Ute Ebeil-Nehcam

Lady Godiva auf der Suche nach ihrem entlaufenen Pferd


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zweiten Slips helfen mir spontan bei der Wahl: Ich nehme den Teureren mit dem Herz über meinem Geschlechtsorgan und der wahrheitsgemäßen Bezeichnung Arsch auf meinem Arsch.

      Ich bezahle schnell und eile zurück in die Schule. Dort hätte ich das neue Höschen auf der Toilette vor dem Betreten der Klasse anziehen können, doch die Schau, es vorn im Klassenraum vor „versammelter Mannschaft“ zu wechseln, will ich mir nicht entgehen lassen. Ich klopfe höflich an die Tür zum Klassenzimmer, warte auf das „Herein!“ von Herrn Salm, trete mutig, meine kleine Plastiktüte schwenkend, ein und grüße mit einem „Hey!“ mehr meine Mitschüler als den Pauker. Ich gehe direkt zum Lehrerpult, grinse Herrn Salm an, hole umständlich das zusammengelegte Panty aus der Tasche und zeige es aufgeklappt mit dem Herz nach oben.

      „Hoffentlich gefällt es Ihnen, Herr Salm? Es kostet mehr als 5 DM, die ich Ihnen hiermit zurückgebe. Einen Sponsor für meine Unterwäsche brauche ich nicht!“

      Herr Salm steckt den Geldschein in seine Jackentasche und sagt zurückhaltend:

      „Nun ja, groß genug ist der Slip ja und erkennbar lichtundurchlässig. Nur das rote Herz stört mich, betont zu sehr deinen Venushügel.“

      „Ich mag diese tristen, weißen <Oma-Schlüpfer> nicht!“, antworte ich und hebe das Höschen hoch. Sofort ist die ganze Klasse am Toben. Mein Lehrer ist verunsichert, versteht nicht, was es da zu lachen gibt, nimmt mir das Stück Stoff aus der Hand, betrachtet es von hinten, kapiert und sucht krampfhaft, mir einige Sekunden lang in die Augen sehend, nach einem sinnvollen und trotzdem negativen Kommentar.

      „Ute, wie heißt denn Popo auf Französisch?“

      „<Le cul>, Herr Salm! Und das Arschloch nennt man <trou du cul>!“

      Herr Salm ist sprachlos, schüttelt über so viel Unverfrorenheit missbilligend den Kopf. Ich ziehe mich ein wenig zurück, hebe meinen Rock und entledige mich ungeniert meines alten Tangas. Als meine Schambehaarung für Bruchteile einer Sekunde unverhüllt zu sehen ist, verliert der Pauker die Kontrolle, kann die Klasse nicht beruhigen. Einige Schüler springen auf, schreien „Ausziehen!“ und schließlich brüllen alle im Chor das Gleiche. Zu gern hätte ich gewusst, wie die Schüler und der Lehrer in der Nachbarklasse auf das Gegröle reagiert haben …

      Lächelnd nehme ich Herrn Salm meine Neuerwerbung aus der Hand, drehe mich um, präsentiere den Klassenkameraden meine Halbmonde, ziehe mir absichtlich langsam den neuen Slip über meine Backen und mein Publikum kreischt durcheinander:

      „Ute, dein Arsch ist ein Prachtarsch!“

      „Klatschen Sie doch mal drauf, Herr Salm!“

      „Ute, du hast den schönsten Arsch!“

      Rosemarie kann es sich nicht verkneifen und verkündet: „Der Arsch von einem Arschloch!“

      Am liebsten hätte ich dieser Ziege sofort eine geknallt. Im letzten Moment kann ich mich zurückhalten, nehme mir vor, mich mit ihr in der bald folgenden Pause zu prügeln, mich mit ihr im Staub des Schulhofs zu wälzen und am Ende in Siegerpose einen Fuß auf die am Boden Liegende zu stellen …

      Wieder züchtig angezogen halte ich meinen alten Mini-Tanga hoch und frage:

      „Möchten Sie ihn haben, Herr Salm?“

      Er kann noch lauter schreien, als meine Mitschüler: „Nein!“

       Ich darf schon einmal Neugier für eine weitere Schau von Herrn Salm schüren. Diesmal trifft es Silvia, die er während des Unterrichts mit einem blitzschnell herbeigezauberten Springseil zum Seilspringen auffordert. Diese Story ist zwar außerordentlich lustig, doch ich will nicht vorgreifen, will Sie nur neugierig machen, will die Story zeitlich richtig einordnen und an passender Stelle detailliert erzählen …

       Die Vereinbarung

      Zurück zum Ende des vergangenen Kapitels, zurück zu meinem „Mangelhaft“ in der Französisch-Arbeit und dem verfehlten Thema in dem Aufsatz!

      Ich bin inzwischen zu Hause. Mit gemischten Gefühlen gehe ich zu Papa in sein Büro, um ihm die verhauene Französisch-Arbeit zu zeigen. Noch nie habe ich eine so schlechte Note in Französisch kassiert, nicht mal eine „Vier“ war bisher dabei. Mit der Unterschrift meines Papas muss ich meinem Französisch-Zuchtmeister nachweisen, dass ich meinen Vater informiert habe.

      „Pappiiii!“, spreche ich ihn an und ziehe das „i“ in die Länge, wie ich es immer tue, wenn ich etwas von ihm will oder ihm etwas beichten muss. Ich habe mir vorgenommen, die Sache mit einem Spaß zu beginnen, der allerdings im Endeffekt zu einer Eskalation der Dinge führt:

      „Pappiiii, kannst du deine Unterschrift mit geschlossenen Augen schreiben?“

      „Was hast du denn verbrochen? Ich kann zwar blind unterschreiben, werd‘ es aber nie tun, denn es könnt‘ ja sein, dass ich damit eine Waschmaschine oder einen gelben Porsche bestelle.“

      „Wir haben heute eine Arbeit in Französisch zurückbekommen, und die ist nicht besonders gut.“

      Ich zeige Papa das Heft. Er liest es gar nicht, versteht sowieso kein Französisch, blättert nach hinten, um nach dem Endergebnis zu gucken.

      Mit einer Strafpredigt habe ich gerechnet, doch sie fällt krasser aus, als erwartet.

      „Eine <Fünf>! Und das nennst du <nicht besonders gut>? Ich nenn‘ es <Scheiße>!

      Er schlägt das Heft zu und haut es mir um die Ohren. Einmal, zweimal, dreimal …

      „Hast du keine Lust mehr zum Lernen? Gehst du lieber in die Disco, statt ordentlich zu büffeln? Ich glaub‘, du brauchst einen handfesten Denkzettel!“

      „Es ist doch meine erste <Fünf> in Französisch!“, verteidige ich mich lautstark nicht besonders einfallsreich und setze fort:

      „Mit der Disco hast du völlig Recht! Und in einem Jahr werde ich mich statt zu büffeln nicht nur in der Disco vergnügen, sondern vögeln bis zum Abwinken! Und was soll der Scheiß mit dem handfesten Denkzettel?“

      Noch im gleichen Moment, als ich dies sage, denke ich:

      „Ute, du Arschloch, warum musst du bloß so rotzig reagieren? Komm‘ runter von deinem hohen Ross! Nur du allein trägst die Schuld an der <Fünf>!

      Papa steht auf und meine Gedanken überschlagen sich:

      „Ute, wenn du blödes Arschloch jetzt ein paar gescheuert kriegst, dann … dann … dann halt‘ dich bloß zurück! Halt‘ die Fresse und wehe dir, du sagst nur einen Mucks. Und unterdrücke eine spöttisch gemeinte <Bist-du-Fertig?>-Frage!“

      Es kommt anders. Mein Vater steht auf, geht an mir vorbei, würdigt mich keines Blickes, verlässt türknallend sein Büro. Ich überlege fieberhaft, was zu tun ist. Ich brauche seine Unterschrift, denn so abgebrüht, sie zu fälschen, bin ich nun doch nicht. Soll ich ihm hinterher laufen? Oder warten, bis er wiederkommt? Oder einfach das Heft mit einem „Tschuldigung“-Kommentar auf seinen Schreibtisch legen und mich vorerst verkrümeln?

      Papa kommt schnell wieder und unterbricht meine Gedanken. Er ist wütend und ausgesprochen missgelaunt. Es geschieht das Gleiche wie vor knapp zwei Jahren, als ich einen Unfall durch unheimlich leichtsinniges Handeln hatte. Obwohl ich sofort erkenne, was gleich geschehen wird, bin ich vom Ordnungssinn meines Vaters erstaunt und sprachlos: Den Rohrstock hat er prompt gefunden ...

      „Hose runter! Bücken!“, schreit er mit dem Stock in der rechten Hand und lässt ihn durch die Luft pfeifen.

      „Ihm ist scheinbar eine Laus über die Leber gelaufen“, denke ich schon wieder rotzfrech, aber spreche es glücklicherweise nicht aus. Ein Feigling