den Autoschlüssel in der Hand und schließt ihr Fahrzeug auf.
Peter tritt an die Fahrertüre: „Jutta, bitte nimm meine Entschuldigung an. Und vielen Dank für den schönen Tag. Komm gut nach Hause und pass auf dich auf. Du bist so schön.“
Jutta sitzt inzwischen im Auto. „Danke für den Tag, Peter. Tschüs.“
Er schlägt die Türe zu und wartet bis sie davongefahren ist.
Sie ist völlig aufgewühlt, als sie den Heimweg nach Durach antritt. Das war entschieden der verrückteste Tag, den sie seit langem erlebt hat. Und beinahe hätte er in einem Fiasko geendet. Aber es ist noch einmal gutgegangen.
Zu Hause, in dem leeren Reihenhäuschen, duscht sie sich und legt sich ins Bett, ohne jedoch Schlaf zu finden.
*
Peter steht noch einige Zeit auf dem menschenleeren Parkplatz und kann sich nicht erklären, was das für ein grandioser Nachmittag und Abend waren.
Er ist von Memmingen gekommen um einige Dinge in Kempten zu erledigen und trifft auf diese schöne, reife Frau, die zufällig neben ihm parkt.
Sein erster Blick ist auf das Kennzeichen gefallen. Eindeutig ein Wunschkennzeichen! Der Geburtstag!
Es ist sonst nicht seine Art, Frauen anzusprechen, aber heute hat er es dennoch gewagt.
Sie haben schöne Stunden miteinander verbracht, auch wenn Jutta immer wieder Zweifel an seiner Lauterkeit hatte. Er hat es sehr wohl bemerkt, aber es war ihm egal. Er kann es sogar nachvollziehen.
Dass sie einsam war und verlassen, hat er schnell festgestellt. So wie er natürlich den Ehering an der rechten Hand bemerkt hatte. Aber er vermutet, dass diese Ehe keinen Bestand mehr hat. Es handelt mehr oder weniger um die Gewohnheit. Vielleicht ist da ein Haus abzubezahlen oder die Kinder sind noch kleiner und wohnen im Haus. Aber eine glückliche, erfüllte Ehefrau ist Jutta bestimmt nicht.
Wie gut sie harmoniert haben. In den wenigen Stunden konnte er viele gemeinsame Punkte feststellen. Am Schönsten war es jedoch mit ihr zu tanzen. Sie hat sich wunderbar führen lassen, ist jeden seiner Schritte wie selbstverständlich mitgegangen. Jede Bewegung war schwungvoll, elegant und weich. Einfach himmlisch!
Schließlich haben sie den Rückweg zu den Autos angetreten und da war es um ihn geschehen. Wie konnte er sich nur so gehen lassen? Er hadert mit sich selbst
Er wollte sie wirklich nur zum Abschied küssen. Das hatte er sich vorgenommen, doch plötzlich konnte er sich nicht mehr beherrschen. Zum Glück hat sie dem Ganzen Einhalt geboten.
Seine Entschuldigungen sind bei ihr nur teilweise angekommen. Das weiß er und er bedauert es zutiefst, dass er die Beherrschung verloren hat. Damit hat er sie selbstverständlich in ihrem Vermutungen bestätigt, dass er ihr für den Abend die Rechnung präsentieren wollte. Aber nichts lag ihm ferner. Er hatte das Zusammensein mit ihr genossen.
Die geschäftlichen Erledigungen, die er in Kempten tätigen wollte, sind offen. Aber das ist jetzt Nebensache.
Soll er sich bei Jutta nochmals entschuldigen oder Gras über die Sache wachsen lassen? Er weiß es nicht. Heute kann er nichts mehr unternehmen. Zu viel hat er zerstört.
Bedrückt fährt er in sein einsames Zuhause nach Ammendingen zurück. Er duscht sich und legt sich ins Bett. An Schlaf ist im Augenblick nicht zu denken.
2
Peter versucht in den Alltag zurückzukehren, doch die Begegnung mit Jutta hat sich tiefer in sein Gedächtnis eingeprägt als er zunächst wahrhaben möchte.
Über Arbeitsmangel braucht er nicht zu klagen. Sein Vater möchte sich nach und nach aus den Geschäften der Autohäuser zurückziehen um das Ruder an seinen einzigen Sohn zu übergeben.
Privat läuft es für Peter nicht so gut. Drei Wochen lang sieht er seine Dauerverlobte Anita nicht. Immer wieder entschuldigt sie sich mit zu viel Arbeit im Architekturbüro um die Stunde Autofahrt zu ihrem gemeinsamen Heim in Ammendingen auf sich zu nehmen.
Peter hat Zweifel am Fortbestand der Beziehung. Zunächst unternimmt er nicht viel um den Zustand zu ändern und Anita zurückzuholen. Aber schließlich muss er eine Entscheidung herbeirufen und fährt am Samstag Spätnachmittag nach München, zu der Adresse, an der seine Verlobte wohnt. Das erste Mal in sechs Monaten!
Er klingelt an der Türe der Wohnung. Ein Mann etwa in seinem Alter öffnet. Peter ahnt, was jetzt kommen wird, aber er will es noch nicht glauben.
„Ist Anita da?“
„Und wer sind Sie, bitte?“
„Ihr Verlobter“, gibt Peter fast wahrheitsgemäß zur Antwort. Sie haben zwar nie Verlobung gefeiert, aber das tut nichts zur Sache.
„Moment.“ Der Fremde lässt ihn an der Tür stehen. Peter vernimmt wie drinnen leise gesprochen wird. Schließlich hört er Schritte und Anita steht vor ihm. Erstaunt blickt sie ihn an.
„Komm doch herein.“ Sie schiebt die Türe auf und lässt ihn eintreten.
Peter betritt eine geräumige Wohnung, die sehr geschmackvoll eingerichtet ist. Ja, Geschmack hat sie, denkt sich Peter. Auch ihr Haus hat sie eingerichtet.
„Bitte.“ Anita weist auf einen Sessel. Peter geht darauf zu und lässt sich hineinfallen. Er hasst schon jetzt das, was kommen wird. Aber es ist zu spät um zu kneifen.
„Möchten Sie etwas trinken? Kaffee, Tee, Wasser?“, wird er von dem fremden Mann gefragt.
„Wasser, bitte.“ Ein Schnaps wäre ihm lieber gewesen.
Anita setzt sich auf das Sofa, das an einer großen Fensterfront steht und einen Blick auf eine ausladende Terrasse freigibt.
Warum bin ich nicht schon früher hierhergekommen, fragt sich Peter. Er hatte doch gespürt, dass etwas nicht stimmt. Weshalb hat er sich vor einer Aussprache gescheut und einfach abgewartet? Zu spät! Das ist klar.
Der Fremde kommt mit einer Flasche Wasser und drei Gläsern zurück. Er gießt Peter ein und setzt sich dann zu Anita aufs Sofa.
Alles klar, schießt es Peter in den Kopf. Eigentlich könnte er jetzt aufstehen und nach Hause fahren. Eine Aussprache ist nicht mehr nötig. Er hat sehr wohl verstanden. Trotzdem bleibt er sitzen und harrt der Tatsachen, die kommen werden.
Unangenehmes Schweigen tritt ein. Peter unternimmt nichts um es zu brechen. Auch das Glas Wasser rührt er nicht an.
Der fremde Mann räuspert sich. Anita atmet tief durch.
„Also, Peter, ich denke, es gibt nicht viel zu erklären. Allan habe ich kennengelernt, als ich mich hier wegen einer Anstellung vorgestellt habe. Er war überhaupt der Grund weshalb ich die Stelle schließlich angenommen habe. Ich weiß nicht, weshalb ich dir nicht sofort reinen Wein eingeschenkt habe. Nun ja, es ist so, ich bin im dritten Monat schwanger.“
Peter saugt laut die Luft ein und atmet tief durch. Dritter Monat schwanger! Dann geht das ja viel länger als er sich vorgestellt hat. Also nicht der Arbeitsaufwand und die daraus entstandene Müdigkeit hatten ihn zur Abstinenz gezwungen. Wie war er doch blöd. Wie war er doch blöd! Sein Kopf dröhnt. Er könnte sich ohrfeigen.
„Herzlichen Glückwunsch“, presst er hervor. „Dann müssen wir wohl sehen, wie wir unsere Sachen trennen“, versucht er praktisch zu denken.
Der fremde Mann namens Allan starrt nur den Tisch und den Boden an. Ihm ist diese