Arik Steen

Sklavenschwester


Скачать книгу

       Sie bejaht: «Ja. Deshalb. Du darfst mich nicht falsch verstehen.»

       «Das tue ich nicht!», meine ich ehrlich. Ich hatte mir mehrmals schon überlegt, ob ich Louisa einfach aus meinem Buch herauslassen sollte. Aber im Grunde war sie genauso Teil dieser Geschichte wie alle anderen auch. Ihre Erlebnisse führen ein halbes Jahr später zu einem Gerichtsprozess.

       «Morgen ist die Verhandlung!», sagt sie: «Vielleicht hast du Lust vorbeizuschauen!»

       Ich seufze. Lust hat man auf so etwas nicht. Das ist die falsche Wortwahl. Aber das meint sie auch nicht so. Das weiß ich. Ich verspreche ihr zu kommen.

       «Danke!», meint sie: «Es wäre mir wichtig!»

       An und für sich habe ich mit dem Prozess eigentlich nichts zu tun. Aber wenn ich sie damit unterstützen kann, dann gehe ich zur Verhandlung.

       «Die Geschichte! Ich habe das zusammengefasst. Ich habe es aufgeschrieben!», sagt sie nach einer kurzen Schweigepause.

       Ich bin ein wenig überrascht, aber zufrieden: «Okay. Das ist gut. Das ist sehr gut.»

       «Wenn du willst, schicke ich es dir per Mail zu!»

       «In Ordnung!», sage ich.

       «Ich kann nicht so richtig schreiben!», gibt sie ehrlich zu: «Aber das ist nicht schlimm, oder?»

       «Nein!», sage ich. Ich brauche nur einen Einblick in ihre Sicht der Dinge. Die Geschichte schreibe ich ohnehin selbst und binde sie dann in meinen Roman ein.

       «Hast du Kontakt zu Saga?», fragt sie um das Thema zu wechseln.

       «Ja!», meine ich: «Ich habe gestern Abend noch mit ihr telefoniert!»

       «Okay!», erwidert die Tölzerin: «Wann kommt dein Buch raus?»

       Wieder ein Themawechsel. Ich muss grinsen: «Ich denke im März dieses Jahres!»

       «Und du erzählst die Geschichte nicht nur aus deiner Sicht?», fragt sie neugierig: «Ich meine, aus der "Ich" Perspektive?»

       «Nein!», erwidere ich: «Ich werde das mischen. Auch wenn es vielleicht unüblich ist das zu tun. Aus der Sicht eines Erzählers und aus meiner Sicht!»

       «Hört sich verrückt an!», meint Louisa: «Nun ja, ich bin gespannt auf das Buch!»

       Ich muss lachen: «Ich auch!»

       «Dann schreib mal schön! Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen mit meinem Teil!»

       «Ganz bestimmt!», sage ich: «Und ich verspreche dir, dass ich deine recht sensible Geschichte auch mit dem genügenden Respekt behandeln werde!»

       «Danke!»

       «Ich habe zu danken!», erwiderte ich: «Wir sehen uns morgen in der Verhandlung!»

       «Dann kannst mir ja schon ein Buch mitbringen!», sie lacht.

       Ich lache ebenfalls: «Ich bekomme das heute fertig. Ganz bestimmt. Aber das mit dem Veröffentlichen, das dauert noch!»

       «Ja, war ja auch nur ein Spaß!»

       «Machs gut! Bis morgen!», sage ich und lege dann auf.

       Ich klappe den Laptop auf und öffne die Datei, die sie mir zugeschickt hat. Sie trägt den Namen «Sommer 2015». Es sind die letzten Infos, die ich brauche um die Erzählung zu vollenden ...

      Ende Februar 2015

       Ich beginne meine Erzählung im Februar 2015, also vor gut einem Jahr. Während der Januar des Jahres viel zu warm gewesen war und in Oberbayern teilweise das Thermometer die 20 Grad Marke überschritten hatte, war der zweite Monat des Jahres wieder deutlich kälter. Nicht alle Münchner waren darüber glücklich und auch ich bin eigentlich ein absoluter Fan von einer recht klaren Abgrenzung von Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter. Aber ich muss mich wohl oder übel von den Jahreszeiten, wie ich sie aus Kindheitstagen in München kenne, verabschieden. Im Februar 2015 fluchten viele, weil der Winter zurückkam.

       Nicht so Lova. Die zwanzigjährige Studentin aus Schweden war mittlerweile seit gut einem halben Jahr in der Landeshauptstadt.

       Und mit ihr beginnt die Geschichte.

       Ich hatte sie bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht kennenlernen dürfen, hatte jedoch schon viel von ihr gehört. Zufällig war sie gerade beim Training als ich ihren Personaltrainer, mit dem ich bis Ende 2015 noch zusammengearbeitet hatte, anrief.

       «Du hast einen Kunden?», fragte ich.

       Daniel bejahte: «Ja, habe ich. Die Schwedin!»

       «Oh!», ich musste grinsen. Zwar hatte ich sie noch nie gesehen, aber Daniel erzählte mir fast jedes Mal von ihr: «Und, du kommst nicht weiter bei der jungen Dame?»

       «Nein!», sagte er: «Ich bin einfach nicht so wie du!»

       Ich lachte leise: «Es ist reine Kopfsache. Du hast doch nichts zu verlieren...»

       «Außer einer Kundin!», widersprach er mir: «Und meinen Ruf als seriöser Personaltrainer!»

       «Okay! Aber du stehst auf sie! Und du möchtest sie ... besitzen!»

       «Ja!», gestand er.

       «Was macht sie gerade?»

       «Bankdrücken!»

       Ich stellte mir für einen Augenblick eine junge Schwedin vor, die auf einer Bank lag und krampfhaft ein Gewicht stemmte. Aber so richtig gelang es mir nicht: «Sie sieht gut aus, du willst sie, also nimm sie dir!»

       «Ich muss auflegen!», sagte er.

       Ich nickte stumm, was er natürlich nicht sehen konnte. Nach einer kurzen Pause meinte ich: «Okay!»

       «Hast du heute Zeit für ein Bier?»

       «Kümmere dich um deine Schwedin!», meinte ich: «Wir telefonieren nachher!»

       «In Ordnung!», erwiderte Daniel und legte auf.

      Lova drückte mit aller Kraft die Hantelstange von ihrem Körper weg, um sie schließlich langsam wieder zurückzuführen. Aber das mit dem «langsam» war gar nicht so einfach. Geräuschvoll krachte die Stange in die dafür vorgesehene Halterung. Wie viele Kilo waren das jetzt? Ihr Coach hatte es ihr gesagt, aber sie wusste es nicht mehr. Heute kam ihr das Bankdrücken besonders schwer vor.

      «Heute geht einfach nicht mehr, sorry!», sagte Lova etwas außer Atem.

      Daniel schaute sie streng an: «Ist heute nicht deine beste Stunde, oder?»

      «Nein!», seufzte sie und stand auf.

      «Mhm! Bankdrücken war in jedem Fall heute nicht so toll!» Er machte sich einige Notizen.

      Sie grinste: «Vielleicht bist du nicht streng genug, Coach!» Dabei betonte sie das Wort «Coach» auf provokative Art.

      «Nicht