Yule Dackelpfötchen

der freche Papagei Muppel und die Reise zum Zauberbaum


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hätten noch viele, viele Fragen gehabt, schließlich begegnet man nicht alle Tage einem leibhaftigen Zauberer, aber Salidor wurde an vielen Orten gebraucht, das war auch den beiden Freunden verständlich.

      Bevor er sich herzlich von ihnen verabschiedete, gab er Peter noch den Tip, nach seinem Papagei zu schauen, sobald er wieder zurück daheim wäre. Dann öffnete er die Tür und rief Zwubicks herab. Dieser brachte die beiden Freunde durch den Laden nach draußen, zurück auf die Gasse.

      Derweil den Blicken verborgen, tief im Dunklen unter der Erdoberfläche, wo das Licht des Tages nicht hinab gelangen konnte, sosehr es sich auch bemühte, stand in einer Höhle irgendwo im endlosen Labyrinth der dunklen Gänge ein Mann im schwachen Lichtschein einer Hand voll schwarzer Kerzen.

      Hier unten war alles Stille. Nur hin und wieder schüttelte es den Mann heftig und ein höhnisches Kichern bahnte sich den Weg über seine zu hämischem Grinsen verzerrten Lippen hinweg in die Grabesstille der finsteren Brutstätte kommenden Unheils.

      Seine kalten Augen stierten auf eine giftgrüne, wild wabernde und zuckende Wolke, die sich wie die Schalen eines überdimensionalen Eies um die abartigen, gigantischen Gliedmaßen einer Kreatur wand, die wohl nicht mehr allzuviel Zeit von ihrem Schlupftag trennte.

      Wahnsinniger Stolz erfüllte den Mann während er dachte: „Das ist mein Werk!“

      Aber da war noch ein anderes Gefühl, ihm bis zu diesem Tag vollkommen fremd, ein Schaudern, das an Intensität zunahm, als er hinüber zu den Tierkadavern in der hinteren Ecke der Höhle blickte.

      Verstreut über den steinigen Boden lagen dort die Überreste der Tiere, die bei seinem Zeremoniell übrig geblieben waren, Utensilien, wie sie in jede gut ausgestattete Hexenküche wohl gehört hätten. Spinnenbeine, Schlangenleiber, quallenförmiges Geklibber – und das waren noch die eher appetitlichen Bestandteile!

      Doch dann schüttelte er dieses ungewohnte Gefühl mit einer wegwerfenden Geste seiner Hand von sich und lachte unheilig schrill auf.

      „Meine Falle wartet auf sie. Wenn die zwei Trottel ihren dämlichen Papageien suchen, dann ... . Und dann werd ich diesen Salidor zerquetschen. Ha ha, und es wird so einfach sein! Aber ich werde es ihm nicht einfach machen, oh nein. Soll ruhig weiter denken, er wäre der Größte und niemand könne ihm was anhaben, soll sich ruhig noch ein wenig in Sicherheit wiegen während meine Macht wächst und wächst ...“ Er redete jetzt zu dem abscheulichen Lebewesen, das da im Begriff des Entstehens war und rieb sich die Hände in purer Vorfreude.

      „Und später schnappe ich mir diese Elfin Bea und mache ein Dutzend Bälger mit ihr, he, he, he, dann wird die Welt uns gehören!“

      Er war berufen. Das dachte er. In Wirklichkeit war er nicht mehr als eine Marionette, an die die Dunkle ihre unsichtbaren Spielseile geknotet hatte, ohne dass er es so recht bemerkt hatte, sie war es, die Regie führte.

      Der Zwerg Zwubicks

      Salidor stand im Kräuterladen neben Zwubicks, der noch winziger wirkte als er sowieso schon war und raufte sich seine altehrwürdigen weißgrauen Haare.

      Zwischen ihm und dem sehr schuldbewußt dreinblickenden Zwerg stand ein großer Bastkorb, Zwubicks bis fast unters Kinn reichend und von enormem Umfang. Es sah fast aus, als versteckte sich der Kleine hinter dem Behältnis.

      „Ich sagte Edle Wurzeln, Zwubicks. Edle Wurzeln!“ stöhnte Salidor, ein Büschel seiner Haarpracht in seiner Hand betrachtend.

      Der Zwerg blickte für einen kurzen Augenblick über den Korbrand hinweg nach oben in die beiden kleinen Himmel Salidors blauer Augen.

      Er sah keine Wölkchen der Enttäuschung, oder gar des Zorns darin, nur einen winzigen Klecks Traurigkeit. Doch dieser kaum wahrnehmbare Schimmer ließ den Kopf des Zwerges wieder sinken. Er hatte Mist gebaut. Konnte man durchaus so sagen.

      Es war schon dumm, dass er verstanden hatte „Edelweißwurzeln“ statt edle Wurzeln. Der große Unterschied war, dass die von Salidor benötigten edlen Wurzeln von ihnen, selbst in großen Mengen auf, den Menschen nicht sichtbaren, meist auch nicht zugänglichen Feldern anbauten, während die Edelweißwurzeln, die er hier gerade Fuderweise in dem Korb angeschleppt hatte, eine geschützte Seltenheit in der Naturwelt der Menschen waren. Jedenfalls gab' s diese schöne Rarität jetzt nicht mehr auf allen Alpengipfeln ...

      Wie konnte ihm das passieren? Zwubicks wußte warum, aber das konnte er Salidor gegenüber unmöglich zugeben, es lag außerhalb der eher rauhbeinigen Gefühlswelt eines Zwerges, seine Verliebtheit einzugestehen, erst recht nicht gegenüber seinem Chef, obwohl er diesen eigentlich sehr mochte.

      „Ist schon gut Zwubicks. Halb so wild. Vielleicht kann unser Getränkemeister einen neuartigen Zaubertrank daraus brauen! Könntest Du bitte den Korb gleich bei Lelell- Lel vorbeibringen?“ schlug Salidor vor.

      Ein Leuchten ging über das breite Gesicht des Zwerges. In seine Reuemiene mischte sich ein kleiner Sonnenschein der sich ausweitete und schließlich sein ganzes, kantiges Gesicht erstrahlen ließ. Freudig nahm er den riesigen Korb wie ein Spielzeug vor seine breite Brust und marschierte durch die Ladentür nach draußen auf die Gasse.

      Salidor schüttelte lächelnd den Kopf und setzte sich mit einem sportlichen Schwung auf die Ladentheke.

      Er überlegte, ob es sinnvoll sei, den extra vom Rat der Beschützer für solche Fälle eingesetzten Schadensregulierer Flabiloll einzuschalten. Dieser hatte die Aufgabe, versehentlich von den Beschützern angerichtete Schäden in der Gastwelt der Menschen nachträglich bestmöglich ungeschehen zu machen.

      Kein leichter Job. Flabiloll war im Besonderen auf die Zwerge nicht allzugut zu sprechen. Soviel diese auch dazu beitrugen, die Gebäude der Menschen vor altersbedingten Schäden und vor der Zerstörung durch die Kräfte der Dunklen zu bewahren, so viel Mist verbockten sie auch oft. Sicherheitshalber verfügten die Zwerge daher mittlerweile nur noch über die für ihre Arbeit unbedingt notwendigen Zauber. „Kitt“ zum Beispiel, mit dem sie beliebiges Baumaterial wieder dauerhaft miteinander verbinden konnten. Den Zauber „Heb dich“ hatte man ihnen allerdings wieder wegnehmen müssen, da ein paar der Zwerge diesen Spruch nicht wie vorgesehen dazu genutzt hatten, schwere Lasten, wie Steine oder ähnliches Baumaterial etwa, zu transportieren, sondern ihr innerer Drang mit ihnen durchgegangen war, ein paar Erdbewohnern Streiche zu spielen, oder gar als kleine, selbst ernannte Rächer zu agieren. Salidor, der selbst manchmal ganz gerne einen kleinen Schabernack anrichtete, hatte den Humor der Zwerge anfangs verteidigt, doch leider verloren dann ein paar der Zwerge etwas den Überblick und es war zu einem unschönen Zauberunfall gekommen, als sie in einer Kaschemme, in der man gegen Geld Liliputaner „werfen“ konnte den Wirt und Anbieter dieses fragwürdigen Vergnügens, mit dem „Heb Dich“ Zauber durch seinen Laden hatten fliegen lassen, bis dieser frontal gegen einen Pfeiler geknallt war. Der Wirt hatte über einen Monat im Koma gelegen und die Zwerge, die den Zauber bewirkt hatten, waren sehr besorgt um das Leben des Mannes gewesen und froh, als es diesem endlich wieder besser ging.

      Champignioll hatte natürlich einen Mords Trara gemacht. Zuerst wollte er ausgiebig geklärt wissen, was die Zwerge überhaupt in der verrufenen Spelunke zu schaffen hatten.

      Bis heute wäre diese Frage ungeklärt geblieben, hätte nicht völlig unerwarteter Weise Lelell -Lel, der Zaubertrankmeister, in einem Anfall von Gewissensbissen zugegeben, das er auf ausdauerndes Bitten und Betteln einer der Zwerge hin, diesen einen Trank gebraut hatte, nach deren Einnahme die Zwerge für die kurze Zeitspanne einer halben Stunde für Menschen sichtbar wurden. Die Zwerge hatten einfach nur den Spaß für sich entdeckt, sich nach getaner, oft sehr harter Arbeit, wenigstens kurzfristig bei einem Humpen Bier und etwas Musik zu amüsieren. Wer konnte ihnen diesen Wunsch übel nehmen, lange genug hatten sie schließlich den Menschen über die Schulter geschaut und gesehen, dass die es genauso machten. In der Kaschemme waren sie nicht besonders aufgefallen, da dort eine Menge Liliputaner zu den Stammgästen gehörten.

      So hatten sie dort auch den Zugang zu Bier gefunden. Um Geld, kleine, blinkende Münzen und knisternde Scheine, mit dem die Menschen einander Waren und Dienstleistungen aller Art, wie zum Beispiel tönerne, dämlich grinsende Gartenzwerge,