Nach Mitternacht. Zu Fuß, wie sie sagte. Lappen ist weg seit ein paar Wochen.
Und? S päter?
Sie hatte schon was gehabt. N’ Bierchen oder drei oder vier. Hier hatte sie ein paar Cola-Rum. War da wer? Nicht, dass ich wüsste. Oder doch, son Typ. Um die 30, ja, oder auch jünger. Oder älter. War ziemlich dunkel hier und viel Betrieb. Trug ne Mütze, der Kerl. Dunkelblau, grauer Rand. BOSS stand drauf. Auf der Mütze. Brille, dunkler Rand. Bart. Ja, vom Gesicht war wenig zu erkennen. Und Größe? Schwer zu schätzen. 1,80 oder so.
Und der hat Emmy angemacht?
N ee, der hat nur ein Wasser getrunken. Deshalb hab ich ihn so genau beobachtet. Wasser inner Kneipe, um die Zeit. Na, vielleicht war er trocken und wollte noch mal Atmosphäre schnuppern.
Ja, und?
Was? Ja und?
Ja, was hat er mit dieser Emmy zu tun?
Ach so, ja, Emmy hat ihn angemacht.
Und?
Ne e, er hat gar nicht reagiert. Ist dann weg.
Und wann ging Emmy?
Wenig später. Zwei Uhr? So den Dreh.
Danke für ’s Bierchen, Kalli. Das war’s schon. Bleib sauber.
Noch eins?
Ne e, lass man stecken. Ich muss.
Im Dienst. Jo, bis demnächst mal. Ohne Dienst. Und ... bleib flauschig, Malte.
***
Von der Ausbeute der beiden Kneipen war Okka mehr als enttäuscht. Ebenso wie Birke Engel, die ungewöhnlich häufig anrief und neue Infos über die Vermisste wissen wollte. Fast schon nervig, die Zeitungs-Tante, dachte Okka. Aber so verdienen sie ihr Geld, die Journalisten. Mord, Totschlag, Unfälle, Missbrauch. Was für ein Beruf. Nur immer über das Unglück der Menschen schreiben. Na ja, Polizistin war auch nicht viel besser. Das Leben ist kein Ponyhof. Leider.
***
Birke Engel war mehr als enttäuscht. Was sollte sie da schreiben? In den von Emily besuchten Kneipen gab es nur wenige bis gar keine Hinweise? DA würden sich ihre Leser drum reißen, hahaha. Nein, dachte Birke, nun bin ich schon genauso drauf wie mein Bruder Fredderik. „Journalisten sind alle nur hinter Sensations-Storys her. Und wenn’s keine gibt, konstruieren sie welche. Lügen ist deren Lebensunterhalt, Birke. Lass da nur die Finger von.“
Nein, eigentlich machte ihr der Beruf Spaß. Eigentlich.
Wie gut, dass da noch die Sache mit dem Handy lief. Wenn sie das wieder einschalten würde, dann hätte die Polizei Emilys Standort. Oder wenigstens den von Emilys Handy. Mal sehen, was da die beste Lösung war. Planen, sich Zeit lassen, genau prüfen. Sonst ging das noch nach hinten los. NIE zur falschen Zeit am falschen Ort!!!
Die Info über die BOSS Mütze war allerdings interessant.
***
Mama?
Mama? Endlich.
Wo warst du nur so lange? Wo ist mein Handy? Hast du’s mit?
Emily, hier unten gibt es keinen Empfang. Also habe ich es weggelegt.
Ich hab Hunger.
Dort l iegen noch die Cheeseburger.
Ich hasse Cheeseburger.
Dann hast du auch keinen Hunger, mein Lieb. Wie geht es dir?
Beschissen. Ich WILL hier RAUS.
Schrei nicht so rum, sonst muss ich dich züchtigen.
Du bist IRRE. Übergeschnappt. Einfach GAGA.
Gut, dann spielen wir mal ein Spielchen. Ein Gaga-Spielchen.
Ich hasse Spielchen.
Wen hattest du lieber? Mama oder Papa?
Papa.
Welchen Alptraum träumst du immer wieder?
Dass du mit mir Spielchen spielst.
Welchen Alptraum träumst du immer wieder?
Was soll das?
Willst du hier ewig gefesselt bleiben ? Nein? Dann antworte!!! Welchen Alptraum träumst du immer wieder?
Wie Jella ins Wasser läuft und ich ihr nicht helfen kann.
Wolltest du ihr helfen?
Ich hab versucht, sie aus dem Priel zu ziehen!!!
Wie heißt der Pin deiner Bildschirmsperre?
Willst du in meinem Handy rumspionieren? Nee, geht gar nicht.
Wie heißt der Pin deiner Bildschirmsperre?
NEIN!
Gut, dann sehen wir uns morgen wieder.
Nein, Mama. Nein, es ist 3236. Bleib. Bitte.
Nein, ich gehe jetzt. Hier, das KT. Da steht was drin über dich. Lies es.
Emily P. (19) aus Süderfelde seit Sonntag vermisst
Spur verliert sich nach dem Fêtenkeller in Kiel
Von Birke Engel
Süderfelde/Kiel - Von Emily P. (19) aus Süderfelde fehlt jede Spur. Die junge Frau wird seit einem Besuch im Fêtenkeller in Kiel am Samstag vermisst. Sie trennte sich im Milliöh nach einem Streit von ihrer Clique und besuchte den Fêtenkeller in Kiel, vermutlich alleine. Hinweise bitte an die Polizeidirektion Kiel oder an das „Kieler Tagblatt“.
Mama? Die suchen mich? Überall? Mama? LASS MICH NICHT ALLEINE!!!
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Überall diese Eierpappen. Ich will hier raus. Was Mama wohl mit dem Pin will? Sicher in meinem Handy schnüffeln.
Wen ich lieber hatte? Mama oder Papa? Was glaubt sie wohl? Wo sie uns vor 13 Jahren einfach verlassen hat. Zack, ich bin dann mal weg.
Ich hab Hunger. Diese ekeligen kalten Cheeseburger. Ughh, igitt, die riechen schon so muffig. Mal probieren. Boah, mir wird gleich schlecht. Der Geruch. Übelst.
Diese verfluchte Kette am Bein. Von innen mit Teddystoff gefüttert. Wie geil ist das denn??? Du peilst doch nix mehr, Mama. Textest