Matthias Hell

Local Heroes - Zukunftsfähiger Einzelhandel durch Online-/Offline-Integration


Скачать книгу

bei mStore eine wichtige Rolle ein, die in dem Endkunden-Online-Shop aber nicht abgebildet wird.

      Bei der QR-Code-Technologie ging es für mStore daher weniger um eine Erweiterung des bestehenden Online-Geschäfts als darum, eine innovative, den On-/Offline-Gegensatz überwindende Lösung zu finden. Die Umsetzung erfolgte im Rahmen eines Pilotprojekts mit dem zu eBay gehörenden Zahlungsdienstleister PayPal: Um das QR-Shopping zu nutzen, müssen Kunden von mStore die PayPal QRShopping-App auf ihrem Smartphone installieren. Danach reicht das Scannen eines QR-Codes mit der Handy-Kamera, um sofort in einen vereinfachten Checkout-Prozess zu gelangen und die gewünschte Ware an die bei PayPal hinterlegte Adresse geliefert zu bekommen.

      Gestartet wurde das QR-Projekt Ende März 2012 in den Berliner mStore-Filialen in Spandau und Charlottenburg sowie in dem temporären Trendshop des Apple-Händlers in der Zukunftsfiliale Q110 der Deutschen Bank. Die QR-Codes wurden dabei auf Produktplakaten sowie speziellen Leucht-Stelen platziert, auf denen ein bunter Sortiments-Mix aus ständig lieferbaren Artikeln abgebildet war. Wie mStore-Chef Willmann erklärt, habe sich dabei schnell gezeigt, dass es sich bei der QR-Technologie um viel mehr handelt als lediglich um eine Spielerei ohne konkreten Nutzen. Gerade bei Produkten, die in einer Vielzahl von Varianten angeboten würden, spiele das QR-Shopping eine nützliche Rolle: „Ein gutes Beispiel ist eine Notebook-Tasche, die es in sieben Farben gibt. Der Kunde kann sich dann im Store eine Tasche anschauen und die gewünschte Farbvariante per QR-App nach Hause bestellen.“

      Auch über den reinen Filialverkauf hinaus erweitert die QR-Technologie die Einkaufsmöglichkeiten: „Für uns ist das QR-Shopping außerdem eine tolle Möglichkeit, um die Lücke zwischen unseren Ladenöffnungszeiten und dem Online-Store zu schließen“, erklärt Willmann. So ermöglichten es in den Schaufenstern oder an Werbeplakaten angebrachte QR-Codes den Kunden, auch außerhalb der stationären Öffnungszeiten mit ihren Mobiltelefonen vor Ort einzukaufen – ein Effekt, der mit einer klassischen Online-Shop-Lösung so nicht zu erzielen wäre. Und auch im Vergleich zu anderen Mobile-Lösungen biete das QR-Shopping deutliche Vorteile: Der Einkauf per Handy werde mit der PayPal-Technologie innerhalb einer einzigen App – und damit ohne Medienbruch – möglich.

      Der Pilotversuch in den Berliner Filialen hat mStore dazu ermutigt, das QR-Shopping auf sämtliche Niederlassungen auszudehnen. Und auch darüber hinaus baut der Apple-Händler die Zusammenarbeit mit PayPal weiter aus. So hat mStore die QR-Shopping-Lösung auch bereits an die Bedürfnisse seiner Geschäftskunden angepasst. Im Rahmen einer Hotel-Lösung kann das mobile Bezahlverfahren nun dazu eingesetzt werden, um Paid Content im Hotelzimmer abzurufen. Ebenso eignen sich die QR-Shopping-Aufsteller von mStore für den Einsatz auf Messen, um so den Produktverkauf vor Ort zu ermöglichen. Während reguläre Verkäufe auf Handelsmessen meist nicht gerne gesehen werden, hält mStore-Chef Willmann das QR-Shopping für eine elegante Ersatzlösung, um auf Wunsch von Messebesuchern trotzdem Transaktionen anbieten zu können.

      Neben diesen positiven Erkenntnissen zeigen die Erfahrungen von mStore aber auch, dass es sich bei den gepixelten QR-Codes in ihrer derzeitigen Form um eine Brückenlösung handelt. So berichtet Willman, dass die QR-Technologie in vielen Fällen noch erklärungsbedürftig sei: „Viele Kunden kennen QR-Codes bisher vor allem als Web-Links oder von Visitenkarten her, aber nicht in einem Shopping-Umfeld.“ Zudem müssten Kunden von mStore erst die entsprechende PayPal-App herunterladen, um das QR-Shopping nutzen zu können. Dennoch vertraut der mStore-Chef auf das hinter der QR-Thematik stehende Prinzip: „Die Technik ist viel mächtiger als ein paar Punkte. Künftig werden QR-Codes auch zum Beispiel in Bilder integriert werden können.“

      Zudem will Willman auch über die QRShopping-App hinaus die Kooperation mit PayPal fortsetzen. „Als nächsten Schritt wollen wir PayPal auch als Offline-Bezahlmittel an der Kasse anbieten“, kündigt der mStore-Geschäftsführer an. Dabei werde es sich um eine Smartphone-Lösung handeln, die das Shoppen gewissermaßen im Vorbeigehen ermögliche. „Unser Ziel ist es, den Bruch zwischen On- und Offline zu überwinden und so auch den Begriff Multichannel überflüssig zu machen.“

mStore_graustufen.jpg

      Quelle: mStore

      V-Markt

      Online-Bestellung erleichtert Supermarkt-Einkauf

      Der Lebensmittelbereich ist eines der wenigen Handelssegmente, in denen Online bisher noch kaum eine Rolle spielt. Dabei besitzt das Food-Segment vom Umsatzvolumen her für den E-Commerce eigentlich eine hohe Attraktivität. Doch ist die Lieferproblematik gerade bei verderblicher Ware bisher noch größtenteils ungelöst und auch das Thema Profitabilität stellt sich in dem Bereich schwierig dar. Das führt einerseits dazu, dass bis heute keine der großen Supermarktketten mit einem Lebensmittelangebot im Internet vertreten ist. Unterdessen eröffnen sich Chancen für kleinere und mittelständische Händler: Sie können mit überschaubar dimensionierten, regional ausgerichteten Online-Konzepten bei den Kunden punkten.

      Ein gutes Beispiel dafür ist der Drive-Markt, den die im südbayerischen Raum mit mehr als 30 Märkten vertretene Handelskette V-Markt Ende 2012 an ihrem Standort im Münchner Norden eröffnet hat. „Natürlich wissen auch wir als mittelständisches Unternehmen, dass es das Internet gibt, und deshalb haben wir uns Gedanken gemacht, in welcher Form wir am Online-Handel teilnehmen können“, berichtet Sylvester Greiter, der bei V-Markt als Projektleiter für den Drive-Markt verantwortlich zeichnet. Auf ein reines Non-Food-Sortiment, wie es einige Supermarktbetreiber im Internet anbieten, habe man sich nicht beschränken wollen. Testbestellungen bei einer Reihe von Online-Lebensmittelhändlern hätten aber auch gezeigt, dass für die Frische-Problematik nach wie vor keine zufriedenstellende Lösung vorhanden sei. „Da wir aus eigener Erfahrung wussten, dass es bei uns fast keine Einkäufe ohne Frischwaren gibt, haben wir uns für eine Idee entschieden, wie sie vor allem in Frankreich populär ist: im Internet bestellen und dann vor Ort abholen“, so Greiter.

      In dem auf einer selbst gestrickten Shop-Lösung basierenden Online-Shop unter Drive-Markt.de können Kunden aus einem Sortiment von mehr als 4.000 Artikeln auswählen. Dabei stehen Waren aus Bereichen wie Obst und Gemüse, Drogerie und Haustier, aber auch Tiefkühl- und Fleischprodukte zur Auswahl. Die Einkäufe können frühestens zwei Stunden nach der Bestellung an einem Mitnahmeschalter im Markt abgeholt werden. Darüber hinaus können Online-Bestellungen aber auch bis zu zwei Wochen im Voraus aufgegeben werden. Die bestellte Ware wird von den V-Markt-Mitarbeitern gepackt und bei Bedarf gekühlt. Zudem werden den Kunden absolute Frische und optimale Mindesthaltbarkeit zugesichert. Das Online-Angebot von Drive-Markt besteht ausschließlich aus Artikeln, bei denen eine ständige Verfügbarkeit im Markt garantiert ist. Sollte dennoch ein bestelltes Produkt einmal ausverkauft sein, wird den Kunden bei der Abholung ein Alternativartikel vorgeschlagen.

      Mit der Strategie, seinen Kunden die Online-Bestellung zu ermöglichen, anstelle eines Versandservices dabei aber nur die Option zur Selbstabholung zu bieten, setzt V-Markt auf den Kompromiss zwischen dem praktisch Machbaren und einem größtmöglichen Kundennutzen. Zwar bleibt das Angebot von Drive-Markt.de damit regional beschränkt und an die V-Markt-Filiale gebunden. Doch kann der mittelständische Händler – im Unterschied zu vielen überregionalen Ketten – damit immerhin mit einem E-Commerce-Angebot aufwarten und bietet dabei ein möglichst breites Sortiment an. „Die Industrie hat eigene Abteilungen für Forschung und Entwicklung. Wir nutzen unseren Drive-Markt, um Erfahrungen zu sammeln und den Anschluss nicht zu verlieren“, erklärt Projektmanager Greiter. Da die Deutschen mit dem Lebensmittelkauf im Internet noch vergleichsweise zögerten, sei der Leidensdruck für die Branche noch nicht so hoch. „Trotzdem ist es wichtig, dass wir uns rechtzeitig auf die Entwicklung vorbereiten“, so Greiter.

      Die ersten Erfahrungen deuten darauf hin, dass V-Markt mit seinem Drive-Markt auf dem richtigen Weg ist. So sei es bereits in den ersten Monaten gelungen, eine recht hohe Zahl an Stammkunden zu gewinnen. „Wer einmal online bestellt, bleibt mit recht hoher Wahrscheinlichkeit dabei“, erklärt Greiter. Zudem registriere man bei Drive-Markt.de vergleichsweise hohe Warenkorbwerte, die deutlich über dem Durchschnitt in den Märkten lägen.

      Gleichzeitig berichtet Greiter von ersten