Otto Zacharias

Das Süßwasserplankton


Скачать книгу

Tage, resp. zu welcher Jahreszeit sie gemacht wurden. Derartige Angaben können für eine spätere wissenschaftliche Untersuchung von großem Nutzen sein, und man vermißt sie oft schmerzlich, wenn sie der betreffende Lieferant von Planktonproben beizufügen unterlassen hat.

      Zur Kritik der mit den gebräuchlichen Planktonnetzen gemachten Fänge sei noch bemerkt, daß selbst die feinsten Nummern der seidenen Müllergaze (18-20) die ganz kleinen Organismen durch die Maschen gehen lassen. Wenn es also bei einer bestimmten wissenschaftlichen Untersuchung darauf ankäme, sämtliche- auch die winzigsten- Planktonwesen, die in einem Gewässer vorhanden sind, zu ermitteln, so kann das nur dadurch geschehen, daß man eine gewisse Quantität Wasser (d.h. mindestens 1 Liter) portionsweise durch Seidentaffet filtriertoder daß man mit Hilfe der Zentrifuge aus jenem Wasserquantum sämtliches Plankton niederschlägt und auf solche Weise das erforderliche Untersuchungsmaterial erlangt. Mit diesen Methoden kann man also das Ergebnis der Netzfänge vervollständigen; aber der durch Zentrifugieren oder Filtrieren von Schöpfproben erhaltene Niederschlag läßt keinen sicheren Schluß auf den Planktongehalt einer zusammenhängenden Wassersäule zu. Ein naturgetreues Bild von der quantitativen und qualitativen Beschaffenheit des Planktons eines Teiches oder Sees kann daher immer nur durch Fänge mit dem Gazenetz gewonnen werden.

       IV. Die planktonischen Krustazeen.

      Es wurde schon eingangs dieser Schrift hervorgehoben, daß kleine Krebstiere einen Hauptbestandteil des Süßwasserplanktons bilden, und es hat sogar- wie wir gesehen haben- die Entdeckung dieser schwebenden Krusterfauna den ersten Anstoß dazu gegeben, daß sich namhafte Naturforscher in größerer Anzahl dem Studium der lakustrischen Tierwelt zuwandten. Nichts ist daher motivierter, als daß wir uns jetzt auch zuvörderst mit diesen niedlichen Gliedertieren beschäftigen und deren nähere Bekanntschaft zu machen suchen. Eine Anzahl von Abbildungen wird uns dabei gute Dienste leisten; denn es ist nicht möglich, dem Laien durch das Medium einer bloßen Beschreibung eine Vorstellung von der körperlichen Beschaffenheit und dem Aussehen dieser kleinen Geschöpfe, die der Volksmund schlankweg als "Wasserflöhe" bezeichnet, zu geben. Diese Benennung rührt offenbar daher, weil man wahrnahm, daß die kleinen Tierchen sich meist mit kurzen Sprüngen im Wasser fortbewegen und somit etwas Flohartiges in ihrer äußeren Erscheinung besitzen. Aber ihren wirklichen Verwandtschaftsverhältnissen nach gehören sie zur Krebsklasse und machen die niedrigste Abteilung derselben aus. Im lebenden Zustande (und mit der Lupe betrachtet) stellen sie äußerst zierliche, fast vollkommen wasserhelle, zarthäutige Geschöpfe dar.

      In den nachfolgenden Abbildungen soll dem Leser eine Vorstellung von den eigenartig gestalteten Tierchen gegeben werden, welche in erster Linie an der Zusammensetzung des Planktons teilnehmen und die relativ größten Komponenten desselben ausmachen.

Grafik4

       Fig. 3: Hyalodaphnia kahlbergensis.

      Da sehen wir nun in Fig. 3 eine ''Hyalodaphnia'' veranschaulicht, welche in Wirklichkeit ein recht winziges Wesen von der Länge eines Millimeters ist. Dabei ist dasselbe vollkommen wasserhell, und als das einzig Gefärbte an ihm erweist sich der grünlich oder gelblich durch seinen Leib hindurchschimmernde Darm (d). Bei A sehen wir das wie mit Perlen umsäumte Auge, bei R die sogenannten Riechfühler, und bei a treten die Konturen des Gehirnganglions hervor. In b sehen wir zwei kleine Ausstülpungen des Darmkanals, die als "Magenanhänge" bezeichnet werden. c ist das Herz, e der Eierstock, f die Schalendrüse (ein Ausscheidungsorgan), und bei g bemerken wir zwei krallenartige Fortsätze, die am Hinterleibsende sitzen und, wenn dieses bewegt wird, zwischen den beiden Schalenklappen, die den eigentlichen Körper des Tieres umschließen, sichtbar werden. v ist das Ende des schwertförmig zugespitzten Kopfes, der das Wasser wie ein Bootskiel durchschneidet, wenn die schmalleibige ''Hyalodaphnia'' sich innerhalb ihres Wohnelementes fortbewegt. Letzteres geschieht mit Hilfe der zweiästigen, langen Vordergliedmaßen (Ruder-Antennen), welche, wie unsere Figur zeigt, zu beiden Seiten des hinteren Kopfteils ihren Ansatzpunkt haben. Nach hinten zu endigt die Schale in einen langen, mit Dörnchen besetzten Stachel.

Grafik5

       Fig. 4: Daphnella brachyura.

      In Fig. 4 sehen wir den kurzschwänzigen Wasserfloh (''Daphnella brachyura''), der gleichfalls von glasartiger Durchsichtigkeit ist, so daß man auch bei ihm ohne weitere Präparation die ganze innere Organisation des Tierchens wahrzunehmen vermag. Wir erblicken das Auge (Au), das Gehirn (G), das Herz (H), den Eierstock (Ov) und den Darmkanal (D). Letzterer erstreckt sich nach vorn zu bis in die Nähe des Gehirns, wo die gebogene Speiseröhre in ihn einmündet. Die Mundöffnung ist auf unserer Abbildung nicht sichtbar; sie liegt auf der Bauchseite, dicht hinter den beiden gewaltigen und zierlich gefiederten Ruderarmen.

      Mit Hilfe dieser starken, muskelkräftigen Gliedmaßen bewegt sich dieser Planktonkrebs in großen Scharen durch das freie Wasser unserer Seebecken, und er wird mit jedem Netzzuge zu Hunderten gefangen, wenn wir die mittleren Wasserschichten in der oben geschilderten Weise (S. 9) befischen.

Grafik6

       Fig. 5: Bosmina longispina.

      Ein anderer Seenbewohner ist der Rüsselkrebs, der in zahlreichen Arten vorkommt. Die hier veranschaulichte Spezies (Fig. 5), Bosmina longispina, ist leicht erkenntlich an den beiden lang hinausspießenden Schalenstacheln. Im allgemeinen stimmt er in seinem Bau mit der vorher beschriebenen Form (''Daphnella'') überein. Nur trägt er (und auch die ihm verwandten Spezies) steife, rüsselförmige Fühlhörner vorn am Kopfe, die dem kleinen Wesen, wenn es von der Seite wie in unserer Abbildung, gesehen wird, das Aussehen eines Elefanten en miniature verleihen. Die Bedeutung der Buchstaben ist wegen der nahen Verwandtschaft beider Gattungen ganz dieselbe wie in Fig. 4. Zu erwähnen ist aber noch, daß alle diese niederen Krebse im Rückenteile einen Hohlraum (Br) besitzen, welcher zur Aufnahme der Eier (E) dient und worin die ausgeschlüpften Embryonen so lange verweilen, bis sie sich vollständig entwickelt haben.

Grafik7

       Fig. 6: Bosmina gibbera.

      Der in Fig. 6 dargestellte Rüsselkrebs (''Bosmina gibbera'') ist dadurch merkwürdig, daß bei ihm die steifen Vorderfühler außerordentlich lang sind und daß die Schale am Rücken höckerartig aufgetrieben ist, wodurch eine auffällige und groteske Körperform entsteht. Der großen Schalenhöhle entsprechend, ist auch der Brutraum bei dieser Art sehr geräumig und geeignet, eine beträchtliche Anzahl von Eiern aufzunehmen. Ich fand den Buckelkrebs recht zahlreich im Plankton westpreußischer Seen vor, wogegen er in den größeren Gewässern Holsteins, die in ihrer sonstigen Fauna mit jenen übereinstimmen, selten vorzukommen scheint. In Schweden, Norwegen und Finnland soll die nämliche Art von besonderer Häufigkeit sein.

Grafik8

       Fig. 7: Bosmina coregoni.

      In Fig. 7 ist ein anderer (ziemlich häufiger) Rüsselkrebs auf mikrophotographischem Wege veranschaulicht und sehr naturgetreu dargestellt. Es ist die in norddeutschen Seen überall vorkommende ''Bosmina corregoni''.

Grafik9

       Fig. 8: Leptodora hyalina.

      Fig. 8 veranschaulicht uns das größte der planktonischen Krebstiere, welches ein Riese unter seinesgleichen ist und in unseren deutschen Gewässern eine Länge von 10 bis 12 mm erreicht. Sein zoologischer Name ist ''Leptodora hyalina'', was ins deutsche übersetzt "durchsichtiges Dünnfell" heißen würde. 1844 wurde dieses prächtige Geschöpf von den Bremer Naturforschern Kindt und Focke in dem seichten Stadtgraben der alten Hansestadt entdeckt. Später stellte es sich heraus, daß ''Leptodora'' eine