Heike Möller

Vampire in den Highlands


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einem Reich voller magischer Geschöpfe hin und her. <

      Verblüfft starrte Rowena auf das Buch, suchte den Namen des Autors. >Thorben Wieland. Kenne ich nicht. <

      „Ich war damals genauso überrascht, als ich das Buch entdeckt habe.“

      Rowena starrte Tobias mit offenem Mund an. „Wie kann das sein?“

      Tobias machte eine einladende Geste auf die Sofalandschaft und reichte Rowena ein Glas mit einer dickflüssigen, dunkelroten Flüssigkeit. Er selbst hatte ebenfalls ein Glas mit Blut in der Hand. „AB Negativ. Deine Lieblingssorte.“

      Rowenas Augen gingen auf Halbmast. „Du bist ein Schatz, Tobi.“

      Sie stellte das Buch wieder in das Regal, nahm ihm das Glas ab und setzte sich auf das Sofa. Dabei schlug sie die Beine unter, lümmelte sich in die weichen Kissen.

      „Ich habe diesen Thorben Wieland mal besucht. Er hat keine Erinnerung mehr an mich, aber ich musste wissen, warum er etwas über Vilgard weiß.“

      „Und?“ Rowena nippte an dem kühlen Lebenssaft.

      „Er hat ein Cottage in der Nähe von Flensburg. Schon in vierter oder fünfter Generation Das Cottage ist um ein Tor herum gebaut worden. Von Generation zu Generation wird das Geheimnis bewahrt und weitergegeben. Wieland war schon öfter in Vilgard, schreibt seine Erlebnisse stark ausgeschmückt als Romane nieder und verkauft sie sehr erfolgreich. Ein Hoch auf die Fantasy-Leseratten der Welt!“

      Rowena zog ihre Brauen hoch. „Hoffentlich nimmt niemand diese Geschichten für bare Münze.“

      „Ja. Hoffentlich. Inzwischen ist er verstorben und seine Tochter hat wohl sein Erbe angetreten. Soviel ich weiß kennen Jan und Adolar diese Tochter. Und Addis Frau. Aber du bist nicht deswegen hier, nicht wahr?“ Tobias sah sie durchdringend über sein Glas hinweg an.

      Rowena seufzte, nahm noch einen Schluck und sah Tobias unsicher an. „Hat Tris sich bei dir gemeldet?“

      Verblüfft sah der junge Vampir die Frau an. „Das letzte Mal vor etwa einer Woche. Wieso?“

      „Wir … hatten gestern einen furchtbaren Streit. So schlimm, wie noch nie in den letzten 600 Jahren. Er ist dann gegangen. Ich habe gehofft, er meldet sich bei dir.“

      Sie rieb sich fahrig über die Stirn. An der Geste erkannte Tobias, dass die Situation richtig ernst war. „Erzähl mir alles, Rona. Von Anfang an.“

      Rowena begann langsam und zögernd zu berichten, was sich zugetragen hatte. Sie ließ nichts aus, auch nicht, dass sie Tristan gestand ihm untreu gewesen zu sein.

      „Das Ding ist einfach, dass ich es bisher nicht als Untreue empfunden habe, Tobi. Ich meine, ich liebe Tristan wirklich, auch heute noch. Es war doch nur Sex. Sex, der meine Spender locker machen sollte. Und er war immer einvernehmlich. Und ich dachte, dass er, wenn er auf dem Schlachtfeld war, sich ebenfalls vergnügte.“

      Tobias ließ ein ungläubiges Schnauben hören. „Ihr habt nie darüber gesprochen, was der eine ohne den anderen gemacht hatte? Niemals?“

      „Nein.“ Rowena ertappte sich dabei, dass sie kleinlaut klang. Das ärgerte sie etwas.

      „Wow. Heutzutage findet das glatte Gegenteil statt.“

      Irritiert sah sie in das grinsende Gesicht des Mannes. „Wie meinst du das?“

      „Na ja, heute wird doch alles zerredet. Jedes Staubkorn wird ausdiskutiert. Das heißt nicht, dass ich euer Schweigen gutheiße. Das ist schon extrem, wie ihr beide euch verhalten habt. Und die Betonung liegt auf beide!“

      „Du … verurteilst mich nicht?“, fragte sie vorsichtig.

      „Gott bewahre!“ Tobias stellte sein leeres Glas auf dem Tisch. Er löste seinen Zopf und wuschelte kurz die verschwitzen Haare durch. „Rona, Tristan ist mein ältester und bester Freund. Er war der erste Vampir, der mir nach meiner Wandlung begegnet ist. Wir haben festgestellt, dass wir über einige Ecken tatsächlich miteinander verwandt sind. Er ist mir wichtig.

      Und du bist mir auch wichtig. Ich habe mich dir gegenüber geöffnet, wie niemand anderem gegenüber. Du weißt Dinge, die nicht einmal Tristan weiß. Das liegt vielleicht auch an unserer gemeinsamen, wenn auch zeitlich getrennten Erfahrung in Vilgard. Du verurteilst mich auch nicht, nach allem, was ich getan habe. Und im Vergleich zu dem, was ich getan habe, ist euer Vergehen eher … missverständlich, nicht tödlich.“

      Rowena musste kurz auflachen. „Du hast manchmal eine merkwürdige Sicht der Dinge, Tobi.“

      Er grinste breit. „Danke.“

      Rowena trank ihr Glas auch aus, stellte es neben das Glas von Tobias. „Kannst du in nächster Zeit bitte ein Auge auf Tris haben? Ich muss dringend nach Schottland und ich möchte nicht, dass er Trübsal bläst oder so.“

      „Meinst du nicht, ihr solltet das Ganze klären?“

      Sie druckste ein wenig herum. „Schon, aber nicht jetzt. Es ist noch zu früh, er ist noch sehr verletzt.“

      „Ja. Tristan ist ein sehr stolzer Mann. Sehr ehrenhaft. Ein wahrer Ritter des Mittelalters.“

      Rowena lachte kurz auf, dann fiel ihr etwas ein. „Sag mal, ihr beide seid doch seit etwa 150 Jahren fast immer zusammen gewesen, nicht wahr?“

      „Ja. Vielleicht mal drei oder vier Jahre nicht. Warum?“

      „Hat er jemals …?“ Sie schluckte, wusste nicht so Recht, wie sie es formulieren sollte. „Hat Tristan in der Zeit jemals mit einer anderen Frau geschlafen?“

      Tobias sah der Frau überrascht ins Gesicht. Dann holte er sich seine Begegnung mit Tristan Kadian ins Gedächtnis, ging ihren gemeinsamen Weg der letzten 150 Jahre durch. Verblüfft fiel ihm die Kinnlade hinunter. „Nein! Obwohl ich immer gedacht hatte, er hätte. Ich habe nur am Anfang gesehen, wie er Frauen zwar becirct hatte, sich dann aber lediglich von ihnen nährte. Geschlafen hat er mit keiner von denen.“

      „Verdammt.“ Sie rieb sich wieder über die Stirn. „Er liebt mich wirklich immer noch so intensiv.“

      Er streichelte sanft über ihren Rücken. „Mach’ dir keine Vorwürfe. Irgendwann wird er auch über dich hinwegkommen. Und du über ihn. Und dann werdet ihr Freunde und lacht über den gestrigen Tag.“

      Rowena sah in die ihr so vertrauten grünbraunen Augen und seufzte. Dann kuschelte sie sich in die Arme des Freundes und genoss einen Moment der Stille.

      „Wie lange wirst du in Schottland bleiben?“

      „Hhm. Das hängt davon ab, ob ich den Wilden finde und in welchem Zustand er ist.“

      Tobias zuckte zusammen. „Den Wilden? Verstehe ich das richtig?“

      Rowena rückte ein wenig von ihm ab und sah ihm fest in die Augen. „Tobi, was ich dir jetzt erzähle, weiß wirklich niemand. Nicht einmal Tristan. Kein einziger Vampir auf dieser Welt weiß davon. Kann ich auf deine Verschwiegenheit zählen?“

      Die Ernsthaftigkeit, mit der Rowena zu ihm sprach, verursachte bei Tobias eine leichte Gänsehaut. „Selbstverständlich, Rowena. Du hast mein Wort.“

      Das reichte ihr. Sie wusste, dass Tobias verschwiegen war und ein sehr verlässlicher Freund.

      „Das wird eine lange Geschichte, Tobias. Du siehst eigentlich ziemlich müde und abgespannt aus, also wenn …“

      „Nein, Rona. Alles ist in Ordnung. Mach´ dir mal um mich keine Sorgen.“

      Rowena setzte sich in den Schneidersitz und nahm eines der Sofakissen, legte es auf ihre Knie und stützte sich leicht darauf.

      „Ich bin im Jahr 63 vor Christi geboren. Im heutigen Schottland. Als Angehörige eines Piktenstammes. Die Pikten waren zu dieser Zeit ein Volk mit mehreren Gemeinschaften, aber ohne eine zentrale Macht, wenn du so willst. Mein Stamm lebte am Loch Oich. Damals hieß der See noch anders, aber die Topografie hat sich nicht sehr verändert.

      Wie