hat das bitte mit Tanzen zu tun?“, ungläubig schaut er sie an. „Du tanzt gerne, ich tanze gerne; weshalb sollen wir nicht tanzen gehen?“
„Ich bin eine verheiratete Frau“, glaubt Jutta ihn auf den Boden der Tatsachen zurückholen zu müssen.
„Das habe ich gesehen“, bestätigt er schlicht. „Aber trotzdem bist du an deinem Ehrentag alleine.“
„Das hat nichts zu sagen“, rechtfertigt sie sich, „mein Mann ist auf Montage im Ausland.“
„Und du meinst jetzt, er hat etwas dagegen, wenn du mit mir zum Tanzen gehst?“
„Nein, das nicht.“
Ein Kellner bringt die Flasche Wasser und zwei Gläser. Er gießt ein. Peter ergreift sein Glas und prostet Jutta wieder zu.
„Auf deinen Ehrentag. Es freut mich, ihn mit dir verbringen zu dürfen.“
Sie stoßen an und trinken einen Schluck. Ein kurzes Schweigen tritt ein, dann sagt Peter:
„Ich habe selten Gelegenheit Tanzen zu gehen. Du offensichtlich auch. Weshalb sollen wir uns also nicht zusammentun?“
Das hört sich logisch an, muss Jutta sich selbst eingesehen. Trotzdem kann sie sich nicht mit dem Gedanken anfreunden. Und so fragt sie:
„Hast du keine Freundin, Frau, Lebensgefährtin mit der du Tanzen gehen kannst?“
Traurig schüttelt Peter den Kopf: „Das ist nicht so einfach“, gesteht er. „Seit fünf Jahren bin ich mit Anita zusammen. Vor einem halben Jahr hat sie einen guten Job in München bekommen. Seither läuft es nicht mehr rund zwischen uns. Ich kann es nicht erklären. Ich spüre es einfach.“ Dann lächelt er. „Aber das hat doch nichts mit uns zu tun. Wir können doch unser Zusammensein trotzdem mit einem Tänzchen ausklingen lassen.“
Über so viel Ehrlichkeit und Jutta geht davon aus, dass er ehrlich ist, hat sie nicht gerechnet. Ja, weshalb soll sie nicht wieder einmal tanzen gehen. Gefahr scheint von diesem jungen Mann keine auszugehen.
„Ja, vielleicht ist es gar keine schlechte Idee“, gibt sie zu.
„Das ist ein Wort!“ Peter zeigt sich erfreut.
Die Vorspeise wird serviert und sie wünschen sich einen guten Appetit. Die Vorspeise, wie auch das Hauptgericht schmecken vorzüglich. Jutta sagt das Peter auch. Die Wahl des Restaurants war gut.
„Noch einen Nachtisch“, erkundigt sich der Wirt. Jutta will den Kopf verneinend schütteln, als Peter schon um die Karte bittet.
„Peter, ich kann nichts mehr essen.“
„Nichts da, du wirst sehen, der Nachtisch schmeckt genauso gut.“
„Das mag ja sein, aber ich bin satt und mag kein Blatt mehr“, lacht sie.
Peter hört nicht auf sie und studiert die Karte. „Hier, die Variationen sind hervorragend. Ich kann sie nur empfehlen.“
„Wirklich nicht“, winkt Jutta etwas energischer ab.
„Gut“, sagt Peter ohne auf ihren Einwand einzugehen. „Wir bestellen eine Portion mit zweimal Besteck. „Dann kannst du ein wenig versuchen. Ist das ein Wort?“
Jutta nickt nur.
Peter gibt die Bestellung auf. Den Digestif, der ihnen angeboten wird, lehnen sie ab.
Der Nachtisch ist auf einem großen Teller angerichtet. Er wird zwischen den beiden abgestellt.
Sehr ansprechend, muss Jutta feststellen. Schließlich isst sie mehr als sie sich vorgenommen hat.
„Und habe ich zu viel versprochen?“, hakt Peter nach.
„Wirklich köstlich“, ist alles was Jutta dazu sagen kann.
Sie trinken einen Espresso. Dann geht es ans Bezahlen. Jutta hatte beim Forum erklärt, dass sie das Abendessen selbst bezahlen wird, doch davon will Peter jetzt nichts mehr wissen.
„Bitte, Peter“, versucht es Jutta erneut. „Ich möchte mich nicht aushalten lassen. Ich bezahle selbst.“ Dabei schiebt sie ihm zwanzig Euro über den Tisch zu. Er ergreift ihre linke Hand und legt den Schein wieder hinein.
„Mein Geburtstagsgeschenk für dich.“ Sanft drückt er ihre Hand zur Faust zu, damit der Schein nicht herausfällt.
„Du kennst mich doch nicht.“
Freundlich lächelt er sie an. „Für mich bist du die schönste Frau und ich möchte dieser schönen Frau, der ich heute zum Glück begegnet bin, das Geschenk machen.“
Welch eine schmalzige Rede. In Jutta nagen erneut die Zweifel über die guten Absichten dieses Mannes. Nein, sagt sie sich, er macht sich nur lustig über mich.
„Jutta, ich meine es so wie ich es gesagt habe.“ Peter scheint ihre Gedanken lesen zu können.
Inzwischen wird ihm die Rechnung gebracht und er bezahlt mit der Kreditkarte. Als er die Karte zurückerhält, steht er auf und reicht ihr die Hand. Auch sie erhebt sich und sie verlassen das Mylord.
Vor dem Restaurant bleibt er stehen, nimmt sie kurz in den Arm und drückt ihr einen Kuss links und rechts auf die Wange. „Danke für den schönen Nachmittag und Abend.“
Jutta ist überwältigt. „Ich habe zu danken“, sagt sie nur.
„Wollen wir mit dem Auto näher an den Rathausplatz fahren oder sollen wir bei dem lauen Wetter nochmals zu Fuß gehen?“
„Ich denke, ein bisschen Bewegung tut uns gut.“
Mit seiner linken ergreift er Juttas rechte Hand und sie gehen zielstrebig in Richtung Rathausplatz, dort wo es Tanzlokale gibt.
Bis zwei Uhr in der Nacht tanzen die Zwei begeistert. Sie harmonieren wunderbar in ihren Bewegungen. Es gibt kein Befremden. Auch der eine oder andere Kuss wird getauscht. Jutta wehrt sich nicht. Schließlich tauschen sie die Handynummern aus. Sie wollen sich wieder einmal zum Tanzen verabreden. So haben sie es vereinbart.
Es ist an der Zeit aufzubrechen. Morgen ist für Beide ein Arbeitstag. Nun bedauert Jutta, dass sie nicht darauf bestanden hat, das Auto in der Nähe zu parken. Der ganze weite Weg bis zur Tierzuchthalle steht an.
Die Nacht ist kühl geworden. Peter spürt, wie Jutta friert. Er legt den Arm um ihre Schultern und zieht sie fest an sich.
Die Nähe und Wärme dieses Mannes tun Jutta gut. Ja, stellt sie erneut fest, sie ist auf Entzug. Wann hat sie zum letzten Mal mit einem Mann geschlafen? Mit ihrem eigenen schon lange nicht mehr. Seit mindestens zwei Jahren hat er sie nicht mehr angerührt und sie hatte auch kein Verlangen danach. Aber ans Fremdgehen hat sie nie gedacht. Das kommt für sie nicht infrage. So ist der Stand der Dinge bis zum heutigen Abend
Schließlich gelangen sie am Parkplatz bei der Tierzuchthalle an. Beide Autos stehen verlassen in der hinteren dunklen Ecke des völlig verlassen daliegenden Parkplatzes. Nun wird Jutta klar, wie dumm die Idee war, das Auto hier stehen zu lassen. Aber es ist zu spät.
Als sie bei den Autos ankommen schließt Peter sie fest in seine Arme und küsst sie fordernd. Seine Zunge sucht sich ihren Weg durch ihre Lippen. Nur zu willig öffnet sie ihren Mund und schon betasten sich die Zungen begierig. Peters Arme beginnen an ihrem Rücken entlangzuwandern.
Peter drückt sie fester an sich. Sie fühlt seine Härte. Beide ringen nach Atem. Als Peter seinen Schenkel zwischen ihre Beine drängen möchte, schiebt sie ihn von sich.
„Nein!“, stößt sie atemlos aus. „Lass mich!“ Sie schreit es fast.
Peter schaut sie entsetzt an. „Meine Güte, Jutta, entschuldige. Das wollte ich nicht. Bitte entschuldige.“ Betreten schüttelt er den Kopf. „Es war so ein schöner Tag. So wollte ich mich nicht bedanken. Bitte glaube mir.“ Flehend hebt er die Hände.
„Wir haben beide Schuld“, sagt Jutta nur. Sie ist den Tränen nahe. „Lass uns einfach auseinandergehen und nach Hause fahren.“