Edgar Wallace

Der Frosch mit der Maske


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fragte Dick.

      »Ich fürchte, es ist für immer aus.« Johnsons Gesicht wurde traurig. »Ich selbst mußte es ihm sagen. Der Alte hatte es herausgefunden, daß er weggeblieben war, und durch irgendein höchst listiges und unterirdisches Nachrichtensystem hat er erfahren, daß Ray ein unsolides Leben führt. Er ließ einen Buchsachverständigen kommen, um die Bücher nachzusehen, aber die waren, Gott sei Dank, alle in bester Ordnung. Ich bin selber beinahe hinausgeflogen.«

      »Wissen Sie vielleicht, wo Maitland wohnt?« fragte Dick langsam, »und in welcher Umgebung? Besitzt er ein Haus in der Stadt?«

      Johnson lächelte. »Ja gewiß«, sagte er sarkastisch. »Erst vor einem Jahr habe ich entdeckt, wo es liegt, und bis jetzt habe ich es noch keiner Seele gesagt. Der alte Maitland wohnt in einer Gegend, die beinahe ein Elendsquartier zu nennen ist. Er wohnt schlecht, ganz so ärmlich wie ein Arbeitsloser. Und dabei besitzt er Millionen. Er lebt mit seiner Schwester. Sie besorgt den Haushalt und hat wohl nicht viel Arbeit damit. Nie habe ich gesehen, daß Maitland auch nur einen Penny für sich ausgab. Er trägt den gleichen Anzug seit dem Tag, an dem ich zu ihm kam. Zu Mittag nimmt er ein Glas Milch und eine Zwei-Pence-Semmel zu sich und versucht manchmal, mich dahin zu bringen, sie für ihn zu bezahlen.«

      »Sagen Sie mir, Herr Johnson, warum der Alte Handschuhe im Büro trägt?«

      Johnson schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht. Früher dachte ich, daß es nur geschieht, um die Narbe auf seinem Handrücken zu verdecken, aber er ist nicht der Mann, der deswegen Handschuhe tragen würde. Seine Arme sind bis zur Schulter hinauf mit Kronen und Ankern und Delphinen tätowiert.«

      »Vielleicht auch mit Fröschen?« fragte Dick.

      »Nein, einen Frosch habe ich noch nie an ihm gesehen. Ein Bündel von Schlangen ist auf sein Handgelenk tätowiert, das habe ich gesehen. Mein Gott, Maitland wird doch nicht etwa ein Frosch sein?«

      »Das möchte ich selber nur zu gerne wissen«, meinte Dick.

      »Ich würde ihn für gemein genug halten, um sogar ein Frosch oder etwas Ähnliches zu sein«, sagte Johnson.

      In diesem Augenblick kamen Ray und seine Schwester heran. Ray sah düster drein, und der Anblick Gordons schien ihn nicht heiterer zu stimmen. Ellas Wangen waren gerötet, und sie war sehr erregt.

      »Hallo, Gordon«, begann Ray ohne Einleitung. »Sie sind es wohl gewesen, der meiner Schwester Geschichten über mich zugetragen hat. Und Sie haben Elk beauftragt, mich auszuspionieren. Ich weiß es, denn ich habe Elk gerade dabei getroffen, wie er ...«

      »Ray, du darfst nicht so zu Hauptmann Gordon sprechen«, unterbrach ihn seine Schwester. »Er hat nie etwas Nachteiliges über dich erzählt. Was ich weiß, habe ich mit eigenen Augen gesehen. Und dann scheinst du zu vergessen, daß Herr Gordon Papas Gast ist.«

      »Jedermann macht solches Aufsehen meinetwegen«, brummte Ray. »Sogar der alte Johnson.« Er schlug dem Philosophen auf die Schulter.

      »Man hat wohl seine Sorgen mit Ihnen, mein Junge«, sagte Philo.

      Die Situation entspannte sich erst, als John Bannett mit der Kamera auf dem Rücken den roten Gartenweg heraufkam.

      »Ach, Herr Johnson, ich muß mich vielmals bei Ihnen entschuldigen, weil ich den Tag Ihres Besuches bei uns so oft verschieben mußte. Aber ich freue mich unendlich, Sie hier zu sehen. Wie ist man bei Ihnen im Büro mit Ray zufrieden?«

      Johnson warf einen hilflosen und ausdrucksvollen Blick auf Gordon. »Oh, so ziemlich, Herr Bennett«, stotterte er.

      Ein Gefühl des Unbehagens überkam Dick, als er begriff, daß Herr Bennett nichts von dem neuen Beruf seines Sohnes erfahren durfte. Auch Johnson schien diese Tatsache mit Missvergnügen zu erfüllen, und nach dem in etwas gedrückter Stimmung verbrachten Mittagessen, als die beiden im Garten allein waren, schüttete der ehrenwerte Mann Dick sein Herz aus. »Ich schäme mich, weil ich den alten Bennett betrüge. Ray hätte es ihm sagen müssen.«

      Dick vermochte ihm nur beizupflichten. Des jungen Mannes zornige Selbstsicherheit irritierte ihn, und es war niederdrückend für ihn, dieser plötzlichen und unverhüllten Feindschaft, die Ellas Bruder ihm entgegenbrachte, zu begegnen.

      Er entdeckte, was viele verliebte junge Männer entdecken müssen, daß die Gloriole ihrer Liebsten nicht auch Verwandte und Freunde mit gleichem Lichte bestrahlt. Und er entdeckte auch, daß der rundliche Herr Johnson genau wie er selbst von ganzem Herzen in das Mädchen verliebt war. In ihrer Gegenwart war Johnson nervös und zerstreut. Er schien unglücklich, wenn sie fortging und noch viel unglücklicher, als Dick später ihren Arm nahm und sie in den Rosengarten führte, der hinter dem Haus lag.

      »Ich weiß nicht, was dieser Mensch hier zu suchen hat«, sagte Ray wild, als die beiden verschwunden waren. »Er gehört nicht zu unserer Klasse, und er haßt mich.«

      »Ich kann mir nicht denken, daß er Sie haßt, Ray«, sagte Johnson und erwachte aus seinem unglücklichen Brüten. »Er ist doch ein liebenswürdiger Mensch.«

      »Unsinn!« sagte der andere verächtlich. »Er ist ein Snob. Er ist vor allem ein Polizeimann, und ich hasse diese Spitzel. Sie können mir glauben, daß er sich hoch erhaben über das dünkt. Aber ich bin ebenso viel wie er, und ich wette, daß ich viel mehr Geld verdiene als er.«

      »Geld ist nicht alles«, sagte Johnson mürrisch. »Mit welcher Arbeit sind Sie denn jetzt eigentlich beschäftigt, Ray?«

      »Das kann ich Ihnen nicht sagen«, antwortete Ray geheimnisvoll. »Ich konnte es auch Ella nicht sagen, obgleich sie stundenlange Verhöre mit mir angestellt hat. Es gibt eben Geheimnisse, über die man als Geschäftsmann nicht sprechen kann.«

      Herr Johnson schwieg. Er dachte an Ella.

      In der Abgeschlossenheit des Rosengartens erzählte Ella Gordon von ihren Befürchtungen.

      »Ich fühle, daß Vater alles erraten hat. Er war fast die ganze letzte Nacht aus. Ich blieb wach, bis er zurückkam, und er war entsetzlich blaß. Er hat mir erzählt, daß er die ganze Zeit umhergewandert ist, und nach dem Schmutz auf seinen Stiefeln zu schließen, muß es wohl wahr sein.«

      »Wenn ich auch nur wenig über Herrn Bennett weiß«, sagte Dick, »so glaube ich doch nicht, daß er der Mann ist, der schweigend dulden würde, wo es sich um Ihren Bruder handelt. Ich könnte mir eher einen höchst unliebsamen Auftritt vorstellen. – Warum ist Ihr Bruder so unfreundlich gegen mich?«

      Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Ray ist plötzlich ganz verändert. Das neue Leben richtet ihn zugrunde. Warum hat er denn nur einen falschen Namen angenommen, wenn wenn er einem ehrlichen Beruf nachgeht?«

      Sie hatte aufgehört, ihn mit »Herr Gordon« anzusprechen. Der Kompromiss, ihn nicht bei seinem Namen zu nennen, machte Dick jubeln, denn er erkannte wohl, daß es ein Kompromiss war. Der Tag war warm und der Himmel wolkenlos. Ella servierte den Tee auf dem Rasenplatz, und sie fand in Johnson und Dick zwei eifrige Helfer. Die Haltung des Jungen blieb weiter feindlich, und nach ein paar flüchtigen Versuchen, ihn umzustimmen, gab es Dick auf. Auch die Gegenwart des Vaters, der den Nachmittag hindurch der Gesellschaft ferngeblieben war, brachte nun keine Wendung zum Bessern.

      »Das Schlimmste an dem Beruf eines Staatsanwaltes ist wohl«, warf er in die mühsame Unterhaltung bei Tisch ein, »daß er diesen Beruf nie abzustreifen vermag. Vermutlich vermerken auch Sie die belanglosesten Gespräche für später in Ihrem Gedächtnis.«

      Dick legte gemächlich ein dünnes Butterbrot zusammen, bevor er antwortete.

      »Ich habe sicherlich ein gutes Gedächtnis. Es hilft mir auch, mich in schwierigen und unangenehmen Situationen ruhig zu verhalten.«

      Plötzlich wendet Ray sich um. »Seht nur«, rief er triumphierend, »dort steht das Oberhaupt seiner Spione. Sein getreuer Elk.« Dick war verblüfft. Er hatte Elk auf einer neuen Froschspur verlassen, der jener nach dem Norden zu folgen im Begriffe war. Und nun stand Elk hier, die Hände um die Stäbe des Gartentores gelegt, das Kinn auf die Brust gesenkt und blickte über seine Augengläser hinweg traurig nach der Gruppe.

      »Darf