nicht klar, wen er ansprach.
„Edward! Wie kann ich das wieder gut machen?“, fragte er spontan.
Der Chef lächelte ihn kurz an und betrachtete noch einmal eingehend Keno‘s Gesicht, bevor sein Blick genüsslich über den Rest seines nackten Körpers schweifte. Nach einem Moment nickte er versonnen.
„Wenn er wieder vollkommen genesen ist, will ich ihn benutzen!“, gab er zur Antwort.
Oh nein, jammerte Keno in Gedanken auf. Bitte! Ich will das nicht! Ich halt das nicht durch! Doch äußerlich war keine Reaktion von ihm erkennbar. Nur seine Tränen liefen erbarmungslos weiter.
„Natürlich!“, gestand George dem Chef zu. Doch dass er damit ganz und gar nicht einverstanden war, konnte man ihm am Gesicht ablesen.
„Nun gut!“ Edward rappelte kurz mit einem Kästchen, welches er die ganze Zeit in seiner anderen Hand gehalten hatte. „Dann wollen wir mal zur Tat schreiten!“
Er beugte sich wieder ein Stück zu Keno runter.
„Wir werden dich jetzt ein wenig schlafen lassen! Mach‘ dir keine Gedanken! Dein Körper muss jetzt einfach ruhen, verstehst du?“
Seine dicken Finger wischten Keno einige Tränen vom Gesicht. „Die Schmerzen werden bald vergessen sein, glaub mir! Wir werden dich gesund pflegen!“ Er redete leise und beruhigend auf Keno ein.
„Lass‘ mich geh’n“, krächzte Keno mit rauer Stimme. „Ich will hier weg!“
Der Chef presste die Lippen aufeinander. „Schlaf jetzt ein bisschen. Über alles andere reden wir später!“
Schließlich winkte er der Krankenschwester und Keno bekam eine Spritze verpasst, die ihn in wenigen Augenblicken wegschlummern ließ.
„Wie war es, ihn zu nehmen?“, fragte der Chef nebenbei, während er um das Bett auf die andere Seite ging und das Kästchen öffnete.
George konnte einen spontanen Ausruf der Begeisterung nicht unterdrücken. „Er ist eine echte Wildkatze! Ungezähmt, leidenschaftlich und auch wütend! Es war unglaublich, ihn zu unterwerfen! Du wirst deine Freude an ihm haben!“
George schwelgte in seinen Erinnerungen. Allein bei den Gedanken daran bekam er schon wieder einen Ständer. Cat hatte die ganze Zeit gekämpft. Hatte sich in die Fesseln geworfen, geflucht, gedroht, gebrüllt. Und dann, als George ihn eine Weile ausgepeitscht und gefickt hatte, wurde aus dem Fluchen ein Stöhnen, ein Jammern und Ächzen. Dass es ihn dermaßen anmachen würde, hätte George vorher selbst nicht gedacht.
Der Chef lächelte vor sich hin. „Ich werd‘ schon bei deiner Beschreibung hart. Wie bedauerlich, dass du die Beherrschung verloren hast! – Na ja, egal! Jetzt wird er erst einmal gezeichnet!“
Inzwischen hatte er sämtliche Utensilien ausgepackt und vorbereitet. Mit einem Surren setzte sich die Tätowiermaschine in Gang.
„Er hat wunderschöne Oberarme. Muskeln wie gemeißelt!“, murmelte Edward begeistert, während er mit einem eleganten „S“ begann. Er konnte – nach jahrelanger Übung – diesen Schriftzug freihändig. So lang war das Wort „Slave“ ja nun auch nicht.
Langsam tauchte Keno aus einem tiefen Schlaf empor. Er lag auf dem Bauch, sein Kopf ruhte auf einem weichen Kissen. Verschlafen kämpfte er mit seinen schweren Augenlidern. Ein leises Stöhnen entfuhr ihm, als er probeweise die Schultern bewegte. Sein Rücken schmerzte mächtig. Wo war er nur? Vorsichtig stützte er sich auf seine Ellbogen und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Dieses Zimmer kannte er nicht. Es war so ganz anders eingerichtet, als das Zimmer, in dem er sonst immer gefangen gehalten wurde.
Keno bewegte sich noch ein wenig und sein Bett knarzte gemütlich. Ein großes schweres Bett aus Holz mit einem leichten Federbett. Jetzt ließ er seinen Blick weiter durch den Raum schweifen. Hier war alles sehr rustikal. Dielenboden, dunkel und bestimmt schon tausende Male eingeölt. Eine Landhaus-Tapete mit unschuldigen Motiven. Ein zweitüriger Bauernschrank mit gedrechselten Verzierungen. Ein Holztisch mit zwei Stühlen. Eine alte Truhe vor dem Fenster.
Keno drehte den Kopf zur anderen Seite des Bettes. Eine braune Hundeschnauze … Und noch bevor er sich wundern konnte, stützte sich der Hund mit den Vorderpfoten auf die Bettkante, schnellte mit der Schnauze vor und gab ihm einen Begrüßungskuss. Keno lachte spontan auf und wischte sich die feuchte Liebesbekundung von der Wange.
„Na, du bist ja ein unerzogener Hund“, flirtete er den Vierbeiner an. Der winselte begeistert und hüpfte auf den Hinterbeinen immer höher, um anzutesten, ob er vielleicht ganz ins Bett durfte.
„Nein!! Geh sofort da weg, du freches Mädchen!“, ertönte eine warme Frauenstimme aus Richtung Zimmertüre. „Los! Ab mit dir!“
Keno musste wieder lächeln. Es schien tatsächlich, als ob der Hund betrübt seine Unterlippe herunterziehen würde. Schließlich folgte er dem Befehl und trottete aus dem Zimmer.
Jetzt trat eine Frau in Keno’s Blickfeld. Er schätzte sie auf zirka fünfunddreißig Jahre. Keine besonders auffällige Erscheinung, mittelgroß, braune schulterlange Haare – doch ihre Augen … sanft. Solch einen Ausdruck hatte Keno in der bisherigen Zeit seiner Gefangenschaft noch nicht gesehen. Vorsichtig setzte sie sich zu ihm auf die Bettkante.
„Hallo, Keno!“, begrüßte sie ihn freundlich. „Ich bin Annabelle. Wie geht es dir?“
Keno versuchte sich aufzusetzen und verzog das Gesicht, weil sein Rücken sofort protestierte.
„Geht so …“, keuchte er auf. Denn als er sich auf seinen Hintern setzte, fuhr ein scharfer schneidender Schmerz in seinen Darm. Das trieb ihm ungewollt etliche Tränen in die Augen.
Sanft legte Annabelle eine Hand auf Keno’s Schulter.
„Bleib liegen, Keno. Du bist noch lange nicht gesund und musst dich schonen. Wir kriegen das schon wieder hin.“
Ihm fiel auf, dass Annabelle einen niedlichen Akzent hatte.
„Bist du Französin?“, fragte er auf Französisch, denn das war eine der Sprachen, die er vor – wie es ihm schien – Jahren studiert hatte.
Annabelle’s Gesicht leuchtete auf. „Ja!“, erwiderte sie ebenfalls auf Französisch. „Wie schön, dass jemand in diesem Land meine Muttersprache spricht.“ Ihre Augen wurden ein wenig feucht. „In diesem verfluchten Land!“, ergänzte sie leise.
Keno senkte kurz seinen Blick. „Du hast Recht, Annabelle! Tut mir leid, dass du auch hier festgehalten wirst …“
Sie nickte und ihre Hände griffen ineinander, um sich gegenseitig zu trösten.
„Mein Mann – Cyrille – und ich werden hier festgehalten. Wir hatten lange auf diesen Urlaub in den Staaten gespart. Wir sind getrampt und gewandert … Wandern ist eines unserer Hobbies … war es … bis vor ungefähr zwei Monaten.“ Sie seufzte und knetete weiter Keno’s Hände.
„Wir kamen bis zu dieser Farm und dachten, vielleicht könnten wir etwas arbeiten, um unsere Urlaubskasse zu schonen. Du weißt schon, ein bisschen Arbeit auf dem Feld … was auch immer. Zu Hause in Frankreich werden wir wohl bald einen kleinen Hof mit ein paar Pferden erben. Wir sind beide in der Landwirtschaft groß geworden. Das haben die hier gleich gemerkt und uns unsere Pässe und das Geld weggenommen. Jetzt sitzen wir hier fest. Cyrille wurde … wie du …“
Sie strich vorsichtig über Keno’s rechten Oberarm. Annabelle liefen einige Tränen über die Wange. Da war ein leichter Verband angelegt worden. Den hatte Keno noch gar nicht bemerkt.
„Was ist denn da?“, fragte er erstaunt. Noch eine Verletzung? dachte er verwundert.
Annabelle streichelte Keno zärtlich über eine Wange.
„Denk dran, es hat nichts zu bedeuten. Du darfst das nicht auf dich beziehen. Es ist nur äußerlich!“, flehte sie ihn