Otto Zacharias

Das Süßwasserplankton


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lakustrischen Tierwelt seines Vaterlandes gefördert hat, und neuerdings war es seine begabte Schülerin Rina Monti, welche im Sinne ihres berühmten Lehrers die süßwasserbiologischen Untersuchungen auf italienischem Gebiet fortsetzte.

      Was Deutschland anbetrifft, so darf ich mich selbst zu denjenigen zählen, welche sich berufsmäßig und während vieler Jahre mit biologischen Studien an Teichen und Seebecken beschäftigt haben. Ich begann damit 1884 im Riesen- und Isergebirge, wo ich die dortigen Moorgewässer und Hochseen untersuchte. Später begab ich mich an die Salzseen bei Eisleben und die Kraterseen (Maare) der Eifel. Ferner erforschte ich zahlreiche Gewässer des baltischen Landrückens, sowie neuerdings (1904/5) einige große Seebecken in Ober- und Mittelitalien, sowie verschiedene Sümpfe auf der Insel Sizilien und in der Umgebung von Tunis. Im Jahre 1890 begründete ich am Ufer des Großen Plöner Sees eine besondere Anstalt für Süßwasserbiologie, welche bis zur Stunde unausgesetzt in Betrieb geblieben ist. Um die gleiche Zeit etwa richtete der österreichische Zoolog Prof. Anton Fritsch (Prag) eine transportable kleine Station ein, die es ihm ermöglichte, längerwährende biologische Untersuchungen an verschiedenen böhmischen Teichen anzustellen.

      In der Folge fand das von mir gegebene Beispiel auch in weiteren wissenschaftlichen Kreisen lebhaften Anklang, und es wurden an vielen Orten, bzw. in außerdeutschen Ländern, gleichfalls stabile Forschungsinstitute errichtet. So z.B. als eines der ersten die biologische Versuchsanstalt zu Ewois in Finnland, welche mit der dortigen Forstakademie verbunden ist. Dann erfolgte die Begründung von 8 biologischen Stationen in Rußland; etwas später eröffnete man ein Forschungsinstitut verwandten Charakters zu Besse in Frankreich, während Nordamerika seinerseits gleich mit einem Dutzend Süßwasserstationen, die in verschiedenen Seengegenden errichtet wurden, hervortrat. Italien blieb auch nicht zurück, und es besitzt jetzt zwei derartige Anstalten zu Rom und in Mailand. Hierauf schloß sich England dem gegebenen Beispiele an, und ein reicher Privatmann etablierte dort die Station in den Norfolk-Broads. Neuerdings ist es auch in Österreich zur Schöpfung von biologischen Laboratorien gekommen; das eine befindet sich im Prater zu Wien, das andere zu Lunz-Seehof in Niederösterreich. Einmal schien es so, als ob sich auch Spanien an diesem Fortschritte auf wissenschaftlichem Gebiete beteiligen wollte. Vor einigen Jahren war wenigstens die Rede davon, daß an der atlantischen Küste von Marokko die Begründung einer Anstalt zur Vornahme von marinen und lakustrischen Untersuchungen in Aussicht genommen sei.

      In der obigen Aufzählung wird man die Schweiz vermissen. Hier ist tatsächlich noch keine spezielle Anstalt für biologische Seenkunde vorhanden. Aber trotzdem werden lakustrische Forschungen dort mit größtem Eifer betrieben, wie schon die Existenz einer besonderen limnologischen Kommission beweist, welche sich die allseitige Exploration der heimatlichen Seenbecken angelegen sein läßt. So hat z.B. bereits eine eingehende Untersuchung des Vierwaldstätter Sees stattgefunden, an der sich eine Anzahl hervorragender schweizerischer Forscher im patriotisch-wissenschaftlichen Interesse beteiligt hat. Präsident jener Kommission ist der durch seine klassische Untersuchung der Rhätikonseen bekannte Zoolog F. Zschokke (Basel), und um die Erforschung der lakustrischen Pflanzenwelt in den schweizerischen Seenbecken hat sich namentlich der Botaniker C. Schröter (Zürich) hervorragende Verdienste erworben.

      So ist binnen zwei Dezennien aus einem kleinen Samenkorn ein mächtiger Baum erwachsen, an dessen Wurzeln niemand mehr rütteln kann. Als die zu Plön begründete erste Süßwasserstation in Tätigkeit getreten war, gab es freilich auch zahlreiche Fachleute, welche der Ansicht huldigten, daß sich das Material für die geplanten Untersuchungen sehr bald erschöpfen werde. Es bestand überhaupt damals noch sehr allgemein das Vorurteil, daß das Süßwasser viel zu arm hinsichtlich seiner Flora und Fauna sei, um für fortgesetzte Studien immer neuen Stoff zu liefern. Diese Befürchtung hat sich aber nicht im entferntesten bestätigt, sondern es stellte sich im Fortgange der hydrobiologischen Untersuchungen vielmehr das gerade Gegenteil heraus, nämlich eine Überfülle von Fragen und Problemen, die sich an die Organismenwelt unserer Binnengewässer knüpfen und dieselbe zu einem nicht minder interessanten Gegenstande der Forschung machen, wie es die marine Tier- und Pflanzenwelt notorisch schon seit Jahrhunderten für den Biologen gewesen ist.

      Schließlich ist noch zu erwähnen, daß sich in jüngstverflossener Zeit eine ganze Reihe von namhaften Zoologen und Botanikern der Erforschung des Lebens in den Binnengewässern gewidmet hat. Ohne den übrigen Arbeitern auf diesem Gebiete, welche hier ungenannt bleiben, ihr Verdienst schmälern zu wollen, seien hier hauptsächlich diejenigen hervorgehoben, welche sich als besonders energische Pioniere bei der Erschließung der neuen Forschungsdomäne des Süßwassers erwiesen haben. Es begegnen uns da die Namen von C. Apstein, V.Brehm, G. Burckhardt, E. v. Daday, O. Fuhrmann, A. Fritsch, I. Heuscher, W. Hartwig, B. Hofer, F. Könike, H. Klebahn, R. Kolkwitz, R. Lauterborn, E. Lemmermann, M. Marsson, F. Ruttner, A. Seligo, O. Schmeil, W. Schmidle, C. Schröter, Th. Stingelin, A. Steuer, S. Strodtmann, A. Thienemann, W. Va'vra, P. Vogler, M. Voigt, R. Volk, W. Weltner, R. Woltereck, E. Zederbauer, C. Zimmer, und F. Zschokke. Dazu kommen noch die amerikanischen Forscher A. Forbes, S. Jennings, A. Kofoid, B. Ward und E. Whipple, der Norweger H. Huitfeld-Kaas, der Däne I. Wesenberg-Lund, die Engländer I. Murray und I. Scourfield, die Italienerin Cesarina Monti und ihr Landsmann A. Garbini, der Franzose C. Bryant, der Belgier E. Rousseau und der Russe S. Skorikow.

      Auf Vollständigkeit macht diese Liste nicht im entferntesten Anspruch. Ein sehr umfangreiches Verzeichnis derjenigen Forscher und Schriftsteller, welche sich erfolgreich auf dem Gebiete der Süßwasserbiologie betätigt haben, findet der Leser in C. Lamperts bekanntem Buche über "das Leben der Binnengewässer" (II. Auflage 1909).

       III. Vom Plankton im allgemeinen und wie man es fängt resp. konserviert.

      Es ist- wie schon hervorgehoben- eine bunte Gesellschaft von mikroskopisch-kleinen aber vielfach auch schon mit bloßem Auge erkennbaren Wesen, welche in quantitativer Hinsicht den Hauptteil der in unseren stehenden Gewässern vorhandenen Lebewelt darstellen. Eine große Menge schwebender Pflanzenformen, die sich von den im Wasser gelösten mineralischen Substanzen ernähren, bilden hier mit zahlreichen tierischen Organismen zusammen eine Lebensgemeinschaft, innerhalb deren ein Verhältnis wechselseitiger Beziehungen besteht, so daß das Ganze einen Mikrokosmos bildet, in welchem sich Tiere und Pflanzen ebenso gegenseitig in ihren Lebensansprüchen fördern, wie dies in betreff der Landbewohner aus beiden Naturreichen bekanntermaßen auch der Fall ist. Die von den winzigen Schwebtieren ausgeatmete und vom Wasser aufgenommene Kohlensäure wird von den Pflanzenwesen des Planktons in derselben Weise assimiliert und zum Aufbau ihres zarten Körpers verwendet, wie dies von seiten der Landgewächse mit der im Luftmeere vorhandenen Kohlensäure geschieht, die sonst in ihrer Anhäufung jegliches Tierleben auf dem Festlande unmöglich machen würde. Viele planktonische Pflanzenformen (Algen) dienen den Vertretern der Schwebfauna auch direkt zur Nahrung, so daß die innigste Verkettung animalischen und vegetabilischen Lebens in der Naturökonomie der Seebecken zu konstatieren ist.

      Um sich Plankton zu Untersuchungszwecken aus einem Teiche oder See zu verschaffen, bedient man sich eines feinmaschigen Netzes aus Seidengaze, dessen Einrichtung aus Fig. 1 ersichtlich wird.

Grafik2

       Fig.1: Das Planktonnetz.

      Seiner wesentlichen Konstruktion nach besteht ein solches Netz aus einem konisch geformten Gazebeutel, dessen Öffnung von einem Eisenringe gebildet wird, und aus einem messingenen (becherartigen) Ansatze, der einen Abflußhahn besitzt. Diesen Seihapparat befestigt man (wenn es sich nur um die Erlangung von Oberflächen-Plankton handelt) mit einer 3 bis 4 m langen Leine am Hinterteile des Ruderbootes und läßt ihn während einer etwa 10 Minuten lang fortgesetzten Fahrt mit mäßiger Geschwindigkeit durchs Wasser gehen. Dann wird das Boot angehalten und das Netz über den Seespiegel gehoben; hierbei läuft sogleich alles mitgeschöpfte Wasser durch die Maschen der Gaze ab. Das Fangergebnis aber sammelt sich am Grunde des Netzbechers und kann von dort bei aufgedrehtem Hahne in ein Glasgefäß abfließen. Da der Ansatz am Boden kelchartig vertieft ist, so bleibt das aufgefischte Plankton stets in einer genügend großen Wassermenge zurück, um nicht die Form eines feuchten Breies anzunehmen, der als solcher die Abflußöffnung