Christa Mollay

Amor ist auf den Hund gekommen


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allzu ernst zu nehmen.

      ,Aber Sofia konnte ihm nicht verzeihen, dass er sich um sie überhaupt nicht gekümmert hatte.

      Sofia wollte einen echten Mann und kein Muttersöhnchen.

      Aus, vorbei, Ende im Gelände!

      Walter konnte machen was er wollte, es gab kein Zurück.

      Der erste so richtige Liebeskummer war es für ihn gewesen.

      Brunhilde war damals außer sich vor Wut gewesen.

      Die Schwestern mieden daraufhin längere Zeit eine familiäre Zusammenkunft.

      Walter und Tante hielten den Kontakt per Brief aufrecht.

      Postlagernd.

      Sicherheitshalber.

      Brunhilde kam erst Jahre später zu seiner Vermählung wieder.

      Nach der Trennung von Sofia und absolviertem Studium hatte er eine Anstellung an einem Gymnasium in seinem Bezirk angenommen.

      Tristesse war wieder in sein Leben gezogen.

      Die Schüler waren an manchen Tagen besonders verhaltenskreativ, nicht nur in ihrem Benehmen, auch in ihren schriftlichen Ergüssen.

      Er überlegte oft, ob sie ihn nur ärgern wollten, oder ob diese Mistkröten tatsächlich nicht mehr auf dem Kasten hatten.

      Die Korrektur der Hausaufgaben gab ihm so manches Rätsel auf.

      Ein Aufsatz über Märtyrer war die Aufgabe.

      Einer schrieb über Mehrtürer, abgeschrieben aus Autowerbungen.

      Oder wie einmal zu lesen war, dass der Pfarrer die heiligen Hostessen austeilte.

      Oder eine ungustiöse Variante, als das Fleisch auf dem Feuer brunzelte.

      Da fehlte dann nur mehr, sich am Abend gemeinsam mit seiner Mutter auf der Couch im TV „Die Förstertochter und der einäugige Wilderer“, reinzuziehen.

      Walter deutete sanft die Überlegung an, sich endlich ein eigenes Domizil zu beschaffen.

      Margarethe ahnte Böses.

      Sicher stand ihm der Sinn danach, ungestört mit irgendwelchen Schlampen nackt zu duschen.

      Natürlich war er in dem Alter, wo man nach einer passenden Frau Ausschau halten sollte.

      Und Margarethe wollte ja auch Enkelkinder.

      Wie gerne würde sie sich auch für diese aufopfern.

      Walter hatte in ihren Augen keinen guten Geschmack was Frauen betraf.

      Aber Margarethe war fündig geworden.

      Sie hatte in ihrer Pfarrgemeinde eine junge Lehrerin kennengelernt.

      Auftakt zum Inferno

      Beide nahmen an der Bibelrunde teil und auch bei vielen karitativen, gemeinsamen Bastelarbeiten war man einander näher gekommen.

      Die Frauen hatten sofort einen guten Draht zueinander verspürt und waren sich immer darüber einig, wer von den anderen Basteltanten zu wenig machte, wer, was auch immer, nicht richtig tat und wer überhaupt hier in der frommen Runde deplatziert war.

      Es wäre schön gewesen, hätten im Bibelkreis alle Mitglieder über intellektuelles Niveau verfügt.

      Aber da war unter anderen auch eine Supermarktkassiererin oder eine Fabrikarbeiterin.

      Entsetzlich! Wie sollte da ein hochgeistiges Gespräch möglich sein?

      Margarethe war fasziniert von dem Gedanken aus Walter und Berta ein Paar zu machen.

      Sie hätte eine Traumschwiegertochter, was wollte man, oder besser gesagt, sie, mehr.

      Mama Klein überredete Walter sie zum demnächst stattfindenden Pfarrheurigen zu begleiten.

      Den Erlös sollte einer alleinstehenden Mutter zugute kommen.

      Berta und Margarethe hatten sich darüber mokiert, nicht laut, nur untereinander.

      Die hätte sich eben einen anständigen Mann aussuchen müssen!

      Aber man war ja kein Unmensch.

      Margarethe hatte gebacken und Brote geschmiert und er sollte sie hinfahren, da sie ja nicht alles alleine tragen konnte.

      Margarethe hatte Glück.

      Zunächst zeigte sich Walter bockig.

      Eigentlich wollte er sich mit einer Kollegin verabreden, aber die hatte ihm einen Korb verpasst. „Schöne Männer hat man nie alleine“, hatte sie gemeint und noch etwas von kollegialer Freundschaft gefaselt, über die sie nicht hinausgehen wolle.

      Eine Wohnung, die er wieder einmal im Visier hatte, schnappte ihm ein anderer vor der Nase weg.

      Der Tag war also sowieso schon beschissen.

      Wer konnte ahnen, dass es noch schlechter kommen sollte.

      Der Pfarrer begrüßte den so vorbildlichen Sohn herzlich und von der Seite pirschte sich im grauen Flanellkostüm, mit weißer, gestärkter Bluse, das brünette Haar zu einer strengen Frisur mit Taft gebändigt, seine Zukünftige heran.

      Mit ihren bald dreißig Jahren breitete sich schon eine leichte Torschlusspanik aus.

      „Walter!“, rief Mama Klein euphorisch aus, „das ist Berta, von der ich dir schon so viel erzählt habe!“

      „Ich freue mich, Sie kennenzulernen“, sagte der ahnungslose Walter.

      Eine höfliche Floskel.

      Walter hatte keine Ahnung, wer die Gute war.

      Anscheinend hatte er bei den Erzählungen über Berta wie so oft abgeschaltet und nur wie üblich mit: „aha, oh, sehr interessant“, geantwortet.

      Beide Frauen lächelten ihn erwartungsvoll an.

      Die von Margarethe Auserwählte zeigte dabei ihre beeindruckend großen Vorderzähne.

      Walter fiel bei diesem Anblick das Pferd ein, das er als Bub im Urlaub immer so gerne gefüttert hatte.

      Die Stute hieß auch Berta.

      Wohlerzogen versuchte er eine Konversation zu beginnen.

      Im Unterricht hatten sie erst kurz zuvor Vornamen besprochen.

      Daher konnte er mit seinem Wissen zu Berta gewandt, bemerken: „Sie haben einen interessanten Vornamen.

      Berta kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet die Glänzende.“

      Ein zartes Rot färbte die Wangen der Glänzenden und dann wieherte sie.

      Ihr Lachen erinnerte an ein Wiehern.

      Walter hoffte, dass sein Zusammenzucken unbemerkt geblieben war.

      Berta und Margarethe gingen, Arm in Arm, auf ihren Stand zu, und forderten Walter auf, mitzukommen.

      Der hatte aber wenig Lust sich zu Mama und dem weiblichen Fury zu gesellen und gab vor, sich auch noch anderswo umsehen zu wollen. Um den Nachmittag etwas entspannter zu erleben, steuerte er den Tisch mit den Weinen, den Spirituosen und dem Salzgebäck an.

      Walter verrichtete großzügig seinen Obolus, immerhin kamen auch alle Einnahmen einer bedürftigen Familie zugute.

      „Ein Vierterl Roten“, bestellte Walter.

      Der Mundschenk, mit verdächtig roter Nase, grinste ihn hoffnungsvoll an.

      Walter verstand.

      „Darf ich Ihnen auch ein Gläschen spendieren?“; fragte ihn Walter.

      Er durfte.

      „Exi Pexi, wie wir Lateiner sagen!“, prostete der Mundschenk Walter zu und mit einem großen Schluck verschwand die rote Flüssigkeit.