fragt er dann, schneidet sich ein Stück der Galette ab und schiebt es sich in den Mund. Als er den Mund leer hat, sagt er: „Hm, schmeckt gut“, und dann: „Also, erstens ich bin entlobt, wenn es das Wort überhaupt gibt. Sie hat die Verlobung gelöst. Nach München ist sie gezogen, weil sie sich in diesen Mann beim Vorstellungsgespräch verliebt hat. Das war vor sechs Monaten. Jetzt ist sie im dritten Monat schwanger und nicht von mir. Das zu diesem Thema. Zweitens, glaubst du wirklich, dass dein Mann die ganze Zeit alleine im Hotelzimmer sitzt, wenn er auf Montage ist. Sag doch ehrlich, wann hat er dich zum letzten Mal ausgeführt? Wann hat er dich das letzte Mal als die äußerst attraktive Frau gesehen, die du bist? Wann hat er dich das letzte Mal einfach nur verwöhnt? Und dein Sohn, lass ihn doch denken, was er will. Wohnt er noch bei dir zu Hause?“
Betreten schaut Jutta ihn an und bewegt hört sie ihm zu. Auch sie hat sich ein Stück der Galette in den Mund geschoben. Jetzt nur keine Tränen, sagt sie sich. Das ist das Letzte, was sie brauchen kann. Um sich zu beruhigen nimmt sie einen kleinen Schluck Cidre aus der Schale. Nach einem kurzen Schweigen und einem Seufzer sagt sie schließlich: „Tut mir Leid, mit deiner Verlobten. Du hattest ja angedeutet, dass es nicht ganz rund läuft seit sie in München ist.“
„Ja, deswegen bin ich auch nach München gefahren, als sie sich wieder aus irgendeinem Grund für ein Wochenende entschuldigt hat. Ich bezeichne es als Feigheit, dass sie mir nicht vorher die Wahrheit gestanden hat, aber so ist es eben.“
Als hätte Peter sie nicht unterbrochen, nimmt Jutta den Faden wieder auf. „Ich erlaube dir nicht, dich über meinen Mann oder meine Ehe zu äußern“, sagt sie schärfer als geplant.“
Inzwischen haben sie die Galletes fertig gegessen. Der Tisch wird abgeräumt.
„Ich nehme alles zurück.“ Peter sieht zerknirscht aus, „aber, Jutta, ich bin nicht blind.“
„Solltest du darauf anspielen, dass ich mir nur jemanden suche, um ein bisschen Abwechslung zu haben oder Ähnliches, so irrst du dich.“
Er legt seine rechte Hand auf ihre linke und schaut ihr tief in die Augen: „Nein, Jutta, du willst keine Abwechslung haben und ich biete dir auch kein Spielchen an, wenn du davor Angst hast. Was ich dir geben kann ist Freundschaft, ein bisschen Freude. Zum Beispiel Essen gehen oder tanzen. Was ist denn Schlimmes daran? Und ich verspreche dir nochmals, so etwas wie auf dem Parkplatz passiert nicht mehr.“
Die süßen Crêpe werden vor sie hingestellt.
Jutta entzieht ihm die Hand und schüttelt den Kopf. „Eine Freundschaft zwischen Mann und Frau, das glaubst du doch selbst nicht.“
„Dann nennen wir es Zweckgemeinschaft“, schlägt Peter grinsend vor. „Du fühlst dich manchmal einsam und möchtest Essen gehen oder Tanzen oder ins Theater. Dein Mann ist nicht da und alleine möchtest du das nicht unternehmen. Ich fühle mich einsam, habe aber keine Lust auf eine neue Beziehung, möchte aber auch nicht alleine ins Restaurant oder ins Theater oder zum Tanzen. Ist das ein Deal.“
„Ich weiß nicht“, zögert Jutta.
Ernst sagt Peter: „Du hast immerhin nicht kategorisch Nein gesagt.“ Er hebt die Schale, in der nun Wasser ist und stößt mit ihr an.
„Komm, lass uns bezahlen. Dann gehen wir Tanzen“, treibt Peter plötzlich zur Eile an.“
Hat er Angst, dass sie es sich anders überlegt? Jutta muss innerlich lächeln.
Peter ruft die Bedienung. Es dauert eine Zeit bis sie kommt und die Rechnung bringt. Jutta kann tatsächlich die Zeche bezahlen. Wenigstens das, sagt sie sich.
Als sie vor dem Restaurant stehen, schlägt Peter vor, dass sie eine Runde an der frischen Luft spazieren. Die Scheibe des Mondes ist fast rund und strahlt hell.
„Ja, warum nicht?“, gibt sich Jutta einverstanden. Wir könnten in Richtung Iller gehen.“
Zielstrebig schlägt sie den Weg ein. Sie möchte nicht mehr auf das Gespräch zurückkommen, das sie im Restaurant geführt haben. Doch Peter will offensichtlich nicht locker lassen.
„Jutta, was immer du auch von mir halten magst, ich bin kein Unhold, der dich flach legen will. Ich möchte dich auch nicht billig anbaggern und dich rumkriegen, wie man so schön sagt. Nein, daran liegt mir nichts. Sagen wir es so, wir sind zwei einsame Herzen, die einige gleiche Interessen haben. Das sollten wir ausnützen. Ohne irgendwelche Hintergedanken. Was hältst du davon?“
Langsam gehen sie nebeneinander her. Ab und zu streifen sich ihre Hände, es gibt jedoch keine nähere Berührung.
„Nun ja, schön wäre es schon“, gesteht sie ein, „aber es hört sich zu schön an um wahr zu sein.“
„Ich verstehe deine Zweifel“, sagt er aufrichtig. „Die sind nur verständlich.“
Sie kommen an der Fußgängerbrücke über die Iller an, lehnen sich an das Geländer und blicken ins Wasser, in dem sich unruhig der Mond spiegelt. Schweigend betrachten sie den Fluss, der unter ihnen vorüberzieht und hängen ihren Gedanken nach.
„Lass uns noch ein wenig tanzen“, schlägt Peter dann vor. Er ergreift ihre Hand und so kehren sie langsam zum Rathausplatz zurück. Jutta belässt die Hand in seiner. Ein wohltuendes Gefühl, das sie seit langem vermisst. Sie betreten die Tanzbar.
Zunächst setzen sie sich und bestellen ein Getränk. Doch lange hält es sie nicht am Platz. Schnell begeben sie sich zur Tanzfläche und vergnügen sich. Als sie sich schließlich wieder setzen, sagt Peter:
„Hättest du nicht Lust einen Tanzkurs mit mir zu belegen?“
Energisch schüttelt Jutta den Kopf. „Nein, wirklich nicht. Das geht nicht.“
„Was geht nicht?“
„Na, dass wir einen Tanzkurs machen. Da musst du dir schon jemand anderen suchen.“
„Du gibst zwar keine Begründung, aber ich akzeptiere deine Ablehnung. Aber ab und zu gehst du mit mir Tanzen. Ja?“
„Wir werden sehen“, sagt Jutta ausweichend.
„Dann zum Wohl“, Peter hält ihr sein Glas entgegen und sie stoßen an. Sie trinken und stellen die Gläser ab. Er nimmt sie an der Hand und zieht sie wieder auf die Tanzfläche.
„Auf jeden Fall freue ich mich, dass du heute Abend für mich Zeit gehabt hast“, sagt er leise nahe an ihrem Ohr.
„Ich gebe zu, es ist schön mit dir zu tanzen“, gesteht Jutta ebenso leise.
Bis kurz vor drei Uhr vergnügen sie sich. Dann drängt Jutta zum Aufbruch. Sie ist müde. Wieder möchte sie die Zeche bezahlen, doch Peter lässt es nicht zu.
„Wir hatten vom Abendessen gesprochen. Nicht mehr“, sagt er kategorisch.
Jutta gibt sich geschlagen.
Schon bald verlassen sie das Lokal. Peter bleibt mitten auf dem Rathausplatz stehen. „Wo hast du geparkt. Ich bringe dich zum Auto.“
Jutta weist mit der Hand in Richtung Rottachstraße und sagt: „Dort.“
„Das ist gut, ich auch. Dann haben wir den gleichen Weg.“
Wieder ergreift er ihre Hand und wieder wehrt sie nicht ab. So schlendern sie langsam auf den Parkplatz zu. Er begleitet sie zu ihrem Auto. Dort angekommen fragt er vorsichtig:
„Darf ich dich wieder anrufen? Wenn es unpassend ist, kannst du kurzangebunden wieder einhängen. Ich verstehe das.“
„Ja, wäre nett, wenn wir wieder einmal tanzen würden“, gibt Jutta offen zu.
„Das freut mich, Jutta.“ Er bückt sich zu ihr und küsst sie sanft auf beide Wangen. „Komm gut nach Hause und schönes Wochenende“, wünscht er noch.
Sie öffnet das Auto und steigt ein. Als sie sitzt schlägt er die Türe zu und bleibt stehen bis sie den Motor angelassen hat und aus der Parklücke fährt. Im Rückspiegel sieht sie, wie er ihr nachwinkt. Sie hebt ebenfalls die Hand zum Gruß.
Welch