Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck


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del Podestà mit seinen Arkadengängen, eindrucksvoll überragt von dem Torre dell`Arengo, dem einige Jahre später an der unmittelbar angrenzenden Piazza del Nettuno der inzwischen verwitterte Palazzo Re Enzo hinzugebaut wurde; davor der berühmte Neptunbrunnen im Renaissancestil, um den man den Platz zwischen 1563 und 1566 bereicherte, in der Mitte auf hohem, mit Sirenen und Delphinen geschmückten Sockel eine riesige Statue Neptuns mit Dreizack in der rechten Hand.

      Ein paar Straßenzüge weiter stießen wir am Rande der Innenstadt auf das sehr markante Wahrzeichen der Stadt, dicht nebeneinander, die umliegenden Dächer weit überragend, zwei quadratische gemauerte Türme, der kürzere linke, der Garisenda, etwa 48 m hoch, rechts daneben der Asinelli mit etwas über 97 m, beide, den Turm von Pisa noch übertreffend, in beachtlicher Schieflage; die Namen stammen von den beiden Familien, die sie 1109 bzw. 1119 errichten ließen. Den ursprünglich höheren Garisenda kürzte man unmittelbar nach seiner Errichtung um 50 m, da er, entschieden zu hoch, einzustürzen drohte. Zwischen dem 12. und 13. Jh. wurden in Bologna zahlreiche solcher Türme erbaut, man schreibt sogar 180 an der Zahl, eine ursprünglich in Italien als Statussymbol einflussreicher Patrizierfamilien entstandene Bauweise, nach der unterschiedlich hohe und in der Grundfläche meist quadratische Wohntürme errichtet wurden, je höher der Turm einer Familie, desto höher war das Ansehen dieses Geschlechts, man spricht auch von Geschlechtertürmen. Von der großen Zahl sind heute noch zwanzig erhalten, inzwischen in das Eigentum der Gemeinde übergegangen, die sie zu verschiedenen Zwecken nutzt, wie z.B. als Kerker, für Geschäfte und auch als Wohnungen.

      Etwa 110 Kilometer und wir waren an der Adria, ein Ferienort reiht sich an den anderen, am bekanntesten und entsprechend voll Rimini, beliebt wegen seines 15 km langen feinen Sandstrandes. Vor über 20 Jahren hatten wir dort von einem direkt am Meer gelegenen sehr schönen Hotel aus zusammen mit unseren beiden Töchtern Strand, kristallklares Wasser und die immerwährende Sonne genossen, damals noch mit viel Ellbogenfreiheit, jetzt waren die Touristen am Strand förmlich gestapelt, und die modernen Hotels stehen dicht an dicht. Also gingen wir weiter südlich auf die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Am Rande des nicht ganz so überlaufenen

      - Riccione -

      entdeckten wir einen oberhalb des Meeres gelegenen Parkplatz, auf dem es sich schon neun andere Mobis gemütlich gemacht hatten, zwei Österreicher, ein Schweizer und sechs Italiener. In der ersten Reihe nutzten wir eine breite Lücke und hatten so einen ungehinderten herrlichen Blick auf die in allen Blautönen schimmernde Adria. Dank des netten Angebots unserer freundlichen Nachbarn rechts und links, unser Mobi im Auge zu behalten, konnten wir es sogar wagen, unser Abendessen auswärts zu genießen, ein nahes Gartenrestaurant hatten wir zu unserer Freude schon entdeckt. Schon bald saßen wir in lauer Abendluft auf der weinberankten Terrasse und ließen uns Parmaschinken auf Melone und Spaghetti mit Meeresfrüchten schmecken, dazu ein kräftiger hellroter Landwein und zum Abschluss ein Cappuccino mit Sahnehaube, was wollte man mehr!

      Die letzten 100 km bis zum Fährhafen Ancona, auch Hauptstadt der Region MARKEN, legten wir auf der herrlichen Küstenstrecke bei ebensolchem Wetter zurück. Gegen 12.00 Uhr reihten wir uns bereits in die noch sehr kurze Warteschlange ein, so dass wir bei der späteren Einschiffung das Glück hatten, auf der obersten Ebene in der ersten Reihe ganz rechts eingewiesen zu werden, direkt neben uns die großen Fenster und vor uns der Ausgang zum Sonnendeck; sehr wichtig, da im Gegensatz zu der türkischen Fähre vor drei Jahren das Übernachten im eigenen Wohnmobil erlaubt war.

      Um 20.00 Uhr hieß es Leinen los, der Wind hatte aufgefrischt und blies mit Stärke 7-8, weiße gischtende Schaumkronen, so weit das Auge blickte. Gar nicht so leicht, bei dem heftig schlingernden Schiff in der großen modernen Cafeteria die Teller mit den aufgehäuften Leckereien heil an den Tisch zu bekommen. Um diese wenigstens im Magen zu behalten, hatten wir bereits mit unseren altbewährten Reisetabletten vorgesorgt. Zum Ausklang ein fruchtiger Cocktail in der gemütlichen Bar, und schon bald schliefen wir gleichmäßig geschaukelt tief und fest bis in den sonnigen Morgen, den wir direkt vor uns an der Reling begrüßen konnten. Der Wind hatte sich gelegt, das tiefblaue Meer nur noch leicht gekräuselt, das Frühstück vom reichhaltigen Büfett also problemlos. Den Rest des Tages, nur unterbrochen durch ein leichtes Mittagessen, verbrachten wir relaxend in bequemen Liegestühlen auf dem Sonnendeck, bis am späten Nachmittag nach Passieren der Ionischen Inseln am fernen Horizont die hoch aufragenden fast kahlen Bergrücken des Peloponnes auftauchten und eine Weile später davor die modernen Hochhäuser von Patras, im Nordwesten der südlichen Halbinsel

      - GRIECHENLANDS -.

      Ankunft nach 21 Stunden Fahrt um 18.00 Uhr Ortszeit, inzwischen hatten wir die Uhren um eine Stunde vorgestellt. Beim Ausschiffen waren wir natürlich die letzten, und es wurde allmählich Zeit für einen Übernachtungsplatz. Griechenlands bedeutendster Adriahafen, entsprechend dicht und hektisch der Verkehr, erwies sich dafür als denkbar ungeeignet. Also entflohen wir dem Smog in östlicher Richtung bis an die südliche Küste des weiten

      - Golfes von Korinth -.

      In einer von bewaldeten Hügeln gesäumten Bucht entdeckten wir genau das Richtige, ein kleines einsam gelegenes Restaurant, die auf dem kiesigen Strand unmittelbar am Ufer zum Verweilen einladenden Tische und Stühle mit aufgespannten Bastmatten gegen die Sonne geschützt. Die sehr freundlichen Wirtsleute, sie waren vor 20 Jahren aus Deutschland zurückgekehrt und kannten auch Düsseldorf, hatten nichts dagegen, dass wir uns in kurzer Entfernung am Strand niederließen. Das Abendessen stellten wir gemeinsam in der blitzsauberen Küche zusammen, in der es aus Töpfen und Pfannen appetitanregend duftete.

      Mit gesundem Appetit verspeisten wir das leckere Ergebnis, dabei die Aussicht auf die in der späten Abendsonne türkisfarben schimmernde Bucht genießend. Bei der Flasche Retsina, einem harzigen, sehr beliebten Tafelwein, ließen wir uns viel Zeit. Inzwischen war ein buntes griechisches Völkchen eingetroffen, es wurde nach Herzenslust getafelt und später aus voller Brust gesungen. Man bezog uns in die fröhliche Runde mit ein, und zum Abschluss spendierte der Wirt noch für jeden 1 Glas Ouzo, ein kräftiger, gut bekömmlicher Anisschnaps. Für die Romantik sorgte wieder ein fast voller Mond und ein sternenübersäter wolkenloser Himmel.

      In bester Urlaubsstimmung dank wieder strahlender Sonne ging es fast 100 km auf herrlicher Strecke direkt am Ufer des spiegelglatt daliegenden Golfes entlang, kleine gemütliche Ortschaften am Wegesrand, bis wir nach einem kurzen Abstecher durch das moderne und eigentlich nichts sagende Korinth nur wenige Kilometer östlich auf den gigantischen Schifffahrtskanal stießen, der 6,3 km lang durch den Isthmus von Korinth führt. Bereits um 600 v. Chr. sollte diese Landenge zwischen dem Korinthischen und dem Saronischen Golf durchstochen werden, um den Weg vom Adriatischen Meer in den östlichen Mittelmeerraum zu verkürzen. Es gelang dem damaligen Herrscher Periandros aber ebenso wenig wie 67 n. Chr. dem römischen Kaiser Nero, der eigens 6.000 Sklaven für die Grabarbeiten heranschaffen ließ. Erst Ende des 19. Jahrhunderts entstand der Kanal wirklich, und zwar exakt nach den Bauplänen Neros. Von der Brücke aus hatten wir nach beiden Seiten hin einen fantastischen Blick über das gesamte Bauwerk. Nur 23 m breit und 8 m tief zieht sich die Fahrrinne zwischen senkrechten bis zu 80 m aufragenden Felswänden hin.

      Zu unserer Freude wurde gerade ein großes Kreuzfahrtschiff in langsamster Fahrt per Schlepper äußerst vorsichtig durch diese Enge bugsiert, an den Seiten blieb nur sehr wenig Platz; ein tolles Fotomotiv das schneeweiße Schiff, die von der hoch stehenden Sonne beschienenen Felsen fast ockergelb mit in den Ritzen wucherndem dunkelgrünen Buschwerk, das spiegelglatte Wasser smaragdfarben schimmernd, auf allen Decks an der Reling fröhlich heraufwinkende Passagiere. Wir ließen uns solange Zeit, bis der Koloss unseren Blicken entschwand. Da es inzwischen mit über 30° C sehr heiß geworden war, beschlossen wir, uns zunächst ein Plätzchen