Christa Mollay

Amor ist auf den Hund gekommen


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      Die Nachbarn!

      Seine Mutter erlitt einen Weinkrampf, der nahtlos in einen Nervenzusammenbruch überging.

      Bis zu seinem siebzehnten Lebensjahr ging es dann eher ruhig dahin.

      Dann starb sein Vater.

      Brunhilde kam und bot ihre Hilfe an.

      Seiner Mutter gab sie den Rat: „Klammere dich jetzt nicht an den Buben!“

      Aber genau das tat die dann.

      Über Walter schwebte ein Damoklesschwert in Form von Herztropfen, wenn er nicht so funktionierte, wie Margarethe sich das vorstellte.

      Sein hervorragendes Maturazeugnis zwei Jahre später, versöhnte seine Mutter mit ihrer Leidensgeschichte ein wenig.

      Brunhilde war auch stolz auf den tüchtigen Neffen und spendierte Führerschein und erstes Auto.

      Walter wusste noch immer nicht so genau, was er studieren sollte.

      Archäologie hätte ihn brennend interessiert.

      Brunhilde zeigte sich ob seiner Überlegung begeistert und wusste sogar für ihn einen Platz, an dem er ein Jahr an Ausgrabungen teilnehmen konnte.

      Wenn ihm das zusagte, dann sollte er sein Studium beginnen.

      „Das kann ich mir nicht leisten!“, schmetterte Margarethe diese Überlegung ab.

      „Ich werde ihm das Jahr finanzieren“, beruhigte sie die Schwester.

      Walter war außer sich vor Freude.

      Allerdings nur wenige Stunden.

      Am Abend holte ein Krankenwagen seine Mutter. Das Herz!

      Zwar fanden die Ärzte absolut nichts Besorgniserregendes, aber für Walter war es dann trotzdem vorbei mit der Archäologie.

      Im beginnenden Wintersemester belegte Walter an der Universität die Fächer Deutsch und Geschichte für Lehramt.

      Margarethe war so glücklich.

      Die Familientradition war so fortgesetzt.

      Professor für Deutsch und Geschichte an einem Gymnasium, so wie ihr Mann, dessen Vater und wie ihr Vater und Großvater.

      Ihr Sohn sollte aber noch einen drauf setzen und an der Uni unterrichten.

      Das war ihr Ziel!

      Walter radelte das Studium mehr oder weniger lustlos herunter.

      Es gab natürlich auch Treffen mit Studienkolleginnen.

      Entweder schaffte es seine Mutter, seine Bekanntschaften so schnell wie möglich zu vergraulen oder es waren ohnehin nicht besonders tiefgehende Begegnungen.

      Irgendwie war damals alles grau in grau.

      Dann kam endlich Farbe in sein Leben.

      Sofia!

      Lange schwarze Haare, Traumfigur, bildhübsch und völlig ausgeflippt.

      Damals wechselte sie zum fünften Mal das Studium, hatte gerade Indogermanistik inskribiert und war Walter in der Mensa über den Weg gelaufen.

      Bei ihm war es Liebe auf den ersten Blick gewesen.

      Ihr exotisches Flair hatte ihn sofort in ihren Bann gezogen.

      Hier in Wien, fernab der elterlichen Obhut lebte sie sich allerdings erst einmal so richtig aus.

      Sofias Vater war ein Fan der Loren gewesen, daher der Name Sofia.

      Zu der gesamten Erscheinung passte allerdings der Background nicht so ganz.

      Sofia Hinterhauser, Bäckermeistertochter aus dem kleinen idyllischen niederösterreichischen Örtchen Unterstinkenbrunn.

      Alles im Leben hat eben zwei Seiten.

      Sofia hatte ihre besonders ausgeprägt.

      Einmal liebes, unschuldiges Mädchen aus der Provinz.

      Dann wieder femme fatale der Großstadt.

      Mit der Provinzversion kam Walter perfekt zurecht.

      Die Großstadtvariante machte ihm mitunter schwer zu schaffen.

      Sofia feierte gerne und tanzte dann auch auf den Tischen.

      Sie kippte gerne ein Gläschen oder mehr.

      Wenn sie in Fahrt war, dann eher mehr.

      Ihren Modestil änderte sie mindestens zweimal am Tag, ebenso die Länge ihrer Röcke.

      Ihr Make-up machte sie zu einer Mischung aus Punkerin und Bordsteinschwalbe.

      Aber er war verrückt nach ihr.

      Sie war eben auch nicht nur in Sachen Mode äußerst experimentierfreudig.

      Seine Mutter hatte Sofia noch nicht zu Gesicht bekommen.

      Das vermied er tunlichst.

      Margarethe witterte allerdings schon bald eine unbekannte Gefahr und hatte ihre Antennen ausgefahren.

      Immerhin blieb Walter auch über Nacht weg.

      Brunhilde hatte er Sofia, als die wieder ihren Wienbesuch abstattete, vorgestellt.

      Der gefiel die junge Wilde.

      Die Tante meinte: „Die ist ein liebes Mädchen, die ist noch jung, die wird schon ruhiger. Lass die Kleine noch ein wenig austoben.“

      Wieder war es ein Freitag, der dreizehnte!

      Sofias Boiler im Bad musste ausgetauscht werden. Sofia wollte aber duschen.

      „Ich dusche bei dir“, verkündete sie ihm.

      Sollte kein allzu großes Problem werden.

      Seine Mutter war mit ihrer Schwester auf dem Weg zu einer Cousine. Seinen Berechnungen nach konnten sie nicht vor dem frühen Abend zurück sein.

      Aber Margarethe hatte ihre Herztropfen vergessen.

      Gerade als sich Sofia, frisch geduscht, aber noch perfekt bordsteinschwalbenmässig geschminkt, nur mit einem Handtuch umwickelt, auf Walters Schoss setzte, kamen Mutter und Tante zurück.

      Sofia kannte Brunhilde ja schon und streckte der unbekümmert, so wie Gott sie schuf, die Hand entgegen: „Hallo Bruni“, sagte sie erfreut und wandte sich dann Walters Mutter zu.

      „Und sie sind Walters…“ Weiter kam sie nicht.

      Margarethe kreischte wie von hunderten Taranteln gestochen und rang japsend nach Luft.

      „Raus, raus!“, schrie sie mit hoher hysterischer Stimme.

      Mit der scheinbar allerletzten Kraft schleppte sie sich noch ins Bad, packte Sofias Sachen und warf diese in den Stiegenaufgang.

      Dann sackte sie in der Diele zu Boden.

      Sofia stand noch immer starr und halbnackt im Wohnzimmer.

      Brunhilde herrschte ihre Schwester an: „Reiß dich zusammen, du Cholerikerin, was ist denn schon passiert, dass du dich so aufführst!“

      „Hol die Sachen der Kleinen, geht essen, ich kümmere mich schon um diese Komikerin“, forderte sie ihren Neffen auf.

      Margarethe richtete sich auf und krächzte: „Waaalteeer“, dann schlossen sich ihre Augen und sie blieb regungslos liegen.

      „Das ist nur Bluff! Los, sorge dich lieber um die Kleine, mach dir keinen Kopf, ich kenne mich mit meiner Schwester aus!“

      Walter saß zwischen den Stühlen.

      Aber es siegte seine Mutter, hinter der, so wie es für ihn aussah, der Sensenmann bereits hoffnungsvoll stand.

      Der Sensenmann, ebenso wie der herbei gerufene Notarzt marschierten ohne Margarethe ab.

      Den Weg ohne Wiederkehr hatte aber Sofia angetreten.

      Brunhilde