Christine Jörg

Glueckwunsch zum Geburtstag


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      Sie widmen sich wieder ihrem Eiskaffee, den sie langsam und genüsslich löffeln und mit dem Strohhalm trinken.

      „Sagen Sie“, fährt Peter nun fort, „wenn Sie heute nicht feiern und alleine sind, dann könnten Sie mit mir doch zum Essen gehen.“

      Jutta blickt ihn mit großen Augen an und schüttelt den Kopf. Schließlich sagt sie: „Das geht nicht.“

      „Ich könnte jetzt sagen: Geht nicht, gibt’s nicht“, lacht Peter kurz und spricht weiter, „aber das sage ich nicht. Es ist zu abgedroschen. Überlegen Sie es sich doch. Was wollen Sie an Ihrem Geburtstag alleine zu Hause tun? Machen Sie mir die Freude. Bitte.“

      Man sieht Jutta förmlich an, wie sie hin- und herüberlegt und sich nicht entscheiden kann. Natürlich hat dieser Mann Recht. Was soll sie allein in ihrem kleinen, leeren Reihenhaus? Niemand wartet auf sie. Ja, niemand hat sich überhaupt die Mühe gemacht, sie zu ihrem Geburtstag anzurufen. Trotzdem zögert sie noch. Sie wird aus diesem Mann nicht schlau.

      „Und, was ist?“, hakt Peter nach, der Juttas Unentschlossenheit bemerkt. „Geben Sie sich bitte einen Stoß“, fleht er sie scheinbar an.

      Jutta schaut ihm in die Augen, die sie freundlich anlächeln. Schließlich sagt sie: „Also gut, aber ich bezahle selbst.“

      Peter streckt seine linke Hand aus und legt sie kurz auf Juttas rechte an der ihr Ehering steckt. „Freut mich, dass Sie das Abendmahl mit mir teilen wollen.“ Die Bezahlung schneidet er nicht an. Er zieht sein Handy aus der Hemdtasche und sucht offensichtlich eine Nummer. Dann spricht er und reserviert einen Tisch. Wo, das kann Jutta nicht hören. Und wieder einmal fragt sie sich, in was sie sich eingelassen hat.

      „So“, sagt der schöne Mann und lächelt sie wieder an, „Sie wollten bummeln gehen, oder habe ich etwas falsch verstanden?“

      Zögernd antwortet Jutta: „Ja, aber das war nur ein Zeitvertreib.“

      „Wir können doch trotzdem bis zur Fischerstraße bummeln. Zum Abendessen ist es ein bisschen zu früh.“

      „Wo haben Sie denn reserviert?“, wagt Jutta nun doch zu fragen.

      „Kennen Sie das Mylord? Es ist gar nicht weit von hier entfernt.“

      „Ja“, Jutta nickt, „ich habe davon gehört, bin aber nie dort gegessen. Es soll gut sein, habe ich mir sagen lassen.“

      Peter lächelt schon wieder: „Das dürfen Sie heute Abend selbst testen.“

      Wieder nickt Jutta, sagt jedoch nichts. Das wird bestimmt ganz schön teuer. Hoffentlich akzeptieren sie die EC-Karte.

      Die Eisbecher sind leer. Peter zückt seinen Geldbeutel um zu bezahlen. Jutta öffnet rasch ihre Handtasche und holt ebenfalls ihre Geldbörse heraus.

      „Was machen Sie denn da?“, erkundigt sich Peter neugierig und zieht die Augenbrauen hoch.

      „Meinen Eisbecher bezahlen“, kommt es von Jutta.

      „Aber Jutta, ich habe Sie doch eingeladen. Bitte nehmen Sie mir die Freude nicht.“

      Jutta wird es zu bunt. Lange genug hat er mit ihr gespielt, sie wird nicht weiter für seine Verlockungen zur Verfügung stehen. Schließlich ist sie eine reife, noch verheiratete Frau und ist nicht auf ein schnelles Abenteuer aus, das dieser Mann ganz offensichtlich anstrebt. Und so sagt sie:

      „Hören Sie Peter, es war nett mit Ihnen hier Eis zu essen. Sie hatten auch Ihren Spaß, mich auf den Arm zu nehmen, aber ich bezahle mein Eis selbst. Dann werde ich aufstehen und den Rest des Tages alleine verbringen. Suchen Sie sich bitte ein anderes Opfer über das Sie sich lustig machen können.“

      Scheinbar betreten und mit traurigen Augen blickt er sie an. „Diesen Eindruck habe ich also auf Sie gemacht? Entschuldigen Sie, das lag nicht in meiner Absicht. Wirklich nicht! Ich finde Sie schön, anziehend und Sie sehen so alleine und verloren aus. Lassen Sie mich Ihnen einen schönen Geburtstag schenken. Mehr ist es doch nicht. Bitte, bitte. Das wird meine gute Tat des Tages. Und ich kann heute Nacht ruhig schlafen.“ Jetzt lächelt er sie entwaffnend an.

      Wider Willen muss Jutta ebenfalls lächeln. Was soll sie tun? Ihr Vorhaben in die Tat umsetzen, bezahlen und verschwinden oder mit diesem Menschen bummeln gehen und später zu Abend essen. Sie schwankt und wieder sagt sie sich, was soll sie denn alleine zu Hause anstellen?“

      Schließlich willigt sie ein.

      „Das ist ein Wort.“ Peter gibt sich erleichtert über Juttas Entscheidung. „Sie machen mich zum glücklichsten Mann des Tages.“

      Wie kann dieser junge Mann nur so schmalzig daherreden, denkt sich Jutta und muss schon wieder lächeln.

      Wann hat zum letzten Mal ein Mann so nette Dinge zu ihr gesagt. Jutta kann sich nicht erinnern. Fünfzehn Jahre sind es bestimmt her. So lange fühlt sie sich in ihrer Ehe schon nicht mehr glücklich.

      „Nun stecken Sie mal Ihr Geld wieder ein“, reißt Peter sie aus ihren Gedanken. Er ruft die Bedienung und verlangt die Rechnung. Nachdem er bezahlt hat, erheben sie sich und schlendern in Richtung Fischerstraße.

      Sie berühren sich nicht. Trotzdem prickelt die Luft spürbar zwischen der Frau und dem Mann.

      „Hatten Sie ein bestimmtes Ziel oder ein Geschäft in das Sie gehen möchten?“, erkundigt sich Peter.

      „Nein, einfach nur schauen. Vielleicht sehe ich etwas, das mir gefällt.“

      Zunächst betreten sie K & L. Sie streifen durch die Abteilungen und schon schickt Jutta sich an, das Geschäft wieder zu verlassen. So besuchen sie verschiedene Kaufhäuser ohne etwas zu erwerben. Schließlich gelangen sie zum Rathausplatz.

      „Ich habe Durst. Sie nicht auch?“, fragt Peter.

      Jutta nickt. „Ja, doch.“

      „Bis wir ins Restaurant gehen bleibt noch Zeit. Lassen Sie uns hier etwas trinken. Es ist so schön in der Sonne.“

      Sie finden einen freien Tisch und setzen sich nebeneinander.

      „Wie schön und interessant die Menschen zu beobachten“, glaubt Jutta erklären zu müssen.

      „Ja, das finde ich auch. Deshalb setze ich mich gerne in Straßencafés.“

      Beide bestellen ein Holunderschorle und lächeln sich dann an.

      „Unsere Geschmäcker ähneln sich“, stellt Peter fest.

      „Nun ja, so viele Möglichkeiten zu vergleichen hatten wir ja noch nicht“, schränkt Jutta sofort ein.

      Peter schaut sie von der Seite an und zwinkert mit dem linken Auge: „Das lässt sich ändern.“

      Jutta zieht es vor, nicht näher auf diese Andeutung einzugehen und sagt deshalb, „die Schorle schmeckt gut.“

      „Ja, das stimmt.“

      „Sehen Sie den Mann dort im grauen Polohemd?“, Peter deutet diskret auf einen Mann, der über den Platz spaziert.

      Jutta nickt.

      „Das war mein Biologielehrer am Gymnasium. Wir mochten uns nicht sonderlich.“ Dabei hebt er die Schultern.

      „Nun ja, das kommt vor“, sagt Jutta.

      „Er hatte aber auch allen Grund dazu“, Peter lächelt bei der Erinnerung. „Ich war kein guter Schüler. Zumindest nicht in Fächern, die mich nicht interessiert haben und in denen man zu viel auswendig lernen musste. Als wir einmal einen nicht angesagten Test geschrieben haben, war ich natürlich nicht vorbereitet. Anstelle die Fragen zu beantworten oder ein leeres Blatt abzugeben habe ich zu jeder Frage einen Witz geschrieben“

      Jutta dreht sich erstaunt Peter zu: „Das haben Sie gewagt?“

      „Ja. Ich fand es sehr lustig, aber leider nicht Herr Müller. Außer einer Sechs bekam ich eine Strafaufgabe und musste an einem Freitagnachmittag nachsitzen. Selbst der Direktor ist eingeschaltet