Christian Polito

Gummistrapse im Bach


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Meinst ein Huhn kann Leute verarschen?!“

      Nach unserer Baustelle wusste ich, dass jeder jeden verarschen kann, oder es zumindest versucht. Also warum sollte nicht auch ein Huhn Leute verarschen?

      Steffi trieb das ganz mit einem „Mei, vielleicht hat’s a Depression.“ auf die Spitze, worauf ich nur mit einem „Naja, ein Burnout kanns nicht sein, weil Eier legt sie im Moment ja eh keine“ antworten konnte.

      Ich fragte unseren Tierarzt trotzdem vorsichtshalber und ganz zaghaft, ob ein Huhn auch so etwas wie Depressionen haben kann.

      Er hatte uns vermutlich sowieso schon für völlig bescheuert gehalten, da kam es jetzt auf eine depperte Frage mehr oder weniger auch nicht mehr an.

      Wenn ein Tierarzt vom Land dann allerdings ganz locker aus der Hüfte mit einem „Ja, warum denn nicht?“ antwortet, dann schaust schon wie ein Schwalberl wenns blitzt.

      Also setzte ich nach „Ja… Und könnt des nicht auch sein, dass… Also… Die verascht uns doch, oder? Weil ich mein, hier im Innenhof hats Streicheleinheiten, Futter für sich allein, also quasi ein Hühnerwellness deluxe!“

      Ein belustigtes „Ja, des kann auch sein…“ des Tierarztes lies mich dann endgültig sprachlos werden.

      Aber gut es ging um ein Huhn und das sollte sich wohlfühlen, also durfte Erna im Innenhof bleiben.

      Nach gut einem Jahr plagte sie dann wohl doch das schlechte Gewissen und jetzt lebt sie auf eigenen Wunsch glücklich und zufrieden mit den anderen Hühnern zusammen - ganz ohne hängende Flügel und bumperlgsund.

      Ja so eine kleine Mistmatz die Erna, aber eh eine ur liebe und fehlen tut uns unser Katzenhuhn schon auch manchmal, um ganz ehrlich zu sein.

      Alles Hendl oder was?

      Da das mit den Hendln ja vorerst geklärt war - es gibt normale und dann die, die dich verarschen und eine Depression vortäuschen - waren ja noch immer Flächen da, die genutzt werden wollten.

      Tja und auf was für eine Idee kommt man da? Nein immer noch keine lila Kuh - Du schaust echt zu viel Werbung, Spezi!

      Na gut, für die nächste Raterunde geb ich Dir einen heißen Tipp - ich hatte bzw. habe von Steffi die zwingend einzuhaltende Auflage, dass wir nur mit Tieren zusammenleben, die mich bzw. uns nicht töten können.

      Für meine städtischen Freunde mag das jetzt schockierend sein, aber ja, eine lila Kuh kann Dich töten und nein, dabei bewirft sie dich nicht solange mit Schokolade bis Du tot bist.

      Folglich können Dich auch andere Kühe, sprich Rinder die nicht lila sind, töten. Aber da ich hier kein Horrorbuch schreib, einigen wir uns einfach darauf, dass Du vor Kühen einen entsprechenden Respekt haben solltest - wega Deiner G’sundheit warat’s g’wesen.

      Wurscht.

      Nein keine Rinder, sondern Schweine standen als nächstes an, genauer gesagt Kune Kune Schweine.

      Die kommen ursprünglich aus Neuseeland, sind für ihren äußerst sanften Charakter bekannt und werden nur 100 Kilo schwer.

      Die Rasse war bereits kurz vor’m aussterben und weltweit sind nur ca. 5.000 dieser Schweine registriert, davon befinden sich nur ca. 90 in Österreich und inzwischen vier davon bei uns in der Edermühle.

      Aber eins nach dem anderen.

      Ich fand Schweine schon seit meiner Kindheit faszinierend. Schon bevor wir unsere Edermühle entdeckten, hatte ich mich deswegen intensiv über Schweinerassen informiert und Steffi auf verschiedene Höfe in ganz Österreich geschleppt, um die Tiere live zu erleben.

      Ja, ich weiß, ich hab das große Los mit Steffi gezogen.

      Da, wo andere Damen mit der fünften Louis noch nicht zufrieden sind, oder völlig realitäts- und vor allem verhältnissmäßigkeitsverlassen bereits mit einer Birkin liebäugeln, ist Steffi schon glücklich, wenns nur eine Schweinebesichtigung pro Woche war.

      Für meine ländlichen Freunde - eine Louis ist ein Tascherl der Marke Louis Vuitton und das ist in etwa so, als ob Du ein Billa Sackerl mit dem Namen „Dorfinger Sepp“ bedruckst und dann um 50 € verkaufst und die Leut trotzdem ganz narrisch drauf sind - klingt komisch, ist aber so.

      Eine Birkin ist dann übrigens dasselbe Billasackerl um locker flockige 200 € nur dass dann „Hinterdupfinger Toni“ draufsteht.

      Wurscht.

      Da gab es z.B. Mangalica-Schweine, auch Wollschweine genannt - sehr gutes Fleisch, langsam wachsend und wunderschön.

      Wenn diese wunderschönen Tiere allerdings ausgewachsen sind, suchst Du nach `nem Rüssel und wartest drauf, dass es trompetet. Du bist Dir dann nämlich nicht ganz sicher, ob Dir ein Schwein oder ein Elefant verkauft wurde. Ein ausgewachsenes Mangalica kann gut und gerne mal 300 kg schwer werden und wirklich zutraulich waren die Exemplare, welche wir uns anschauten, auch nicht und alles umgraben ist ihre Lieblingsbeschäftigung. Ein 300 Kiloschwein im Körper eines Elefanten, dass denkt es wäre ein Pflug und dabei auch mal grantig ist - leider nein, leider gar nicht.

      Abgesehen davon galt ja die Auflage von Steffi - kein Tier, dass uns töten kann.

      Ja, auch ein Schwein kann Dich töten und danach sogar obendrein auffressen und zwar ganz real, ohne Hollywood - wega meinen Freunden aus der Stadt warats gwesen.

      Schwäbisch Hällische haben wir uns als nächstes angesehen, aber auch da hat uns das Gewicht von bis zu 350 kg und die ähnlichen Eigenschaften wie beim Mangalica abgeschreckt.

      Das ging bei fast allen Schweinerassen, welche sich zur Nutztierhaltung eignen, so weiter.

      Und dann entdeckte ich sie im Internet - die Kune Kune Schweine!

      So gutmütig, dass sie sogar als Therapietiere gehalten werden, fürsorglich ihrem Nachwuchs gegenüber, sehr menschenbezogen, langsam und natürlich wachsend, mit einer sehr guten Fleischqualität.

      Kune Kune Schweine denken auch weniger sie wären ein Pflug, als vielmehr ein Rasenmäher.

      Alles was ich zum Thema Kune Kune finden konnte, überzeugte mich mehr und mehr, so dass es eines Tages soweit war und ich die Gelegenheit bekam, diese seltenen Schweine live zu erleben.

      Was soll ich sagen - es war einfach umwerfend diesen kleinen gutmütigen Riesen, 70-100 kg sind schließlich auch ne Ansage, zu begegnen.

      Die Sau Rosi war sehr verschmust und völlig gelassen, wenn es um ihre Ferkel ging - naja und die Ferkel selbst waren sowieso zum niederknien.

      Keine Ahnung warum dauernd Katzenbabyfotos auf Facebook geteilt werden - diese Leute haben offensichtlich noch nie ein Ferkel auf dem Arm gehabt.

      Wurscht.

      Die Entscheidung war gefallen, naja also für mich, denn jetzt hieß es Steffi zu überzeugen, denn Weidetiere waren eigentlich erst für nächstes Jahr geplant gewesen.

      Ich schmiedete einen zwar wenig komplexen, aber dafür teuflischen Plan.

      Steffi musste die Kune Kune Ferkel einfach nur hautnah selbst erleben und Schwupps wäre es auch um sie geschehen.

      Gesagt, getan und zwei Tage später schleppte ich Steffi zu unseren hoffentlich neuen Bewohnern.

      Als Steffi zum Gehege der Kune Kune kam, trottete Rosi mit ihren knapp 80 kg munter auf sie zu und lies sich sofort kraulen als ob es kein Morgen gäbe - es dauerte keine zwei Minuten und Steffi sagte "JA", noch bevor sie überhaupt die Ferkel sah.

      „Ausgezeichnet“ dachte ich mir und Du musst Dir jetzt dazu ein teuflisches lachen vorstellen.

      Wie auch immer. Die ca. 5.000 qm große Weide wurde nach ca. 10 Jahren mittels Balkenmäher vom Toni zum ersten mal wieder fit gemacht und wir hielten diese Methode zum damaligen Zeitpunkt, wie schon erwähnt, für up to date.

      Aus heutiger Sicht wäre das in etwa so, als wenn man sich mit `nem Kabeltelefon hinstellt und stolz drauf ist, dass es keine Wählscheibe mehr