L.J. Thomas

Kallistos Familie


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du bist dann hiergeblieben?“

      „Ja, ich merkte, dass mir eure Mentalität doch näher ist. Musste ja die Formalitäten regeln, der Mann, also der Vater, war ja ganz allein. Keine Verwandtschaft, keine Freunde.“

      Es trat eine kleine Pause ein. „Dann spürte ich, dass das passt zu mir hier. Jetzt bin ich immer noch da.“ Seine letzten Wörter hörte ich nur noch, verstand sie gar nicht mehr – längst rechnete ich nach und fragte, wie lange das alles her sei. „Die Beerdigungen? Mmh, so vier Wochen, knapp fünf die erste.“ Komisch sei gewesen, dass die Freundin des Ertrunkenen gar nicht zur Beerdigung erschienen war. „Das fällt mir jetzt wieder ein. Hatte mich damals schon gefragt, wieso. Ich fandʼs komisch. Ich selbst hatte ihr noch die Karte geschickt – der Vater wollte nicht. Der wollte sie überhaupt nicht sehen. Was hat der geflucht über die.“ Die Adresse der Freundin gab er mir ohne Scheu oder Stirnrunzeln. Der Name kam mir bekannt vor, ich war aber nicht sicher, ob ich ihn wirklich schon kannte.

      Es ist erstaunlich, wie oft wir in jenen Momenten schweigen, die für den anderen – für den, dem wir etwas verschweigen – lebensverändernd wirken könnten. Wir sagen nichts, und der andere bleibt unwissend. Kurz davor, etwa ein Geständnis oder eine Aufklärung eines lange dunkel gebliebenen Geschehens abzuliefern, verzichten wir darauf, da wir befürchten, dass der andere sich in der Folge zu einer radikalen Entscheidung, einer Trennung im Extremfall, provoziert fühlt, verletzt oder irritiert, wie er ist.

      Auch ich schwieg nun, obwohl ich ahnte, mit wem ich hier eigentlich sprach und von wem er gesprochen hatte. Kaum hatte ich die Adresse, war ich schon da. Als ich an der Haustür stand und das Namensschild „Brandenfeld“ suchte und ein anderes fand, wurde mir etwas schummrig. „F. und G. Bendemann“ stand da, und als ich hinter mir ein Frauengelächter hörte – es war nicht eines dieser aufdringlichen, alle Grenzen überschreitenden, sondern ein eher privates, wie kodiert wirkendes – und mich umdrehte – was war da? Ein Paar stolperte auf mich zu, noch einigermaßen kontrolliert, offenbar gerade vermählt. Die beiden lachten, sie waren beneidenswert überschwänglich, gingen Arm in Arm, eng beieinander, sehr verliebt wohl, da reißt der Mann sich los mit den Worten (die er eher schrie als sagte): „Weil sie die Röcke so und so und so gehoben hat“, wozu die Frau tanzt, ihr Hochzeitskleid lüftet und ihre Beine zeigt, wie eine Can-Can-Tänzerin. Schöne weiße Strümpfe hatte sie an, die ihre Beine sehr schlank und wohlgeformt erscheinen ließen. Sie kreischte vor Lachen, ausgelassen. Toll war sie – und toll sah sie aus. Der Mann lachte laut und rief: „Wir sind da! Wir sind am Ziel!“ Sie küssten einander sehr innig.

      All das geschah, als ich vor ihnen stand, doch sie beachteten mich ja gar nicht. Sahen sie mich überhaupt? Er fummelte an ihrem Kleid herum, sie: „Nee, jetzt doch nicht. Gleich. Komm, wir gehen hoch.“ „So und so hat sie ...“, rief er lachend, sang es fast wie einen Refrain. Lachend, singend, tanzend kamen sie ins Haus, nicht ohne auf mein „Guten Abend“ freundlich ein „Dobry den“ zu erwidern. Er erkannte mich nicht. Wie auch? War viel zu sehr neben sich gewesen damals, zu berauscht vom Geschehen auch. Die Haustür schloss sich, ich blieb außen vor.

      Niemand weiß von irgendwas und irgendwem – nur ich. Ich verwalte das Geheimnis, hüte es. Wieder einmal. Immerhin. Doch jetzt, jetzt wollte ich das dann doch mal erzählen. Ob diese kleine Geschichte den Blick auf die Weltliteratur verändert, bezweifle ich aber.

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