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Helle und dunkle Tage


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      HELLE UND DUNKLE TAGE

      Erinnerungen aus meinem Leben

      Von Else Scherhag

      Epubli GmbH Berlin

      Alle Rechte vorbehalten

      Dieses Buch widme ich meinen Eltern, die immer für mich da waren, solange das möglich war,

      meinen Geschwistern Hans und Renate, die mir geholfen haben, mein Leben neu aufzubauen,

      meinem Mann Gerd, der während unseres gemeinsamen Lebens immer zu mir gehalten hat,

      meinen Kindern und Enkelkindern Alex und Helen

      und allen lieben Menschen, die mir in meinem Leben begegnet sind

      Inhaltsverzeichnis

       Die Autorin stellt sich vor 3

       Ferien an der Ostsee 6

       Die Freiheit auf zwei Rädern 17

       Ein neuer Lebensabschnitt: Schulzeit in Mayen 25

       Das zweite Jahr: auf dem Emminger Hof 36

       Abitur ’39, Skiurlaub und Arbeitsdienst 42

       Dienstverpflichtung im Hause Bartmann 52

       Praktikantin in Trier 54

       Der Italienurlaub 58

       Venedig 61

       Heimkehr und Kriegsalltag 64

       Ferien bei Toni 67

       Walter 69

       Studium in Prag und Neujahr in Kielçe 72

       Das Jahr 1944 85

       Abschied 85

       Rückkehr 86

       Die Arbeit 92

       Der Brief 94

       Der 24. Dezember 96

       1945: Kriegsende 99

       Leben in Walsdorf 108

       Überleben in der Nachkriegszeit und ein neuer Anfang 113

       Studienzeit in Mainz und Bonn (1947) 121

       Die Hochzeit in Immendorf 129

       Die Operation 130

       Alles oder Nichts 136

       Birgit und Peterchen 146

       Das Wirtschaftswunder 154

      Die Autorin stellt sich vor

      Als ich am 8. Januar 1921 geboren wurde, war es in der Eifel bitter kalt. Das Haus meiner Eltern in Gerolstein hatte die Schlossapotheke im Erdgeschoss und die Wohnräume in den Etagen darüber. Mein Vater, Ferdinand Winter, führte die Apotheke mit Hilfe meiner Mutter, die ihm bei der Buchführung und beim Verkauf zur Seite stand und natürlich ebenfalls den Haushalt leitete. Es gab noch keine Zentralheizung im Haus; die Küche wurde durch den Herd beheizt, das Wohnzimmer durch einen Brikettofen und in den Schlafzimmern wurde die Kälte durch dicke Plumeaus und Wärmflaschen ausgeglichen.

      Meine Mutter hatte für mich ein Kindermädchen angestellt, die unter anderm dafür zuständig war, in regelmäßigen Abständen die beiden Wärmflaschen in meinem Bettchen zu erneuern. Wärmflaschen haben leider die Angewohnheit, zunächst zu heiß und dann ziemlich schnell zu kalt zu werden Ich bekam aufgrund dessen eine schwere Bronchitis, so ernsthaft, dass ich drei Wochen lang aufrecht getragen werden musste, weil mir sonst die Luft wegblieb.

      Unser Hausarzt Dr Levi wohnte direkt der Apotheke gegenüber, und wenn während der Nacht mein Gesicht wegen Sauerstoffmangels bläulich anlief, zog mein Vater seinen Mantel über den Schlafanzug und rannte über die verschneite Straße, um den Arzt zu holen. Dr Levi kam auch immer prompt, gab mir eine Spritze und wartete, bis die Krise vorüber war. Alle müssen sehr erleichtert gewesen sein, als es mir endlich wieder besser ging. Nach dem kalten Winter kam ein heißer Sommer und erzeugte einen Qualitätswein, der sicher zwanzig Jahre seinen sagenhaften Ruhm bewahrte. Mein Vater war so glücklich über meine Geburt gewesen und auch seiner lieben Frau so dankbar, dass er mich, ohne Rückfrage bei der Mutter, auf denselben Namen:“Else“ beim Standesamt eintragen ließ. So gab es nun „Else“ und „Elschen“.

      Es ging mir nach dieser ersten Attacke gut, bis es meinen Eltern auffiel, dass ich das rechte Beinchen nachzog, als ich anfing zu laufen. Dr Levi überwies mich an einen sehr guten Kinderarzt in Trier, der dann bei mir eine Luxation feststellte. Damit die Hüfte sich festigen konnte, musste ich nach damaligen orthopädischen Erkenntnissen neun Monate in Gips. Muttis Schwester Frieda, von Beruf Krankenschwester, war in Kassel mit Onkel Paul verheiratet und hatte ein Töchterchen namens Ursel in meinem Alter.

      In Kassel gab es auch eine Kinderklinik und einen engagierten jüdischen Arzt, der mich dort aufnahm. Es war natürlich schrecklich für mich, bewegungsunfähig im Bettchen zu liegen, ich war ja erst zwei Jahre alt und konnte natürlich nicht verstehen, warum ich in dieses Gipsgefängnis musste. Die einzige Erinnerung, die ich bewusst an diese Zeit habe, ist an eine Krankenschwester, die mit mir auf dem Arm ins Spielzimmer ging; als ich sehnsüchtig den andern Kindern beim Spielen und Herumkrabbeln zusah, tröstete sie mich mit den Worten: „Das kannst du bald auch wieder!“ Tante Frieda kam jeden Tag mit meiner Kusine Ursel, damit sie mit mir spielen konnte. Als meine Mutti nach Wochen endlich nach Kassel kommen konnte, brauchte ich eine Weile, bis ich sie wiedererkannte und strahlend sagte: „Meine Mutti!“ Bis dahin hatte ich Tante Frieda so genannt.

      Meine Mutti konnte aber nicht bei mir bleiben, weil sie in Gerolstein gebraucht wurde. Am 4. Dezember 1922 war mein kleiner Bruder Hans geboren worden, der mein ständiger Begleiter wurde, sobald er laufen konnte. Außerdem brauchte Vati seine Frau in der Apotheke dringend. Er konnte nämlich kein Französisch, hatte aber oft Kunden aus französischen Familien, die noch als Teil der Besatzungsmacht im Rheinland lebten, wie es im Vertrag von Versailles festgelegt war. So stand Mutti oft mit dem kleinen Hans auf dem Arm in der Apotheke und dolmetschte. Es wurde einfacher für sie, als ich wieder zu Hause war und mich bald für meinen kleinen Bruder verantwortlich fühlte.

      Das zeigte sich bei einem Vorfall im übernächsten Sommer: Mutti hatte sich mit der Familie des Grafen von der Schulenburg angefreundet, der den Gerolsteiner Sprudel übernommen hatte. Die beiden erwachsenen Kinder gingen in dem heißen Sommer gern im Flüsschen Kyll vor der Quelle schwimmen und luden Mutti mit uns Kindern dazu ein. Während die „Großen“ nun im Wasser plantschten, hatte man uns auf eine Insel aus Wasserpflanzen in der Mitte des Flusses gesetzt, wo wir uns wie auf einem Schiff fühlten. Auf einmal merkte ich, wie der kleine Hans abrutschte, und ich konnte ihn gerade noch an seinem karierten Höschen festhalten. Er ließ sich unbewegt und steif wie ein Brett auf dem Rücken treiben, ohne ein Lebenszeichen zu geben; nur ich brüllte aus Leibeskräften, bis uns die jungen Leute bemerkten und zur Rettung herbeischwammen.

      Da Hänschen wenig redete, aber öfters etwas Unvorhersehbares tat, merkte ich immer zuerst, wenn er etwas vorhatte. So waren wir mit unsern Eltern einmal zu einem feierlichen Essen bei Bürgermeisters eingeladen. Ich sah, wie Hans mehrmals auf seinen Teller und