J. D. Möckli

Der unerwünschte Zusammenhang von Sex und Liebe


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wie die Pest hasst.

      Dennoch kräuselt sein Arbeitskollege die Nase, als dieser kurz darauf ins Büro kommt. »Sorry, aber ich brauche hier drin frische Luft«, murmelt Sebastian und geht zum Fenster, das er schwungvoll aufreißt.

      »He«, ruft Harold, als ein Windstoß seine penibelst sortierten Unterlagen erfasst. »Warn mich das nächste Mal vor«, beschwert er sich.

      Sofort hilft Sebastian Harold, die wenigen, runtergefallenen Dokumente wieder aufzusammeln.

      »Soll ich es wieder zu machen?«, fragt er ihn mit einem entschuldigenden Blick

      »Danke, fürs helfen und nein, geht schon.« Harold stellt seinen gläsernen Briefbeschwerer auf die Papiere. »Etwas frische Luft wird uns schon nicht umbringen«, meint er grinsend.

      »Ach, bist du dir da so sicher? Denk dran, dass Jones da offensichtlich ganz anderer Meinung ist. Schließlich haben wir hier drin ja eine theoretisch sehr gut funktionierende Lüftung, die genau auf die Größe des Raumes abgestimmt ist und pro Stunde gut zwanzig Prozent der Luft nicht nur umwälzt, sondern sogar austauscht. Also ist ein offenes Fenster erstens reine Energieverschwendung und durch den Luftzug auch noch eine Gefährdung für unsere Gesundheit!«, erklärt Darius, wobei er Jones mit erhobenem Finger nachmacht.

      »Du hast vergessen, zu erwähnen, dass wir mit offenen Fenstern die ideale Raumtemperatur von zweiundzwanzig Grad verändern und die Luftfeuchtigkeit ein nicht zu verachtendes, kritisches Level erreichen kann«, wirft Harold staubtrocken grinsend ein.

      Lachend sehen sich die drei Männer an, bis sich Darius die Lachtränen aus den Augenwinkeln wischt und sich Sebastian und Harold wieder ihren PC’s zuwenden.

      »Der Kerl vergisst einfach konsequent, dass wir hier nicht in einer kontrollierten Umgebung arbeiten müssen, so wie in der Firma, in der er vorher gearbeitet hat«, schüttelt Darius den Kopf und geht immer noch kichernd zum Scanner, um die von Jones erhaltenen Seiten einzuscannen.

      »Sagt mal, kennt ihr einen guten Programmierer, der gerade Zeit für ein Projekt erübrigen kann, das am besten vorgestern fertig sein muss?«, fragt Darius nun ohne viel Hoffnung zu haben, dass die beiden mehr wissen, als er. Wie befürchtet, zuckt Harold nur ratlos mit den Schultern.

      »Die sind alle bis mindestens Weihnachten ausgebucht.« Bedauernd sieht Sebastian Darius an.

      »Na toll! Dann hat Jones ja einen Grund gefunden, um die schlechte Bewertung zu rechtfertigen«, murmelt er, den Kopf hängen lassend, während er die Blätter zusammenschiebt. »Mistkerl.«

      »Du hast doch heute einen Termin mit Mitchell. Frag ihn doch, ob er jemanden für dein Projekt entbehren kann«, schlägt Harold plötzlich vor.

      »Ja, das könnte ich machen«, meint Darius nachdenklich und setzt sich hin. »Aber Mitchell ist neu hier und kennt sicher noch nicht jeden Mitarbeiter und alle laufenden Projekte.« Dennoch lässt ihm der Vorschlag keine Ruhe, weshalb er kurzerhand die eingescannten Unterlagen an Steve – Mr. Mitchell, nicht vergessen – schickt und schreibt, dass er für das Projekt die Hilfe eines Programmierers oder Informatikers braucht. »Mal sehen, was er damit macht«, murmelt er beinahe lautlos vor sich hin.

      Plötzlich springt Sebastian auf und schließt das Fenster, nur um sich dann mit einer Unschuldsmiene wieder hinzusetzen. Keine Minute später öffnet sich die Tür und Jones steckt den Kopf herein. Mit einem misstrauischen Blick werden sie von ihm gemustert, doch sie tun so, als würden sie ihn nicht bemerken. Dann wird die Tür wieder geschlossen.

      Verdattert sehen sie sich daraufhin an. »Was war denn das?«, wundert sich Harold.

      »Das war der War-hier-ein-Fenster-auf-Blick, den er immer aufsetzt, wenn er das Gefühl hat, dass sich jemand seiner Anweisung widersetzt«, erklärt Sebastian, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen. »In der Regel kommt er übrigens dann vorbei, wenn die meisten in der Pause sind. So habe ich das jedenfalls mitbekommen.«

      »Na toll«, stöhnt Harold genervt auf. »Wo steht denn geschrieben, dass wir das Fenster nicht aufmachen dürfen?«

      Obwohl Darius nicht glaubt, dass das wirklich irgendwo schriftlich festgehalten ist, öffnet er das neueste Betriebsreglement und liest sich die Vorschriften und Verbote durch. »Also«, verkündet er, sich laut räuspernd: »Rauchen außerhalb der Raucherzonen ist verboten … während der Arbeit Alkohol trinken … verboten … et cetera, et cetera … Davon, dass wir die Fenster nicht aufmachen dürfen, steht hier nichts. Also ist das offenbar eine eigene Regel von Jones, die er durchsetzen will«, stellt er grimmig fest und schließt das Dokument wieder.

      »Na, wenn das so ist!« Sebastian reibt sich breit grinsend die Hände und öffnet das Fenster wieder. »Mit frischer Luft arbeitet es sich einfach besser und heute ist es ja auch nicht so heiß, dass wir die Klimaanlage brauchen«, sagt er zwinkernd, als er sich wieder hinsetzt. »Es ist doch herrlich, wie wir plötzlich die Vögel hören können und wie die Blätter im Wind rauschen. Oder etwa nicht?«

      »Na ja, es sind entspannende Hintergrundgeräusche«, murmelt Harold und stellt vorsorglich auch noch die Kaffeetasse, in der er seine liebsten Stifte aufbewahrt, auf seine Unterlagen.

      Darius sagt nichts dazu. Ihm ist es gerade vollkommen egal, ob das Fenster offen oder geschlossen ist, solange kein Tornado durch das Büro fegt und alles durcheinanderbringt.

      ***

      Um viertel vor drei wird Darius vom Kalender des Computers daran erinnert, dass es Zeit für seinen Termin bei Mitchell ist. In aller Ruhe legt er die Unterlagen in seine Mappe, sperrt den Computer und verabschiedet sich von den anderen, da sie vermutlich schon im Wochenende sein werden, wenn er zurückkommt.

      Deutlich ruhiger als beim letzten Mal, aber dennoch nervös, geht er zu den Aufzügen. Ungeduldig wartet er darauf, dass sich eine der beiden Türen für ihn öffnet und huscht dann eilig in die Kabine, bevor sich Jones, der gerade sein Büro verlässt, zu ihm gesellen kann. Erleichtert, dass er dem Gestank gerade noch entkommen konnte, lehnt sich Darius an die hintere Kabinenwand und schließt für einen Moment die Augen.

      Als sich die Türen wieder öffnen, strafft sich Darius und betritt den Flur. Da er noch Zeit hat, stellt er sich an eines der Fenster und blickt nach draußen. Von hier oben hat man eine schöne Aussicht auf die Bucht und den Hafen. Ganz anders, als bei ihnen in der ersten Etage, wo die Bäume direkt vor den Fenstern wachsen.

      Schließlich reißt er sich von dem Anblick los und klopft an die Tür zu Samanthas Reich, bevor er lächelnd eintritt. »Guten Tag, Samantha. Du siehst wieder unglaublich gut aus«, zwinkert er ihr zu.

      »Du Schleimer«, winkt sie verlegen grinsend ab. »Ich habe keinen Einfluss auf deinen Lohn«, meint sie aber dennoch geschmeichelt und steht auf. »Er erwartet dich schon«, erklärt sie, als sie zu dessen Bürotür geht und anklopft. »Mister Mitchell? Darius Harper ist hier«, sagt sie und macht Darius Platz.

      »Vielen Dank, Samantha. Bringen Sie uns doch bitte noch Kaffee und Gebäck, bevor Sie Feierabend machen. Das hier könnte länger dauern«, bittet Steve freundlich.

      Er steht von seinem Schreibtisch auf und geht zu der kleinen Sitzgruppe, die aus einem grauen Sofa, zwei Sesseln in der gleichen Farbe und einem niedrigen Glastisch besteht, auf dem schon ein Laptop bereitsteht. Als Gegensatz zu dem Grau bringen zwei grüne Topfpflanzen einen kleinen Farbakzent in die Ecke. »Setzen Sie sich, Darius, und dann besprechen wir mal, was sich in den letzten Tagen ereignet hat und wie ich Ihnen mit dem neuesten Projekt helfen kann«, meint er und lässt sich in einen der Sessel sinken.

      Trotz der freundlichen Aufforderung zögert Darius, setzt sich dann aber doch auf das Sofa und nickt anerkennend. »Die Sitzecke ist offensichtlich nicht nur neu, sondern auch bequem.«

      Schmunzelnd lehnt sich Steve entspannt zurück. Er wartet, bis Samantha Kaffee und Gebäck hingestellt hat und das Büro verlässt. »Ja, die Möbel sind vorgestern geliefert worden. Ich finde so ein Ambiente für Gespräche unter vier Augen deutlich angenehmer, als wenn sich ein Schreibtisch zwischen mir und meinem Gesprächspartner befindet.«