Otto Zacharias

Das Süßwasserplankton


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es sich um sehr tiefe Seen, so empfiehlt es sich, das Netz vom Boote aus senkrecht bis nahe zum Grunde herabzulassen und mäßig schnell wieder heraufzuholen. Auf diese Art bekommt man ein Filtrat aus allen Wasserschichten und erhält einen vollständigeren Überblick hinsichtlich des zurzeit im See vorhandenen Plantons als durch die vorher geschilderte (horizontale) Fangweise. Will man mit Genauigkeit feststellen, welche Organismen in bestimmten Tiefenzonen zu einer gewissen Tages- oder Jahreszeit anwesend sind, so muß man sich eines Schließnetzes bedienen, dessen Mechanismus aus Fig. 2 leicht begreiflich wird.

Grafik3

       Fig. 2: Das Plöner Schließnetz (für Planktonfischerei).

      Dieser Fangapparat ist 20 kg schwer und daher nicht so leicht zu handhaben wie das einfache Planktonnetz, womit man, je nach Bedarf, horizontale oder vertikale Fänge im Umsehen ausführen kann. Das Schließnetz, welches die folgende Abbildung veranschaulicht, wird von einem langen Tau, welches über eine im Boote befestigte Knüppelwinde läuft, in die zu erforschende Tiefenregion herabgelassen und nun mittels eines Fallgewichtes geöffnet. Letzteres geschieht, indem durch das aufschlagende Bleigewicht die Feder gelöst wird, welche die Klappe vor die quadratische Öffnung des Eisenrahmens drückt, an dem der Gazebeutel hängt. Unsere Figur zeigt den Eingang des Netzes geöffnet. Vor dem Gebrauch muß derselbe natürlich wieder geschlossen werden. Beim Fischen mit diesem Netz ist stets ein Gehilfe erforderlich, der die Winde in Gang setzt. Ist nun die Maschinerie an ihrem Haltetau in die Tiefe hinabgesenkt, so wird sie mit dem Boote langsam durchs Wasser fortbewegt. Hat man so 10 bis 20 Minuten gefischt, so wird ein zweites (größeres) Gewicht von Ringform am Tau hinabgeschickt, und dieses bewirkt das Herabschlagen des ganzen Rahmens, der nun auf die Klappe fällt. Auf diese Art wird auf sehr einfachem Wege ein Verschluß hergestellt, der es völlig unmöglich macht, daß beim Heraufziehen des Netzes Wasser aus den oberen Wasserschichten in die Netzöffnung eindringt und das Fangresultat fälscht. In unserer Abbildung ist das Schließnetz mit seinem Vorderteil nach rechts gerichtet; links sieht man den Rahmen mit der herabgeschlagenen Klappe. Auf dem Tische (rechts) liegen die beiden Fallgewichte, mit denen das Schließen und Öffnen des Netzes in der Tiefe des Sees bewirkt wird.

      Die gewöhnlichen Netze, wie ein solches in Fig. 1 dargestellt ist, werden in sehr verschiedener Größe hergestellt, und für die meisten Zwecke der Planktonfischerei (wobei es hauptsächlich darauf ankommt, eine hinreichende Menge von Untersuchungs- oder Demonstrationsmaterial zu erhalten) genügt schon ein solches mit einem Gazebeutel von 60 cm Länge und einer Eingangsöffnung von 18 bis 20 cm Durchmesser. Ein gebrauchsfertiges kleines Netz dieser Art liefert der Präzisionsmechaniker A. Zwickert in Kiel (Dänische Straße 25) für 25 Mark. Planktonnetze von beträchtlichen Dimensionen sind entsprechend teurer; schon wegen des hohen Preises der dazu verwendeten Seidengaze. Schließnetze sind im Vergleich zu jenen noch bei weitem kostspieliger, und ein solches der oben beschriebenen Art (Fig. 2) wird von dem genannten Mechaniker nicht unter einem Preise von Mk. 200 hergestellt.

      Ich habe mir gestattet, diese Angaben beizufügen, weil es manchen wissenschaftlichen Interessenten erwünscht sein könnte, eine Bezugsquelle für sorgfältig konstruierte Fangapparate nachgewiesen zu erhalten. Ganz einfache und primitive Planktonnetze kann sich übrigens auch jedermann selbst herstellen, wenn der komplizierte Netzansatz durch ein Stück Messingrohr ersetzt wird, welches man während des Fischens mit einem Korkstöpsel verschließt. Durch Herausziehen des Stöpsels kann man das erbeutete Plankton natürlich ebenfalls leicht in ein untergehaltenes Sammelglas überführen.

      Besichtigt man gleich nach dem Fange das, was man mit dem feinen Netz aus dem anscheinend völlig klaren Wasser eines Teiches oder Seebeckens aufgefischt hat, so wird man über die Fülle tierischen und pflanzlichen Lebens erstaunen, welche sich schon dem unbewaffneten Auge darbietet. Nimmt man aber eine mäßig starke Lupe (z.B. ein sogenanntes Leseglas) zur Hilfe, so lassen sich die verschiedenen Gattungen und Arten noch weit besser erkennen. Wir sind dann bereits imstande, die Krebse von den Rädertieren und diese wieder von den Infusorien zu unterscheiden; ja der Fachmann, dessen Blick hochgradig geübt ist, vermag schon bei einer ganz schwachen Vergrößerung viele Spezies zu identifizieren und deren Häufigkeit in dem betreffenden Material festzustellen. Am deutlichsten sichtbar sind immer die planktonischen Krustazeen, weil viele derselben fast Millimetergröße besitzen und lebhafte Bewegungen mit ihren Ruderwerkzeugen ausführen. Namentlich auffällig machen sich die oft blau oder zinnoberrot gefärbten Vertreter der Gattung Diaptomus, welche mit Hilfe ihrer langen, muskelkräftigen Fühler blitzschnell in den engen Glasbehältern hin und her schießen.

      Zum Zwecke der mikroskopischen Demonstration konzentriert man das in Halblitergläsern aufbewahrte Material mittels eines Gazefilters, d.h. man entfernt auf diese Weise das überschüssige Wasser und erhält dann eine wimmelnde Masse, die man in kleinen Portionen auf einen Objektträger ausbreitet und mit einem Deckgläschen bedeckt, um die tierischen Wesen in ihren allzu ausgiebigen Bewegungen zu beschränken.

      Die Identifizierung und Bestimmung der einzelnen Formen kann in den meisten Fällen schon bei einer 50- bis 75 maligen Vergrößerung ausgeführt werden. Nur bei den Algen, wo es sich vielfach um die Feststellung minimaler Größenverhältnisse handelt, wird man häufig zu stärkeren Linsensystemen greifen müssen.

      Ist es untunlich, das aufgefischte Plankton an Ort und Stelle, d.h. in unmittelbarer Seenähe zu untersuchen, so empfiehlt es sich, dasselbe abzutöten und für die spätere Bearbeitung im Laboratorium zu konservieren. Für diesen Zweck habe ich folgende drei Methoden sehr probat gefunden:

      1. Die Behandlung mit Chromessigsäure. 100 Kubikzentimeter einer zweiprozentigen Chromsäurelösung (in Wasser) werden mit 8-10 Tropfen konzentrierter Essigsäure versetzt und mit diesem Gemisch wird der eingedickte Planktonfang in einer Glasschale übergossen.Nach 5-6 Stunden wird reichlich Wasser zugelassen und das Material auf einem Filter so lange ausgewaschen, bis alle freie Säure verschwunden ist. Dann überträgt man den ausreichend konservierten Fang in Alkohol von 70 %, wo er sich jahrelang vortrefflich hält.

      2. Anstatt der Chromessigsäure kann man auch eine gesättigte, wässerige Lösung von Quecksilberchlorid (Sublimat) verwenden. Man verfährt im übrigen auf die bereits geschilderte Art, hat aber im vorliegenden Falle auf gründliches Auswässern ganz besonders zu achten. Bei diesem Verfahren werden namentlich auch die pflanzlichen Wesen sehr gut konserviert. Die endgültige Aufbewahrung erfolgt auch hier in 70 % igem Alkohol, dem man tropfenweise so lange Jodtinktur zusetzt, bis die immer wieder verschwindende Gelbfärbung desselben ständig wird. Dann ersetzt man diesen jodierten Alkohol durch neuen von 80 oder 90 %.

      3. Starker Alkohol (von 90 oder 95 %) leistet gleichfalls gute Dienste bei der Konservierung des Planktons. Es genügt, wenn der auf dem Filter konzentrierte Fang mit derartigem Weingeiste übergossen und abgetötet wird. Nach Verlauf einer Stunde erneuert man den Alkohol, und zuletzt bleibt das Material in solchem von 80 % für den ferneren Gebrauch liegen.

      Diese drei Arten der Konservierung haben sich mir in einer langen Praxis ausgezeichnet bewährt. Bei der Anwendung von Sublimat bleiben besonders auch die Rädertiere und Infusorien gut erkennbar und hinsichtlich ihrer Körperform in leidlicher Verfassung. Kommt es (wie bei vergleichenden Planktonstudien) nicht so sehr darauf an, daß die anatomischen Einzelheiten der verschiedenen Spezies tadellos erhalten werden, als vielmehr auf die äußere Gestalt, und den allgemeinen Habitus der verschiedenen Wesen, welche deren Identifizierung ermöglicht, so genügt auch schon eine Konservierung mit Formalin, welches man tropfenweise zusetzt, bis der ganze, in einem Präparatengläschen enthaltene Fang den bekannten stechenden Geruch nach jener Flüssigkeit angenommen hat. Derartiges Material ist oft nach vielen Jahren noch brauchbar; zumal wenn man eine 10 % ige Formalinlösung anwendet, welcher auf etwa 100 Volumenteile mindestens 5 Teile Holzessig (Acid. pyrolignosum rectif.) beigemischt sind. Durch diesen Zusatz wird die konservierende Eigenschaft des Formalins in hohem Maße verstärkt, und als günstige Nebenwirkung macht sich das deutlichere Hervortreten bindegewebiger Strukturen und drüsiger Elemente bemerklich. Seiner bequemen Verwendbarkeit wegen kann das Formalin-Holzessiggemisch nur angelegentlich empfohlen werden.

      Es ist jedem, der sich mit Planktonstudien beschäftigt (auch dem Anfänger darin) anzuraten,