Norbert Buchner

Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall


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Jahre riesige Mengen von Staub in ein von ihm untersuchtes Maar eingebracht wurden! Eine ähnliche Information liefern auch Sedimente vom westafrikanischen Kontinentalhang. Sogar im Gletschereis in den südamerikanischen Anden stieg der Staubeintrag um 6000 v.Chr. rasch an und das Gletschereis auf Grönland zeigt um 6100 und um 5900 v.Chr. mit einem stark ansteigenden Natrium-Gehalt einen kräftigen Eintrag von Meeresgischt. Das Wetter war also weltweit von Stürmen und Orkanen geprägt! Stürmisches Wetter nach einer schnellen Temperaturerhöhung entspricht einer allgemeinen Gesetzmäßigkeit! Große Umstellungsphasen des Klimas sind regelmäßig von Stürmen und Hochwasserhäufigkeiten begleitet, denn die Natur versucht, plötzliche lokale Temperaturunterschiede – Land erwärmt sich schnell, Meere hingegen langsamer – auszugleichen und dies geschieht am schnellsten über die Atmosphäre in Form von Stürmen und Orkanen als Ausgleichströmungen.

      Die Sintflut: Flut des sumerischen Gilgamesch-Epos und der Bibel

      Der plötzliche Riesensprung auf ein höheres Temperaturniveau um 6000 v.Chr. führte zu einer raschen Eisschmelze verbunden mit einem starken Anstieg des Meeresspiegels, welcher weltweit Fluten auslöste. Hiervon war auch der Persische Golf betroffen. Das sumerische Gilgamesch-Epos und die jüdisch-christliche Bibel liefern hierzu den passenden Flutbericht. Diese Flut hat sich also bis heute in das Gedächtnis von Völkern eingegraben und sie ist in die Grundlagen der drei monotheistischen Religionen, Judentum, Christentum und Islam, als „Sintflut“ eingegangen.

      Die Sintflutberichte sprechen von großen Stürmen bei der Sintflut. Stürme sind am Persischen Golf auch heute keine Seltenheit: der berüchtigte Sturm Shamal kann sehr plötzlich losbrechen und sich innerhalb von 5 Minuten bis auf Spitzengeschwindigkeiten von 150 km/h steigern. Zu dieser Zeit herrschten aber, wie dargelegt, infolge der raschen Klimaumstellung ganz außerordentliche Verhältnisse, die ein stürmisches Klima ausgelöst haben müssen – und dies ist an mehreren Stellen der Erde auch wissenschaftlich nachgewiesen.

      In Mesopotamien ist das Gilgamesch-Epos mit der Schilderung einer großen Flut auf Tontäfelchen niedergeschrieben worden, nachdem man viel später zu schreiben gelernt hatte. Damit liegt die Vermutung nahe, dass sich die Flut in diesem Raum oder in seiner Nähe abgespielt hat. In der Tat hat die Flut den Süden von Mesopotamien getroffen, weswegen der Persische Golf als Ort des Geschehens unter hohem Verdacht stehen muss.

      War dies aber auch die Biblische Sintflut? Hier stellt sich die Frage, woher der biblische Bericht stammt. Eine der Wurzeln des biblischen Sintflutberichts, der „Priesterliche Bericht“, ist von den Juden aus der Babylonischen Gefangenschaft mitgebracht worden und er dürfte sich damit von alten Berichten aus dem Zweistromland ableiten. Ein Jahrhundert vor dem Exil (597 bzw. 587 v.Chr. bis 538 v.Chr.) sind in einer Art früher Renaissance unter dem babylonischen König Assurbanipal altes Geistesgut und seine materiellen Dokumente für die Bibliothek von Ninive gesammelt worden. Bald darauf ist auch die Bibliothek in Sippar nahe Babylon errichtet worden und sie war ebenfall Ort der Aufbewahrung von altem sumerischen und akkadischen Kulturgut und Stätte des Studiums und der Ausbildung. Hier hat man gegen Ende des 20. Jahrhunderts ebenfalls Fragmente eines Flutberichts entdeckt, welche aber leider im 1.Golfkrieg verloren gegangen sind; verblieben sind jedoch gut auswertbare Fotografien.

      Der jüdische Hohepriester Esra, ein hoher persischer Beamter jüdischer Nationalität, welcher erst lange Zeit nach Beendigung der Babylonischen Gefangenschaft im Auftrag des persischen Königs in Babylon verbliebene Juden heim nach Jerusalem führen sollte, um dort die unruhige Grenze zu Ägypten zu sichern und dann dort ein „Neues Gesetz“ verkündete, hatte nach der Bibel seinen Sinn darauf gerichtet, das „Gesetz Gottes zu erforschen“. Er hat dabei wohl aus den erwähnten Quellen geschöpft.

      Haben vor der Flut im Rest der heute überfluteten Ebene im Persischen Golf aber auch Menschen gelebt und sind sie durch diese 4. Flut im Golf (vgl.Abb. 7) nach Südmesopotamien vertrieben worden? Nach den vorherigen Fluten hatten die Menschen in den noch verbliebenen Ebenen des heutigen Nordteils des Golfmeers an den dortigen Flüssen noch ein weites fruchtbares Bauernland vorgefunden, welches aber dann bei der vierten und letzten Flut überflutet werden sollte.

      Nach zeitgenössischen Indizien an anderer Stelle hatten die Menschen auch schon gelernt hatten, das reiche Angebot an Süßwasser der Flüsse für eine Bewässerung zu nutzen, um Bewässerungs-Ackerbau zu betreiben. Die damaligen Ländereien im heutigen Persischen Golf sind zwar vom Meer überflutet, sodass man dieser Frage dort nicht mehr mit dem Spaten nachspüren kann. In einem angrenzenden und heute noch zugänglichen Gebiet im Süden Mesopotamiens jedoch haben französische Archäologen in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts mit Tell el Ueli bei Larsa eine ganz bemerkenswerte Siedlung ausgegraben, welche schon mindestens ein halbes Jahrtausend vor der Flut erbaut worden war. Überraschenderweise stieß man dort auf eine ungewöhnlich hoch entwickelte Architektur, nämlich große dreiteilige Häuser aus Lehmziegeln mit einem großen Zentralraum mit Säulenreihen in der Mitte sowie Pilastern an den Wänden, flankiert von 2 kleineren Räumen. Diese dreiteilige Bauform wurde in den folgenden Jahrtausenden sogar zum Prototyp des Tempels und des Palastes in Südmesopotamien. Dieser frühe kulturelle Anfang vor der letzten Flut blieb also prägend für Mesopotamien. Weiterhin fand man in Tell el Ueli Zeichen für einen Bewässerungs-Ackerbau sowie aus Lehmziegeln gemauerte Getreidespeicher mit mehrfacher Unterteilung. Dies alles sind überzeugende Hinweise auf eine frühe gemeinsam organisierte hochstehende Gesellschaft, welche vor der letzten Flut schon Ackerbau mit Bewässerungswirtschaft betrieben hat. Die vorgefundene Keramik war ein Vorläufer von Obed 1 nach der Flut und sie wird daher als Obed 0 der Obed- (Ubaid)-Periode des Südens von Mesopotamien zugerechnet.

      Ein so hoher Entwicklungsstand, wie er in Tell el Ueli angetroffen wurde, kann sich nicht isoliert entwickelt haben, sondern er verweist auf eine größere Kulturregion. Aber wo befand sich ihr Zentrum? Tell el Ueli war wohl ein nördlicher Randort einer Kultur, deren Zentrum in dem von der letzten Überflutung damals noch verschonten Teil der Ebene im heutigen Golfmeer lag.

      Haben wir noch weitere Indizien dafür, dass es im Golf vor der vierten Flut schon Ackerbau-betreibende Menschen gegeben hat? Eben nachdem die Flut eingesetzt hatte, tauchten um 7900 v.h. im heutigen Süden Mesopotamiens neue Menschen auf, deren kärgliche neue Ortschaften, von ihnen „Städte“ genannt, den Eindruck von einfachen Flüchtlingssiedlungen machen. Eridu spielt hierbei die Hauptrolle, obgleich diese Periode nach dem zuerst entdeckten Ort Tell el Obed (Ubaid) benannt ist. Trotz eines bescheidenen Anfangs hatte dieser Tempel im Süden Mesopotamiens über eine lange Folgezeit eine große religiöse Bedeutung und er wurde immer wieder erneuert und vergrößert. Er stellte das Hauptheiligtum des Gottes Enki dar, des Gottes der Weisheit und allen geheimen Wissens, und blieb über Jahrtausende hinweg das religiöse Zentrum Südmesopotamiens.

      Im babylonischen Mythos zur Erschaffung der Welt ist zu lesen: „alle Länder waren Meer …damals wurde Eridu gebaut“. Die Gründung von Eridu war also eine Folge einer Überflutung der früheren Heimat durch das Meer! Die Menschen von Eridu brachten Keramik mit ähnlich der von Tell el Ueli sowie Haustiere, vor allem Rinder, und sie beherrschten den Ackerbau mit Bewässerungswirtschaft. In ihren für Mythen gehaltenen Schilderungen berichten ihre Nachfahren später auf Tontäfelchen, dass es fünf Städte gleichen Namens, wie sie die Neusiedler gegründet haben, schon früher gegeben habe, welche aber in einer großen Flut untergegangen seien. Vor der Flut sollen sogar schon Könige regiert haben, die auch mit Namen benannt sind, 8 oder 10 an der Zahl, je nach Königsliste. In der jüdischen Bibel sind sie zu den Zehn Patriarchen vor der Sintflut geworden. Der letzte Patriarch, der die Sintflut erlebt und überlebt hat, war der jüdische Noah; sein sumerisches oder babylonisches Pendant sind die Könige Ziusudra oder Utnapishtim. Die Ära des Königtums vor der Flut betrachteten die Menschen später als die „Gute alte Zeit“. Ein Blick auf Tell el Ueli vor der Flut mit seiner hoch entwickelten Architektur macht dies glaubhaft!

      Konkret ist feststellen: die plötzliche Erwärmung vor 8000 Jahren führte auch am Persischen Golf zu einer neuen Flut, der vierten und letzten. Innerhalb des folgenden Jahrtausends hob sich der Meeresspiegel um insgesamt 25 Meter (Abb. 7). Das Meer überflutete nicht nur das im heutigen Persischen Golfmeer nach den vorherigen Fluten noch verbliebene wasserreiche und fruchtbare Land, sondern es drang auch noch etwa 250 Kilometer