darf man dem deutschen Michel natürlich nicht sagen – es ist ja Wahljahr! Und da soll bloß niemand merken, dass auch das „Geschäftsmodell” dieser Regierung überholt ist.
Banken sollen bluten (deutsche nicht)
14. März 2013 - Zypern wird doch noch zum Modell
Die Strategie zur Stützung des Euro wird geändert: Künftig sollen nicht mehr Steuerzahler, sondern die Anleger bluten, wenn Banken wackeln. Das klingt gut, hat aber einen Haken: Berlin bremst gleichzeitig bei der Bankenunion, ohne die die neue Strategie keinen Sinn macht. Werden deutsche Anleger bewusst begünstigt?
Es war ja schon lange klar, dass an Zypern ein Exempel statuiert wird. Weniger klar war, was das Ziel dieses Exempels sein sollte. Nach dem Treffen der Finanzminister in Dublin wissen wir mehr.
Auf Zypern wurde ein neues „Rettungs”-modell getestet: Statt wie bisher die Banken und ihre Gläubiger zu stützen, sollen diese künftig zur Kasse gebeten werden. Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM soll es nur noch im Notfall geben.
Das klingt gut, läuft aber – wie Zypern zeigt – auf die Abwicklung missliebiger Banken und den Ausverkauf nicht folgsamer Staaten hinaus. Die Geberländer wollen so wenig wie möglich zahlen und bürden unerwünschte Lasten anderen auf.
So wurden die knapp 6 Mrd. Euro, die die Zypern-„Rettung” zusätzlich kostet, kurzerhand den Zyprern überlassen – dabei musste die Eurogruppe um diese „unerwartete” Preissteigerung wissen.
Es gibt sogar Hinweise darauf, dass die Geberländer auf Zypern mit der Hilfe absichtlich so lange gewartet haben, bis sie ihre eigenen Schäfchen – z.B. deutsche Investitionen – klammheimlich ins Trockene gebracht haben.
Vor allem deutsche und französische Banken hatten offenbar genug Zeit und geheime Insider-Informationen, um ihre Pfründe auf Zypern zu sichern, wie ein hochinteressanter Beitrag auf „Cashkurs” nahelegt.
Doch Zypern war wohl nur der Anfang. Denn parallel zum brüsken Kurswechsel bei der Bankenstützung verschärft Finanzminister Schäuble seinen Widerstand gegen die geplante Bankenunion – deutsche Banken sollen nicht bluten.
Schon bisher sperrte sich Schäuble gegen eine direkte Rekapitalisierung von Banken aus dem ESM, wie sie vor allem Irland und Spanien fordern. Nun sträubt er sich auch gegen einen gemeinsamen Notfonds zur Abwicklung von maroden Instituten.
Die rechtliche Basis sei zu dünn, sagte Schäuble in Dublin. Dabei hatte Berlin auf französischen Druck erst im Dezember grünes Licht für die Bankenunion und ihre Elemente gegeben – wozu auch ein Abwicklungsmechanismus zählt.
In der Praxis läuft der deutsche Widerstand darauf hinaus, dass ab sofort nur die Gläubiger von Banken in Krisenländern bluten sollen, nicht aber jene in Geberländern wie Deutschland. Solidarität? Fehlanzeige.
Setzt sich Schäuble durch, dürfte dies die Kapitalflucht aus dem Süden gen Norden weiter anheizen. Für Spanien gäbe es dann kaum noch Hoffnung, auch in Italien könnte sich die Krise verschärfen.
Nachruf auf die Bankenunion
11. Juli 2013 - Berlin blockiert gemeinsame Abwicklung
Die vor einem Jahr beschlossene Bankenunion ist klinisch tot. Die Bundesregierung hat den zweiten wichtigen Pfeiler, ein gemeinsames Abwicklungs-Regime, brüsk zurückgewiesen. Deutsche Sparer sollen nicht für spanische Banken haften, heißt es - umso großzügiger geht Berlin mit den eigenen Finanzjongleuren um.
Vorsicht, dieser Beitrag könnte Ihre Nerven strapazieren. Ich stelle mich jetzt gleich gegen 99 Prozent der braven deutschen Sparer, die wie die schwäbische Hausfrau ihre Geld zur Sparkasse tragen und Schulden mit Schuld verwechseln.
Es geht, schon wieder, um die Bankenkrise. Mein erster Punkt: die Bankenkrise, nicht die so genannte Staatsschuldenkrise, hat die Eurozone ins Trudeln gebracht. Irland, Spanien, Zypern - immer sind es die Banken, die die Krise auslösen.
An zu hoher Neuverschuldung ist eigentlich nur Griechenland gescheitert, an Wettbewerbsschwäche nur Portugal. Die Therapie der „Euroretter” - eisern sparen und Strukturreformen machen - ist also verfehlt, wenigstens weitgehend.
Mein zweiter Punkt: die Bankenunion, so wie sie vor einem Jahr geplant war, kam schon spät, aber damals hätte sie noch helfen können. Wenn man gewollt hätte, hätte man damit Italien und Zypern stabilisieren können. Doch Berlin wollte nicht.
Mein dritter Punkt: Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble torpedieren alles, was zu einem gemeinsamen europäischen Bankenmarkt und damit zu einer gemeinsamen Bankenhaftung führen könnte.
Kein Geld aus dem Rettungsfonds ESM (und wenn, dann nur ganz am Ende und mit Staatshaftung), keine gemeinsame Einlagensicherung, kein zentrales Abwicklungsregime - das ist die deutsche Position.
Dabei agieren die Banken längst transnational. Merkel und Schäuble nähren die Illusion eines nationalen Bankwesens, dabei ist die Deutsche noch weniger deutsch als, sagen wir, ein Hamburger.
So, und jetzt kommt's: Diesem bizarren, wohl vor allem dem Wahlkampf geschuldeten Finanz-Nationalismus steht ein noch bizarrerer Banken-Sozialismus gegenüber. Und zwar gleich in zweifacher Hinsicht.
Als es um die Fehlspekulationen deutscher Banken in Griechenland, Irland, Portugal und Spanien ging, zögerten Merkel und Schäuble nicht, unsere Bankster mit Hilfskrediten rauszuhauen - erster Fall von Banken-Sozialismus.
Und als es um die Hütchenspiele von Commerzbank, Hypo-Real Estate & Co ging, floss auch reichlich Steuergeld, sogar noch viel mehr als für europäische Pleite-Banken. Zweiter Fall von Banken-Sozialismus.
Belege? Der deutsche Bankenrettungsfonds Soffin für deutsche Institute wie die Commerzbank hat ein Volumen von 480 Mrd. Euro. Bis Ende 2012 machte er insgesamt 23 Mrd. Euro Verlust.
Demgegenüber hat der europäische Rettungsfonds ESM ein Volumen von 700 Mrd. Euro. Die deutsche Haftung ist auf 190 Mrd. Euro begrenzt, einen Verlust hat Berlin noch nicht gemacht.
Kurz: wenn es um deutsche Banken geht, dann sind wir Sozialisten. Dann zahlen wir ohne zu murren. Wenn es aber um die - eng mit den deutschen verflochtenen - europäischen Banken geht, sind wir plötzlich Nationalisten...
Wem helfen unsere Milliarden?
9. August 2013 - Schäuble nennt Zahlen
Deutschland hat den Krisenländern bereits 86 Mrd. Euro gezahlt. So meldet es die „FAZ" mit Verweis auf neue Zahlen aus Berlin. Doch die „Hilfen" sind Kredite, also verzinst rückzahlbar, und die Empfänger sind keineswegs die Menschen in Griechenland, Portugal und Co. Wem haben wir eigentlich „geholfen"?
Cui Bono? Wem nützt das? Das ist die erste Frage, die man sich angesichts der neuen Zahlen aus dem BMF stellen sollte. Denn Schäubles Leute schweigen sich dazu aus. Auf der Website erfahren wir zwar, dass der „deutsche Gewährleistungsrahmen" die stolze Summe von 211 Mrd. Euro ausmacht, und dass schon 86 Mrd. Euro an die „Programmländer" geflossen sind.
Doch wie viel davon ging auf Sperrkonten, auf die die Regierungen in Athen, Lissabon oder Dublin keinen Zugriff haben? Wie viel wurde für den Schuldendienst bereitgestellt - und wer wurde daraus bezahlt? Wie viel ging direkt an deutsche Banken und an den Bund zurück? Wie hoch sind die Zinseinnahmen aus den Hilfskrediten? Und wie viel kommt wirklich den Menschen in den Krisenländern zugute?
Darüber schweigt Finanzminister Schäuble. Leider fragt auch niemand nach, nicht einmal im Bundestag. Dabei lässt sich der Nutzen der „Hilfe" nur dann bewerten, wenn man weiß, wo sie eigentlich ankommt. Nach allem, was man weiß, fließen mindestens zwei Drittel der Gelder über den Schuldendienst sofort in die Geberländer zurück, also auch nach Deutschland. Den größten Batzen kassieren die Banken.
Wir retten die Falschen - nämlich die Finanzinstitute des Nordens. Das ist seit langem klar. Nun lässt sich auch noch sagen, was diese