sie sich fallen lassen dürfen beziehungsweise müssen! Aber für den Mann ist es eine hohe Verantwortung. Das musst du dir immer wieder bewusstmachen.
«Was kann ich euch bringen?», fragte der Kellner.
«Bring uns ein Sternhagel!», erwiderte ich.
«Du möchtest jetzt ernsthaft ein Starkbier?», Daniel schaute mich verwundert an.
Ich nickte: «Es gibt was zu feiern. Oder etwa nicht?»
«Ich weiß nicht, ich bin nicht so der Fan von Starkbier!», erwiderte Daniel.
Ich nickte: «Ja sicher. Und vor vier Wochen hast du mir genau hier erzählt, dass du niemals eine Frau dominieren könntest! Und jetzt bist du mitten drinnen in so einem Spiel!»
«Doch nur, weil ich es mir anders vorgestellt habe. Ich dachte, es wäre etwas Frauenfeindliches!»
Und nun weißt du, dass es das nicht ist. Es ist keine Erniedrigung der Frau an sich oder der jeweiligen Person. Es ist vielmehr eine Hommage an die Weiblichkeit ...»
«Gott, rede doch nicht so geschwollen!», schüttelte er den Kopf.
«Was ist jetzt?», fragte der Kellner.
«Wie gesagt!», meinte ich: «Zwei Sternhagel!»
Der Mann hinter der Theke nickte: «Okay, in Ordnung. Bring ich euch!»
Ich wand mich wieder an Daniel: «Ich will dir auch nur sagen, dass es etwas anderes ist, ob du ein dumpfer, besoffener Ehemann bist, der aus Frust seine Frau schlägt und sie schlecht behandelt oder eben eine Frau dominierst, weil sie sich dir leidenschaftlich gerne unterwirft und das Spiel mitspielt! Ja, es genießt trotz zeitweiliger Unsicherheit und vielleicht auch Angst.»
«Das habe ich jetzt schon verstanden. Deine wichtigste Regel ist es die Frau an sich wertzuschätzen und sie als Geschenk anzusehen.»
«Als Geschenk Gottes!», fügte ich hinzu und nickte als der Kellner zwei Gläser auf den Tresen stellte, um schließlich das Starkbier einzuschenken: «Dieses Spiel kann nicht jeder spielen!»
«Ich bin nicht gläubig!», wehrte Daniel ab: «Aber ja, Frauen sind ein Geschenk! Da gebe ich dir Recht! Und ja, ich denke, dass das auch nicht jeder kann.»
«So wie wir unser Spiel als eine Hommage an die Weiblichkeit sehen, so ist dieses Bier eine Hommage an die Bierbraukunst!», sagte ich, hob mein Glas und stieß mit ihm an.
«Haben die keine Biergläser?», fragte er verwundert: «Ist das ein Cognacschwenker?»
Ich ging nicht darauf ein sondern trank einen Schluck und genoss den süßen, malzigen Geschmack des Sternhagels, dass seinen Namen alle Ehre machte. Dieses Bier war gefährlich, weil der angenehme Geschmack über die Stärke des Bieres hinwegtäuschte.
«Es ist gut!», sagte Daniel überrascht: «Hätte ich nicht erwartet.»
«So in etwa musst du das Spiel von Dominanz und Unterwerfung sehen!», erwiderte ich: «Herb und bitter, stark und dominant, gepaart mit intensiver Süße und verführerischem Geschmack!»
«...die einen umhaut!», grinste Daniel und nahm einen weiteren Schluck.
«Nun, wenn du zu schwach bist, dann garantiert!», lachte ich und wurde dann wieder ernst: «Mache dir Lova zu einer Sklavin. Aber behandle sie nie respektlos als Frau.»
«Es hört sich nach einem Widerspruch an!», erwiderte er: «Aber ich habe es in der Zwischenzeit verstanden.»
«Wenn du ein gewalttätiger Mensch bist, dann kannst du dieses Spiel nicht spielen!», ermahnte ich ihn. Ich wusste zu gut wie viele Männer es in unserer Gesellschaft gab, die nicht in mein Schema passten.
«Ich habe dich verstanden!», sagte er.
Ich nickte: «Das weiß ich! Und nun Prost!»
Tag 1
August 2015
Zweifelsohne hat Bayern seine kleinen ruhigen Ecken. Sie sind jedoch wohl kaum vergleichbar mit der endlosen Weite und Einsamkeit mancher Gegenden in Schweden. Mit einer schier unvorstellbaren Gesamtfläche von über siebenhunderttausend Hektar verteilen sich insgesamt neunundzwanzig Nationalparks auf das ganze Land. Mit sieben Jahren hatte Elvira das schwedische Lappland zum ersten Mal kennengelernt. Mit ihren Eltern hatte sie damals eine Tour durch Nordschweden gemacht und war fasziniert von dieser Natur gewesen.
Erst mit neunzehn sah Elvira ihre Traumlandschaft wieder. Diesmal bereits als junge Frau und ohne die Obhut ihrer Eltern. Sie hatte in Schwabing, einem Münchner Stadtteil, ihr Abitur gemacht und dann entschieden über den Sommer nach Lappland zu fahren. Keiner hatte damals geahnt, dass sie dort die Liebe ihres Lebens finden würde. Der damals einundzwanzigjährige Erik war Ranger im Nationalpark Abisko, etwa zweihundert Kilometer nördlich vom Polarkreis. Der junge Schwede hatte die deutsche Reisegruppe, der Erika damals angehört hatte, durch den Park geführt. Ihm gefiel die junge Münchnerin, die ihm viele Fragen über die Tier- und Pflanzenwelt stellte. Für Elvira war es sicherlich nicht die Liebe auf den ersten Blick. Zu sehr waren ihre Gedanken überwältigt von dieser Natur. Der Ranger war für sie anfänglich lediglich Teil dieser unfassbaren Gegend. Aber umso mehr sie ihm Fragen stellte und umso mehr sie sich unterhielten, umso mehr sah sie auch den Menschen Erik.
Nach ihrer Rückkehr nach München fing sie an, ihm zu schreiben. Sie wollte unbedingt im Winter wiederkommen. Vor allem weil sie eines sehen wollte: Polarlichter. Obwohl es in der Gegend des Nationalparks Abisko die weltweit höchste Wahrscheinlichkeit gibt, dieses Naturphänomen zu sehen, war es Elvira während ihres Urlaubs nicht vergönnt gewesen. Und sie wollte natürlich auch Erik wiedersehen.
Aus einem Urlaubsflirt wurde eine Fernbeziehung. Und aus dieser wurde die große Liebe. Dass diese keine Zukunft hatte, wie so viele Verwandte und Bekannte immer wieder behaupteten, davon wollte Elvira nichts wissen. Sie war damals fest entschlossen der Beziehung eine Chance zu geben. Ihre Mutter hatte gehofft, dass mit der Zeit die Flamme der Liebe erlosch, aber das tat sie nicht. Und schließlich, nach gut einem Jahr, gab Elvira ihr Leben in der bayerischen Landeshauptstadt auf. Sie zog nach Nordschweden. Viele Freunde, Bekannte und Verwandte hatten Elviras damalige Entscheidung angezweifelt.
In Deutschland waren die meisten Verwandten der festen Überzeugung, sie würde wieder zurückkommen. Doch das war nicht der Fall. Spätestens als die erste Tochter zur Welt kam, war klar, dass aus einem Urlaubsflirt, nicht nur erst eine Fernbeziehung und dann die große Liebe, sondern schließlich eine Familie entstanden war.
Elvira hatte ihre Entscheidung nie bereut. Vor allem deshalb nicht, weil sie zwei wundervolle Töchter bekam, die ihrem Leben eine völlig neue Herausforderung brachten.
Doch so sehr Elvira, die die Einsamkeit der schwedischen Wälder und der Nationalparks liebte und schätzte, so sehr sie sich hier daheim fühlte, so groß war auch der Wunsch, ihren Töchtern ein Stück ihrer alten Heimat nahezubringen. Beide Töchter wuchsen in der behüteten Einsamkeit der Wälder auf und kannten die große weite Welt nur aus Schulbüchern. Elvira wusste, dass in ihren Töchtern eine Sehnsucht steckte, mehr zu sehen als nur endlose Wälder und Fjorde. Vor allem die ältere Tochter Lova wollte mehr als das. Durch Zufall hatte Elvira von einem Auslandsstipendium in München gehört und ihre Tochter angemeldet.
Seit mittlerweile gut einem Jahr war die nun zwanzigjährige Lova in der bayerischen Landeshauptstadt München und studierte Ökologie. Elvira wusste tief in