Mick Rainer

Achtung, MÄNNERABEND!


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wendete mich bereits ab, um mich wieder bei meinen Leuten in der einlassbegehrenden Masse einzugliedern, da sagte der Typ auf einmal: „Hey Rene, warte mal! Entschuldige, ich hab dich gar nicht erkannt, wie geht’s?“

      Verwundert drehte ich mich wieder in seine Richtung und schaute ihn verdutzt an. „Erkennst du mich nicht?“ Ich schaute etwas verdattert und dann machte es Klick. „Hey Kemal, alles klar? In deiner schwarzen Montur habe ich dich echt nicht erkannt.“

      „Na, dann komm mal rein, du musst dir hier ja nicht die Eier abfrieren.“

      „Echt super, danke! Ich habe noch ein paar Leute mit. Können die auch mit rein?“

      „Natürlich, wie viele sind es denn?“

      „Zwei Mädels und ein Typ!“, antwortete ich ihm wahrheitsgemäß.

      „Überhaupt kein Problem, lass krachen! Wenn du die Mädels für dich alleine willst, dann lass ich den Typen hier gerne draußen am langen Arm verhungern.“

      „Nö, das ist schon okay! Er kümmert sich um die Hässlichere“, erwiderte ich ihm grinsend. Er lachte kurz und meinte: „So hätte ich das auch gemacht! Übrigens, grüß mal deine Familie bei Gelegenheit.“

      „Mach ich gerne und du deine.“

      Ich winkte den Dreien zu und signalisierte ihnen, zu mir zu kommen. Andy grinste zufrieden und die beiden Mädels waren schwer beeindruckt.

      „Na, wie hast du das denn hinbekommen?“, fragte Friederike erstaunt.

      „Tja, auch wenn ich vom Dorf bin, habe ich so meine Beziehungen. Das ist Kemal, er stammt, genau wie ich, aus Geesthacht!“

      „Jo Leute, freut mich! Aber jetzt rein mit euch. Ich hab hier noch ein bisschen wat zu arbeiten!“

      Ich stellte die anderen kurz vor. Wir klatschten Kemal ab und gingen hinein.

      An der Kasse übernahmen Andy und ich - ganz Gentleman - die Kosten für Eintritt und Garderobe. Das erste Getränk war im Eintrittspreis von zehn Mark enthalten, so dass wir uns zunächst an die Bar begaben, bevor wir uns in die Menge stürzten. Unsere letzte Flüssigkeitszufuhr war nun auch schon eine Weile her. Wir waren allesamt das erste Mal hier und staunten nicht schlecht über die gelungene und sehr tanzbare Mischung aus Rock, Funk, Soul und Rap. Es verkehrte hier auch nicht unbedingt das übliche Diskotheken-Publikum aus Schnöseln und Tussis. Wir genossen, trotz der vielen anwesenden Menschen und der Enge, die sehr entspannte Atmosphäre.

      Friederike nahm mich bei der Hand und schleppte mich auf die Tanzfläche. „Na, dann will ich mal sehen, wie du dich bewegen kannst.“ Da ich nun schon öfter bei uns in der Kleinstadt-Disco unterwegs war, hatte ich mir einen aus meiner Sicht sehr coolen Tanzstil angeeignet. Nach dem Motto: „Weniger ist mehr“, setzte ich beim Tanzen überwiegend den Oberkörper ein und verharrte mit den Füßen immer auf einer Position. Meine Hufe standen etwa in einem 90 Grad Winkel auseinander, um einen festen Stand zu haben und um im Bedarfsfall besser die Hüfte einsetzen zu können. Auch Friederike schien mein Tanzstil zu gefallen. Marion quälte sich hingegen mit der ungelenken und unkoordinierten Zappelei von Andy ab, der sichtlich seine Freude hatte, aber gezwungenermaßen alle Blicke der umstehenden Leute auf sich zog. Die machten sich natürlich über seine unfreiwillige Slapstickeinlage ziemlich lustig. Andy scherte das aber herzlich wenig. Er hatte seinen Spaß. Diese Eigenschaft bewundere ich noch heute an ihm. Er macht sich rein gar nichts daraus, was andere Menschen über ihn denken. Er zieht einfach sein Ding durch.

      „Wow, mir läuft das Arschwasser die Beine runter und ich habe stechenden Durst“, brüllte Andy der Marion nach etwa einer halben Stunde Action auf dem Dancefloor ins Ohr.

      „Ist echt heiß hier, aber super Musik! Soll ich Friederike und Rene auch mal anhauen, ob sie auch etwas trinken wollen?“

      „Jo mach mal!“

      Marion stupste Friederike an die Schulter. „Hey, kommt ihr mit an die Bar, etwas trinken?“ Friederike nickte und zog mich einfach zur nächsten Getränkestation hinter sich her.

      „Na Rene, auch am Verdursten?“ Andys Frage war eher rhetorischer Natur. Ich beantwortete sie ihm trotzdem.

      „Aber wie, vor allen Dingen bin ich wieder komplett nüchtern. Ein paar Minuten Tanzen werfen dich wirklich um Stunden zurück.“

      „Was wollt ihr denn?“, schaute Andy fragend in die Runde

      „Also ich bleibe bei Wodka O!“, schoss es aus mir heraus. Die Mädchen nickten zustimmend. Andy bestellte die gewünschten Getränke und wir suchten uns ein etwas ruhigeres Eckchen, wo wir uns beim Unterhalten nicht so anschreien mussten.

      „Echt dufter Schuppen hier, das sollten wir öfter mal machen!“, freute sich Marion, die insbesondere die Funk- und Soultitel überzeugten.

      „Recht haste! Hier passt echt alles. Ziemlich geil!“

      Letztlich freuten wir uns alle über einen bisher sehr netten Abend.

      „So schmeckt mir die bunte Welt der großen Stadt.“

      Ich sprach diesen Satz kaum aus, da kam ein ziemlich bulliger Typ auf uns zu und tippte Friederike von hinten an.

      „Hey Riki, wie geht’s? Wo ist denn Wolfgang?“

      Sie drehte sich erschrocken um. „Oh, hallo Jochen, prima. Wie du siehst, ist Wolfgang nicht mit dabei. Ich bin heute mit ein paar Schulfreunden unterwegs!“ Sie umarmte ihn und flüsterte ihm irgendetwas ins Ohr. Es stellte sich heraus, dass Jochen ein Arbeitskollege ihres Freundes war. Ihr Lover wusste natürlich nichts davon, mit wem sie beziehungsweise dass sie überhaupt unterwegs war. Wolfgang schien sehr eifersüchtig und ein bisschen einfältig zu sein. Zumindest erweckte er den Eindruck bei mir, ohne ihn jemals getroffen zu haben. Aber allein aus den Erzählungen von Friederike ergab sich für mich eindeutig dieses Bild.

      Jochen versuchte, Friederike völlig für sich zu vereinnahmen. Mit einem verächtlichen Blick auf Andy und mich gerichtet, fragte er sie: „Und was sind das hier für Dünnbrettbohrer? Gehen die Weicheier etwa auch auf deine Mädchenschule?“

      Ich fragte mich nur, was diese Aktion jetzt sollte. Ich war nicht hier, um mich von irgendeinem dahergelaufenen Vollidioten beleidigen zu lassen und plusterte mich entsprechend auf. Dabei schob ich Friederike etwas zur Seite. „Was willst du Schwachmat denn von mir? Kann nicht mal bis drei zählen, hat ‘ne Fresse wie ‘n Warzenschwein und spuckt hier große Töne!“ Andy schaute mich erstaunt an, da ich körperlich ungefähr die Hälfte von dem Typen und einen halben Kopf kleiner war. Ein Grinsen konnte er sich aufgrund meines verbalen Vorstoßes allerdings nicht verkneifen und meinte dann für alle Umstehenden hörbar: „Komm, die Hohlbratze ist es doch nicht wert, sich den Abend vermiesen zu lassen. Nachher holst du dir noch irgendwelche Krankheiten, wenn du ihn rundmachst wie ein Buslenker.“

      „Hast recht, der Neandertaler hat echt ‘ne ziemlich feuchte Aussprache und wer weiß, wer ihm die Rosette gepudert hat und aus welchem Zoo er entlaufen ist“, flackste ich zurück, ohne Jochen dabei aus den Augen zu lassen.

      Es kam so, wie es kommen musste. Er holte aus und versuchte mir seine Faust ins Gesicht zu schlagen. Ich stand relativ nahe an einer Wand und duckte mich seitlich weg. So streifte er nur leicht meinen Haaransatz und hämmerte mit voller Wucht gegen die massive Steinwand. Seine eh schon hässliche Fratze verzog sich vor Schmerzen und Tränen schossen ihm in die Augen. Als er mich packen wollte, um mir tatsächlich eine zu verpassen, machte glücklicherweise Kemal gerade seine Runde und sah sofort, dass ich in Schwierigkeiten war. Er zog Jochen am Hemdkragen zurück und warf ihn auf den Boden. Anschließend packte er Jochens verletzte Hand und zog sie im Polizeigriff hinter dessen Rücken hoch. „So, ganz ruhig du Spacken. Was belästigst du hier unsere Gäste? Die Leute wollen hier friedlich feiern und du meinst hier ‘nen Dicken machen zu können, du Hänger!?“ Innerhalb einer halben Minute waren zwei Kollegen von Kemal zur Stelle, um Jochen vor die Tür zu begleiten.

      „Na Rene, alles klar? Was war das denn für ‘ne Nummer, sag