Frank Solberg

EIN ZACKEN AUS DER KRONE


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„Er ist der Mensch, das Nonplusultra dessen, was ich in dieser Woche geleistet habe.“

      Der Erzengel begutachtete das angepriesene Wesen neugierig und ausgiebig von allen Seiten. „Ein Prototyp“, stellte er dann sachkundig fest. „Ganz hübsch soweit, aber wo ist der Clou?“

      Der Herr runzelte die Stirne. „Immerhin“, entgegnete er, „er ist ein Bild, das mir gleicht.“

      „Gewiss, gewiss“, beeilte sich Lucifer zu versichern, „eine Ähnlichkeit ist durchaus vorhanden. Aber er trägt keinen Bart.“

      „Der wird ihm schon noch wachsen“, brummte der Schöpfer. „Sonst fällt dir nichts auf?“

      Lucifer dachte nach. „Er bewegt sich nicht“, konstatierte er.

      Die Stimme des Herren klang eine Spur ungeduldiger: „Natürlich, ich habe ihn ja gerade erst hergestellt, er befindet sich noch in der Narkose.“

      „In was befindet er sich?“, fragte Lucifer erstaunt.

      „Ja, ja, schon gut“, der Herr winkte ab, „das kannst du nicht wissen. Es handelt sich um eine Betäubung, eine Art künstliche Bewusstlosigkeit.“

      „Sehr interessant“, bemerkte Lucifer, „und wie hast du das angestellt?“

      Der Herr wurde ungehalten. „Das, mein Lieber, bleibt mein Geheimnis, es ist auch nicht so wichtig. Entscheidend ist allein, was er kann, und was ich mit ihm vorhabe.“

      „Und was wäre das, oh Herr?“, fragte der Erzengel artig, während seine Gedanken noch um den künstlichen Tiefschlaf und die damit verbundenen Möglichkeiten kreisten.

      Jetzt war der Allvater in seinem Element. „Er wird sehen, hören und reden können. Außerdem“, er machte eine künstliche Pause, um die Wirkung der nun folgenden Worte zu unterstreichen, „außerdem, und das wird ihn auszeichnen, ist ihm die Gabe des Denkens verliehen.“

      Lucifer, der Engel des Lichts, schwieg. „Es hat ihm glatt die Sprache verschlagen“, mutmaßte der Allwissende und wie, um noch eins drauf zu setzen, fügte er hinzu. „Ich werde ihm die Erde untertan machen und gebe das Paradies in seine Obhut.“

      Der Erzengel reagierte. „Endlich jemand, der den Garten in Ordnung hält“, bemerkte er trocken und ein Anflug von Ironie war unüberhörbar.

      „Na, und?“, Gott, der Herr, war gekränkt. „Was ist so verkehrt daran? Es sieht ohnehin alles etwas verwildert aus. Er wird den Rasen mähen, die Büsche schneiden, die Bäume stutzen, na, ja, was eben so anfällt.“

      „Und er könnte auch das Obst ernten“, ergänzte Lucifer, scheinbar arglos. „Vor allem die Äpfel müssten dringend gepflückt werden.“

      „Nichts da“, donnerte der Herrgott, „diese Früchte sind und bleiben verboten. Wenn er vom Baum der Erkenntnis nascht, wird er gefeuert.“

      Der Erzengel hob besänftigend die Hände. „Verzeih, oh Herr, die Sache mit den Äpfeln hatte ich vergessen.“ Er überlegte einen Moment. „Glaubst du nicht“, fragte er dann, „dass er sich vielleicht einsam fühlen könnte? So ganz allein. Er ist schließlich der einzige seiner Sorte.“

      „Mhm“, der Herr strich nachdenklich über seinen Bart. „Da ist was dran, aber warten wir's ab. Vielleicht, wenn er sich bewährt, mache ich noch ein zweites Exemplar.“

      Lucifer's Wissensdurst war noch nicht gestillt. „Sage mir bitte noch eines, mein Schöpfer“, und dabei strich er liebevoll über seine prächtigen weißen Flügel. „Kann er auch fliegen?“

      „Unsinn“, Gott, der Herr, wurde barsch. „Blanker Unsinn. Er ist ein Mensch und kein Vogel. Wenn ich gewollt hätte, dass er fliegt, dann hätte ich ihn entsprechend ausgestattet. Er wird dir also keine Konkurrenz sein.“

      Dann drehte er sich abrupt um. „Und nun geh mir aus den Augen.“ Plötzlich wirkte er müde. „Ich muss mich ausruhen. Es war doch wohl alles ein bisschen viel in diesen Tagen.“

      „Nichts für ungut“, Lucifer neigte demütig sein Haupt. „Ich habe dich nicht erzürnen wollen.“ Aber Gott hörte ihm schon nicht mehr zu.

      „Der Alte Herr wird auch immer seltsamer“, dachte Lucifer bei sich. „Krone der Schöpfung, das ich nicht lache. Was kann schon ordentliches dabei herauskommen, wenn man samstags Überstunden macht? Obwohl“, er startete mit einem Affenzahn, der Begriff ‚Höllentempo‘ war noch nicht Sprachgebrauch, „die Idee mit dem Menschen ist so schlecht nicht. Man muss ihn unbedingt im Auge behalten.“

      „Ein respektloser Kerl dieser Lucifer“, dachte Gottvater bei sich. „Nicht unintelligent, einige seiner Anregungen sind durchaus brauchbar. Trotzdem, er wird immer aufsässiger und leider ist er eine Spur zu eitel. Man muss ihn unbedingt im Auge behalten.“

      VORSICHT, ANFÄNGER!

      Aller Anfang ist schwer – deshalb fangen viele erst gar nicht an.

      Unbekannter Neo-Realist

      Der erfolgreiche Schriftsteller - oder: Wie finde ich eine Lobby?

       Die erfolgreichste Schrift aller Zeiten ist die Bibel. Allerdings hatten die Verfasser den unbestreitbaren Vorteil, dass ihnen der himmlische Vater selbst die Feder führte. Welchen Autoren der Gegenwart wird dieses Privileg schon zuteil?

      Hieße ich Bernhard Shaw, Kurt Tucholsky, Ephraim Kishon oder Helmut Seehofer, ich dürfte sicher sein, dass dieser kleine Band Beachtung fände. Wohlgemerkt, es ist kein Neid, der aus mir spricht, zumal ich die erwähnten Herren – gleich ob lebend oder bereits verblichen – ob ihrer satirischen Meisterleistungen außerordentlich schätze.

      Aber als literarischer Frischling, und der bin ich nun einmal, braucht man zunächst die richtige Lobby. Das sind einerseits die Verleger, natürlich auch die Kritiker, und da ist andererseits die geneigte Leserschaft, die das Ganze letztlich auch finanziert – oder auch nicht.

      Frage 1: Wie kommt man an einen Verleger und, so man ihn findet, wie bringt man ihn dazu, das zu tun, was sein Beruf ist, nämlich zu verlegen? Wobei ich zu meinen Gunsten annehme, dass dieser Ausdruck nicht wortwörtlich zu verstehen ist.

      Frage 2: Wie erreicht der Verlag (und damit dieses Büchlein) die Leser (also Sie)?

      Frage 3: Wie überzeugt man die Kritiker (oder muss man das überhaupt)?

      Frage 4: Was und wie muss man schreiben, damit man Interesse in der Lesergemeinde findet?

      Zur ersten Frage (Wie kommt man an einen Verleger?) kann ich sehr konkret antworten. Das Manuskript wird – auszugsweise – an verschiedene Verlage geschickt. Und dann? Abwarten!

      Man muss natürlich realistisch sein und Geduld aufbringen. Außer mir gibt es noch genügend Verrückte, die ihre gestammelten Werke einsenden, in der Hoffnung oder gar in dem festen Glauben, dass sie irgendwer veröffentlichen wird. Mir tun jedenfalls die Lektoren leid, deren ermüdende Aufgabe darin besteht, tagein tagaus die untaugliche Spreu vom mehr oder weniger literarischen Weizen zu trennen. Doch sollten sie, lieber Leser, diese Zeilen jemals erblicken, dann dürfen sie gewiss sein, dass sie (die Zeilen meine ich) nicht durch das Sieb gefallen sind.

      Es wäre allerdings auch denkbar, dass der Lektor total überarbeitet oder Legastheniker ist oder dass er einen Sehfehler hat.

      Die zweite Frage (Wie erreicht der Verlag die Leser?) interessiert mich zum Zeitpunkt des Schreibens nur peripher, weil ich keine Vorstellung davon habe, wie ein Verlag das überhaupt bewerkstelligt. Ich gehe in meiner Einfalt davon aus, dass ein Verleger schon wissen wird, wie man Bücher zu vermarkten hat, seien sie nun von hohem Anspruch oder von mir.

      Zur dritten Frage (Wie überzeugt man die Kritiker) nur eine kurze Anmerkung: Kritiker sind nicht wichtig, aber sie können nützlich sein. Ideal wäre es, wenn