Sarah Ehrhardt

Die Vermittlung deutschsprachiger Gegenwartsliteratur nach Frankreich


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      Literatur – Medium – Praxis. Arbeiten zur Angewandten Literaturwissenschaft

      Herausgegeben von Jutta Müller-Tamm und Georg Witte

      Band IV

      Sarah Ehrhardt

Die Vermittlung deutschsprachiger Gegenwartsliteratur nach Frankreich

      Die Untersuchung wurde im Wintersemester 2012/13 als Abschlussarbeit im Masterstudiengang Angewandte Literaturwissenschaft am Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität Berlin eingereicht.

       Impressum

      Copyright: © 2016 Sarah Ehrhardt

      Verlag: epubli GmbH, Berlin

      www.epubli.de

      ISBN 978-3-7375-2705-7

      Satz: epubli/Peter Dietze

      Weitere Informationen: www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/v/agwlit

      Sarah Ehrhardt, geb. 1988 in Rostock, studierte Germanistik, Französisch und Angewandte Literaturwissenschaft in Bonn, Paris und Berlin. Nach studienbegleitenden Nebentätigkeiten in verschieden Verlagen und einem Volontariat im Bereich Literatur und Übersetzungsförderung der Zentrale des Goethe-Instituts in München arbeitet sie heute in einem Berliner Publikumsverlag.

      Vorwort zur Reihe: „Literatur – Medium – Praxis“

       – Arbeiten zur Angewandten Literaturwissenschaft

      Die vorliegende Arbeit wurde als Abschlussarbeit im weiterbildenden Masterstudiengang Angewandte Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin eingereicht.

      Der im Wintersemester 2003/04 eröffnete Studiengang bereitet auf berufliche Tätigkeiten im Bereich der Literaturvermittlung und -förderung vor und macht mit der Funktionsweise des Literaturbetriebs vertraut. Durch die Vermittlung branchenspezifischen Wissens und praktischer Fähigkeiten sollen die Studierenden in die Lage versetzt werden, ihre literaturwissenschaftlichen Fachkenntnisse in der außeruniversitären beruflichen Praxis anzuwenden. Die Lehrveranstaltungen des Studiengangs verbinden praktische Arbeit mit der theoretischen Reflexion auf die Bedingungen und Funktionen dieser Praxis. Darüber hinaus ist die Hinführung auf die Berufspraxis im Literaturbetrieb kombiniert mit der Vermittlung von vertieftem Fachwissen und Urteilsvermögen über (vor allem zeitgenössische) Literatur und ihre medialen Umsetzungen. Der Studiengang verfügt über ein enges Netzwerk an Kooperationen mit den Medien und Institutionen des literarischen Lebens, aus denen sich auch ein Großteil des Lehrpersonals rekrutiert. Dadurch ist neben dem Praxisbezug auch die stetige Aktualisierung der Lehrinhalte gewährleistet.

      Die inzwischen weit über 100 Masterarbeiten des Studiengangs untersuchen unterschiedliche Aspekte der zeitgenössischen Literaturvermittlung in Verlagen, Medien, Agenturen, Literaturhäusern, Festivals und anderen Institutionen. Sie analysieren Werke der Gegenwartsliteratur, die mediale (Selbst-)Inszenierung von Autorinnen und Autoren in einem zunehmend kommerzialisierten Literaturbetrieb, den Einfluss der digitalen Revolution auf alle Akteure des Betriebs – um nur einige Beispiele zu nennen. Die Verfasser der Masterarbeiten leisten dabei oftmals Pionierarbeit, da es zu den Themen der Angewandten Literaturwissenschaft häufig kaum oder keine Forschungsliteratur gibt.

      Um diese Pionierleistungen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, wurde die vorliegende Reihe initiiert. Sie veröffentlicht vom Wintersemester 2014/15 an in regelmäßigen Abständen eine Auswahl aus den besten Masterarbeiten des Studiengangs Angewandte Literaturwissenschaft.

      Wir danken allen, die an der Vorbereitung der Publikationen mitgearbeitet haben, und dem Verlag Epubli für seine Kooperationsbereitschaft.

      Prof. Dr. Jutta Müller-Tamm

       (Institut für Deutsche und Niederländische Philologie der Freien Universität Berlin)

      Prof. Dr. Georg Witte

       (Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Freien Universität Berlin)

      Kurzzusammenfassung

      Die vorliegende Arbeit will den Status des Transfers deutschsprachiger Gegenwartsliteratur nach Frankreich für den Zeitraum von 2000 bis 2012 bestimmen. Zu diesem Zweck ist ihr ein umfangreiches Titelkorpus beigefügt, das die Mehrheit der innerhalb dieser Zeitspanne publizierten Neuerscheinungen erfasst. Ausgehend von der Annahme, dass die Frage nach den in einem Land übersetzten Texten auch die Frage nach den jeweiligen Marktbedingungen impliziert, steht im Mittelpunkt der Analyse nicht die literaturwissenschaftliche Untersuchung der aufgeführten Titel, sondern die Bestimmung und Auswertung relevanter Vermittlungsstrukturen.

      Vor dem Hintergrund der Theorie des literarischen Feldes von Pierre Bour dieu werden Marktbedingungen und Selektionsprozesse, wichtige Akteure und Tendenzen im deutsch-französischen Austausch beschrieben. Neben einer statistischen Auswertung der seit 2000 verkauften Übersetzungslizenzen deutschsprachiger belletristischer Titel sowie einer kurzen Einordnung der im Korpus erfassten Titel und Verlage sind auch Auswahlkriterien, Fördermöglichkeiten und Intensivierungsbestrebungen im Rahmen des Transferprozesses Teil der Analyse.

      Dem deutsch-französischen Literaturtransfer kann insgesamt eine rege Aktivität bescheinigt werden. Die große Bandbreite an Texten zeugt von einer engagierten Vermittlungsarbeit auf beiden Seiten, deren Hemmschuh einzig die zumeist relativ geringen Absatzahlen im Handel sind. Verlagen wie Actes Sud, Christian Bourgois oder Métailié gelingt es jedoch zunehmend besser, den Markt auch für neue Autoren, Themen und Formen jenseits des intellektuell-verkopften Images, das deutschsprachigen Texten in Frankreich häufig anhaftet, zu sensibilisieren.

      Abbildungsverzeichnis

       Abbildung 1: Anzahl der Neuerscheinungen (inkl. Neuauflagen) in Frankreich

       Abbildung 2: Lizenzvergabe deutscher Verlage nach Frankreich

       Abbildung 3: Lizenzvergabe deutscher Verlage nach Frankreich im Bereich Belletristik

       Abbildung 4: Aufgliederung der Lizenzvergaben nach Frankreich in der Sachgruppe Belletristik ab 2005

      1 Einleitung

      Traditionell gehört Frankreich, ebenso wie Deutschland, zu den Nationen, die – gerade im Vergleich zu den anglophonen Ländern – vergleichsweise viel übersetzte Literatur auf dem heimischen Markt verlegen. Dabei ist das Interesse an der intellektuellen Produktion des Nachbarlandes auf der anderen Seite des Rheins schon immer groß gewesen. Während im 18. Jahrhundert vor allem die Übersetzung philosophischer Publikationen von deutschsprachigen Autoren in Frankreich ihren Höhepunkt fand, begeisterte man sich im 19. Jahrhundert zunehmend auch für literarische Texte.1 Eine intensive Übersetzungsaktivität lässt sich bis in die Nachkriegszeit hinein konstatieren – trotz politischer Konflikte oder gerade wegen des Spannungsfeldes zwischen Erbfeindschaft und gegenseitiger Faszination.2 In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts schien die Neugier auf deutschsprachige Literatur jedoch abgenommen zu haben. Erst einige Jahre nach der Wende wurde wieder vermehrt ins Französische übersetzt; mit der Jahrtausendwende erfuhr der Austausch erneut einen leichten Aufschwung.

      Im Lizenzverkauf ist Frankreich seitdem ein beständiger Handelspartner, dem in der Vermittlung deutschsprachiger Gegenwartsliteratur ins Ausland eine wichtige Rolle zukommt. Auf der deutsch-französischen Verlegerkonferenz 2012 attestierte man dem Transfer dennoch gewisse Schwierigkeiten: Man war sich einig darüber, dass das Verhältnis der Nachbarländer zwar nach wie vor von einem regen Austausch geprägt sei, sich im Lauf der letzten Jahre jedoch europäisiert habe.3 Nachdem die deutsch-französischen Beziehungen sehr lange einen Sonderstatus genossen hatten, auf politischer wie auf kultureller Ebene, habe sich die zunehmende