre Liebe für sich ausfindig zu machen. Naja, bei Andy hat die Suche auch in der Gegenwart noch nicht aufgehört, endlich Mrs. Right zu begegnen. Vielleicht erfahre ich ja heute noch etwas Neues über seinen Liebesstatus. Bei den ganzen Online-Dating-Portalen heutzutage ist die Wahrscheinlichkeit doch um einige Prozentpunkte gestiegen, die Frau fürs Leben zu finden. Obwohl ich mir häufiger die Frage stelle, ob der Mensch von seinem Naturell her für eine monogame Beziehung eigentlich geschaffen und Treue nur aus Mangel an Alternativen oder wirtschaftlichen Erwägungen ein viel beschworenes Lebensmodell ist? Aber ich merke gerade, dass ich abschweife.

      Freitag, 20:23 Uhr: „Du Rene, kannst du mir mal eine Frage beantworten?“

      „Und die wäre?“

      „Warum ist es so schwierig, eine Frau zu finden, bei der sich alles richtig anfühlt und es auch so bleibt, selbst nach vielen Jahren? Für mich sind Frauen einfach undurchschaubar. Diejenigen von ihnen, die ich unbedingt wollte, bekam ich zu selten und wenn doch, dann entpuppten sie sich zu meist als Nieten. Andere hingegen waren wie die Kletten, wenn man ihnen nur einmal den kleinen Finger reichte. Irgendwie zieht sich das bis heute wie ein roter Faden durch.“

      „Naja, darauf eine passende Antwort zu geben, ist wirklich schwierig. Bei mir hat es ja auch viele Jahre gedauert.“ Ich zucke nur mit den Schultern, weil es aus meiner Sicht keine generelle Antwort zu dem Thema gibt.

      „Tja!“, stöhnt Andy. „Die Romantikvorstellungen der Frauen, wie sie in diesen billigen Hollywood-Schmonzetten dargestellt werden, konnte ich noch nie nachvollziehen. Das Frauen immer gleich einen Ring an den Finger gesteckt haben wollen, nur wenn man mal ein bisschen Spaß hat, ist für mich völlig unverständlich und unverhältnismäßig.“

      „Vielleicht erwischt es dich eines Tages doch noch einmal. Ich habe eigentlich immer nur das bereut, was ich nicht gemacht habe“, entgegne ich Andy und trinke den letzten Schluck aus meinem Bierglas. Er grinst.

      „Mir fällt da spontan eine Sache ein, die dir bestimmt leidgetan hat.“ Andy schaut mich herausfordernd an und legt los: „Was war damals kurz vor dem Abi mit der komischen Grit? Du hattest zwar versucht, die Affäre in der Schule zu verheimlichen, aber es wusste trotzdem jeder. Ich konnte nie begreifen, was an der so toll war. Im übrigen konnte das keiner.“

      „Andy, vielleicht erzähl ich dir irgendwann mal, warum ich auch diese Erfahrung nie bedauert habe. Wenn du die Hintergründe kennen würdest, fiele dein Urteil vielleicht anders aus.“

      „Trotzdem, wenn ich an die denke, fällt mir fast das Essen aus dem Gesicht! Aber ich bin gespannt, ob ich heute, 25 Jahre später, von dir über Grit etwas erfahre, was mich umstimmen würde.“

      „Ja, ja! Die guten alten Zeiten. Wie sagte schon ein anderer großer Dichter: Erfahrungen sind dazu da, um gemacht zu werden. Und wenn du mir heute brav ganz viele leckere Drinks einschenkst, erzähle ich dir unter Umständen die wahre Geschichte über Grit und mich.“

      „Naja, dann bin ich mal gespannt. Ich hätte die trotzdem nicht mal mit der Kneifzange angefasst.“

      „Jetzt lass die Kirche aber mal im Dorf! So schlimm war sie nun auch nicht.“

      „Ich meine ja auch nicht unbedingt optisch, aber ihre Art mochte ich gar nicht.“

      „Mag sein, dass sie ein wenig verschroben war.“

      „Naja, ist ja auch egal. Das ist so lange her.“

      „Stimmt, und wer weiß, ob es unter anderen Gegebenheiten jemals zu dieser kurzen Liaison gekommen wäre! Es war damals eine sehr bewegte Zeit.“

      Freitag, 20:29 Uhr: Nach einem kurzen Augenblick des Schweigens holt Andy uns prompt wieder in die Gegenwart zurück.

      „Gleich fängt das Spiel an!“

      „Na, dann mach mal bitte den Ton lauter, damit ich auch den Kommentator hören kann.“

      „Wieso? Hauptsache du kriegst meine wichtigen Anmerkungen zum Match mit.“

      „Ich freu mich schon auf deine Sabbelei und unqualifizierten Zwischenrufe!“ Wir grinsen uns gegenseitig an.

      Wenige Momente später ertönt der Anpfiff und wir beide schauen voller Spannung und mit großer Erwartung auf den Bildschirm.

      Glanz der Großstadt

      „Das Leben an einem Ort ist erst dann schön, wenn die Menschen ein gutes Verhältnis zueinander haben.“

      Konfuzius

      „Beep... Beep... Beep... Beep...“, dröhnte mein elektronischer