Andreas Seifarth

Wie ich 1000 Dinge von Oma online verkaufte und was ich dabei erlebte


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war bis zum letzten Tag fit. Am Abend zuvor hatte ich sie noch zum Kegeltreffen in das Bürgerhaus bei uns im Ort gefahren. Voller Freude ging sie dort immer einmal im Monat hin. Alleine schon wegen dem Essen. Oma bestellte sich immer einen „Züricher Toast“. Luxus war dies für sie. Eine der wenigen Dinge, die sie sich gönnte.

      Niemals hätte ich gedacht, dass ich sie nie mehr wiedersehen würde. Es ist schon ein komisches Gefühl. Hätte man das alles vorher gewusst, wäre eine Verabschiedung möglich gewesen. So aber veränderte sich mein Leben von einem Tag auf den Anderen schlagartig.

      In den letzten Jahren hatte ich mein Leben immer rund um Oma aufgebaut. Nun fange ich praktisch noch einmal ein neues Leben an. Zudem gehört auch das Erbe von Oma. Meine Großeltern wollten immer, dass es meinem Bruder und mir gut gehen sollte. Aus diesem Grund auch wurden wir im Testament als Haupterben eingesetzt. Doch wird es schwer, die beiden Häuser zu halten und aus diesem Grund komme ich nun zu dem eigentlichen Thema dieses Buches. Denn der gesammelte Wohnungsinhalt der beiden Häuser musste aufgelöst werden.

      Ja, auch meiner. Ich war nicht viel besser als Oma und ebenso ein Freund von vielen Dingen gewesen in den letzten Jahren. Konnte so einiges immer gut gebrauchen. Besonders alte Gegenstände haben es mir angetan. Aber auch die vielen Dinge, die mit Erinnerungen zusammenhängen, sind mir ans Herz gewachsen. Ich kann Gegenstände nur sehr schwer loslassen, finde an jedem Teil eine Erinnerung. Gerne haben wir es uns auch im Freundeskreis zur Sitte gemacht, uns gegenseitig immer viele sogenannte „Müllgeschenke“ zu machen. Diese wurden bei mir immer aufgehoben. Auch wieder aus besagten Erinnerungen, die diese Geschenke für mich bedeuten.

      Meine Anzeigen auf einer Online-Verkaufsseite setzte ich vom ersten Tag an gut überlegt ein. Hier half mir natürlich der Umstand, dass ich im Handel meine Ausbildung gemacht habe. In dem Beruf mein ganzes Leben lang arbeite und in den letzten Jahren durch meinen Wechsel in den Bereich Werbung viele weitere Erfahrungen sammeln konnte.

      Bei den ersten Anzeigen, die ich aufgab, setzte ich unter dem Punkt „Bemerkungen“ folgenden Text ein:

      „Ich verkaufe hier einen großen Teil meines gesammelten liebgewonnen Hausrat und den meiner Großeltern. Aufgrund des Todes meiner über alles geliebten Oma muss und will ich neu anfangen. Das alles fällt mir nicht leicht, denn ich habe die Dinge mit viel Liebe gesammelt. Jedes Teil ist mit Erinnerungen verbunden und es tut weh, alles das nach über 40 Jahren gemeinsamen Weges aufzugeben“.

      Dieser Text wurde sehr unterschiedlich von den Käufern und Interessenten aufgefasst. Das sieht man auch anhand der Antworten, die ich bekam. Viele nahmen Anteil am Tod meiner Oma, andere empfanden es als unverschämt. Mir war es aber wichtig, die Umstände zu erklären. Bei vielen Verkäufen vor Ort musste/durfte ich dann die Geschichte von Oma erzählen. Mit vielen Käufern ging ich durch das Haus und zeigte, wie alles noch nach ihr eingerichtet war. Eine sehr liebenswerte Dame brachte es einmal auf den Punkt. Denn ihrer Meinung nach würde man noch den „guten Geist von Oma“ im Hause spüren. Besser hätte sie es wirklich nicht ausdrücken können. Aber bewusst geworden ist es mir erst in diesem Moment. So geht es mir auch heute noch. Diese Dame hat mir aus der Seele gesprochen und es tut mir heute noch gut! Das Haus steht ja immer noch leer und es riecht überall wie früher. Das tut auf der einen Seite sehr gut, sorgt aber auch dafür, dass man nur schwer loslassen kann. Auf jeden Fall hat es mir jedes Mal gut getan. Ich konnte mich mit den Käufern immer mit freuen, wenn ich merkte, wieviel Wertschätzung jeder Gegenstand bei der Abholung bekam.

      Mit der Zeit lernte ich beim Aufgeben der Anzeigen dazu. So schrieb ich die Bemerkung dazu, man solle doch bitte auch „meine anderen Angebote“ ansehen. Dies zeigte Wirkung. Genauso wie das Hervorstellen für eine Woche bestimmter Anzeigen. Das kostete zwar Geld, lohnte sich aber enorm. Denn ich hatte immer über 100 Aufrufe pro Inserat und verkaufte so mehr und schneller. Dies sollte man aber nur bei interessanten Angeboten machen, ansonsten verliert man meiner Meinung nach nur sein Geld. Auch das jeweilige Bild von dem Artikel sollte ansprechend sein. Hier kam mir auch wieder zugute, im Bereich Werbung beruflich tätig zu sein. Wichtig war und ist es auch, sehr genaue Angaben zu machen. Wie oft wurde ich nach der Länge/Breite/Höhe der Artikel gefragt. Das ist immer gut, wenn man diese gleich mit angibt.

      Im Grunde aber bestimmen wie bei allen Verkäufen im Leben „Angebot und Nachfrage“ den Markt. Nie hätte ich zwar geglaubt, Kleiderbügel und Schmierseife verkaufen zu können. Aber es scheint für fast jeden Artikel einen Käufer zu geben. Dass die eigene preisliche Vorstellung von der realen meist enorm abweicht, musste auch ich erst lernen. Dafür passierte es mir auch manchmal, den einen oder anderen Artikel zu günstig veräußert zu haben. Manche sind sogar so lieb und weisen einen darauf hin.

      Bei den letzten Verkäufen merkte ich dann auch, dass meine Geduld nicht mehr so stark war, wie beim Beginn. Die vielen Fragen nervten mich einfach nur noch. Deshalb war es dann auch gut, nach über 1000 Anzeigen aufzuhören. Nicht alle verkauften Artikel sind hier im Buch. Dies hätte die Größe des Buches gesprengt.

      Was ich aber auf jeden Fall loswerden will, ist die Freundlichkeit der vielen Käufer. Bis auf wenige Artikel wurde ich immer fair behandelt. Bekam mein Geld und hatte kaum Beschwerden. Insgesamt hatte ich 3 Käufer, die mit dem Zustand des Artikels nicht zufrieden waren. Einer behauptete, sein Paket wäre nicht angekommen. Dies konnte ich aber mit der Sendungsnummer beweisen. Auch diese Menschen trifft man leider im Leben. Alle Anderen waren sehr zuvorkommend und liebenswert zu mir gewesen. Dafür ein riesen “Dankeschön“. Auch wenn mancher schon ganz schön schräg war. Wie zum Beispiel einer, der mir erklärte, die Kondensstreifen am Himmel seien nicht von den Flugzeugen. Es handele sich hierbei um sogenannte „Chemtrails“. Auch dafür ein „Danke“. Jedem das seine sag ich da nur.

      Nicht bei jedem einzelnen Artikel ist mir eine große Geschichte aus der Vergangenheit wieder eingefallen. Deshalb wundern Sie sich bitte nicht, wenn der Text nicht immer so üppig ausgefallen ist.

      Zum Ende des Vorwortes kann ich nur sagen, wie dankbar ich bin. So viele liebenswerte und herzliche Menschen durfte ich durch die Verkäufe kennen- lernen. Jeder einzelne Käufer war für meine Seele Balsam. Es tut so gut zu wissen, dass Omas Gegenstände für andere eine Freude sind. Das sogar die Koffer von ihr nun in Kamerun gebraucht werden, das Starthilfegerät von ihrem Auto in Nigeria zum Einsatz kommt und ihre gesammelten Dinge in ganz Deutschland und Europa verteilt sind. Somit ist auch ein Teil von ihr überall noch da und erinnert so ganz unbewusst an meine geliebte Oma!

      Omas legendäre Sprüche zu Lebzeiten:

       Streue Blumen der Liebe zur Lebenszeit

      (Diesen Satz sagte sie immer, wenn es um das Vererben ging. Ihr war es immer wichtig, mit seinen Mitmenschen herzlich umzugehen und immer Hilfe anzubieten)

      Was man einmal gesagt hat, kann man nie mehr zurück nehmen

      (Ein ganz wichtiger Satz für sie, besonders in der Ehe. Schimpfworte gab es bei ihr nie. Oma und Opa gingen so 35 Jahre lang gegenseitig mit sich um)

      Es berichten sich sogar die Fliegen, auf dem Säntis soll Neuschnee liegen

      (Wo dieser Spruch herkommt, kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass der Berg Säntis in der Schweiz sie sehr beeindruckt hat)

      Was Sie brauchen ist ein großes Stück Seife, um ihren schmutzigen Mund auszuwaschen

      (Diesen Satz bekam einmal eine Frau von ihr zu hören, die Oma auf der Arbeit beleidigte. Da Oma immer höflich entgegnete, kam diese Antwort von ihr)

      Du bist ein Käsekuchen, weil Käsekuchen stinkt

      (Wenn mein Bruder als Kind Oma ärgerte, bekam er diesen Satz als Antwort. Dieser ist nicht beleidigend oder unverschämt, trifft aber. Das war Omas Absicht)

      Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, wer nicht heiratet, kriegt kein Kindimg3.png

      (Dass diese These nicht stimmt, wurde wohl schon bewiesen. Oma posaunte diesen Satz jede Woche zu allen Gelegenheiten)

      Das Glück ist ein Rindvieh und sucht seinesgleichen

      (Wenn Oma