Erich Hübener

Frau mit rotem Hut


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ein triumphierendes Lächeln auf, wurde aber sofort wieder sachlich.

      „Was machen Sie hier? Sind Sie auf der Flucht oder planen Sie eher Ihren nächsten Coup?“

      Winner spielte weiterhin seine Rolle als `Sebastian Sommer´ und sagte in unterwürfigem Ton „Ich mache hier Urlaub.“

      Der Kommissar bekam einen Lachanfall. Vom Lachen noch halb erstickt sagte er zu dem wartenden Beamten: „Hast du das gehört? Er macht hier Urlaub!“

      Beide lachten herzhaft. Dann wurde der Chef wieder ernst und herrschte Winner an: „Seit wann steht einem Verbrecher Urlaub zu? Doch wohl höchstens einmal täglich eine Runde auf dem Gefängnishof.“

      Es folgte eine längere Pause in der Winner überlegte, ob er dem „Kollegen“ die Situation erklären sollte oder nicht. Aber bevor er sich entschieden hatte sagte der Chef: „Ihr Geld haben wir überprüft. Dieses Mal ist kein falscher Fünfziger dabei. Aber wozu brauchen Sie so viel Bargeld? Und woher haben Sie das? Sind Sie allein hier oder haben Sie noch Komplizen auf der Insel? Und wie lange wollen Sie hier bleiben?“

      Winner hatte inzwischen beschlossen, seine Rolle weiter zu spielen und schwieg deshalb.

      „Sehen Sie“, sagte der Kommissar, „Fragen über Fragen und keine klärende Antwort von Ihnen.“

      Quiz 3: Was geschieht mit Kommissar Winner?

      a) Er wird vorübergehend inhaftiert?

      b) Er wird freigelassen?

      c) Er bekommt einen andren Ausweis?

      Kreuzen Sie jetzt bitte an!

      Er blätterte weiter in seinen Akten auf dem Schreibtisch und blickte zwischendurch immer mal auf den Computerbildschirm. Er schien ratlos. Doch dann hatte er sich entschieden.

      „Da im Moment hier bei uns nichts Konkretes gegen Sie vorliegt, können wir Sie auch nicht einsperren. Wir werden zunächst einmal ein paar Fotos von Ihnen machen und Ihren Pass damit aktualisieren. Denn mit Bart sind Sie uns noch nicht bekannt. Dann lassen wir Sie wieder laufen. Sie entkommen uns schon nicht. Die Flughafenpolizei weiß Bescheid und mit der Fähre kämen Sie höchstens bis zu einer anderen Insel. Nach Afrika sind es mehr als hundert Kilometer. Zum Schwimmen wäre es wohl ein bisschen weit“, sagte er grinsend, „und dort würden Sie als Weißer der Hafenpolizei sowieso sofort auffallen. Also nehmen Sie meinen Rat an, bleiben Sie auf Lanzarote und melden Sie sich am Montag wieder hier bei uns in der Wachstube. Sonst…“ sagte er und legte die Hände kreuzweise übereinander, so als ob jemandem Handschellen angelegt würden.

      Winner wurde von seinem „Sonderbewacher“ wieder durch das Kommissariat geführt: Treppab, rechts herum, noch einmal treppab bis vor eine Tür, an der „Fotolabor“ stand. Wieder musste Winner sich auf eine Bank setzten und wieder hieß es „Uno Momento.“ Aber dieses Mal dauerte es nicht so lange.

      Der Beamte klopfte, trat ein, schloss die Tür nicht, um seinen „Gefangenen“ nicht aus den Augen zu verlieren und sprach mit einer Frau. Dann wurde Winner hereingerufen und „die Frau“ machte ein paar Fotos von ihm.

      Danach wurden noch seine Fingerabdrücke genommen und dann führte der Beamte ihn wieder hinunter in die Wachstube. Wieder musste er warten.

      Als er nach gefühlten zwei Stunden endlich wieder seinen Pass in Empfang nehmen durfte musste er innerlich doch ein bisschen lachen. Die spanische Polizei hatte ihm soeben zu einem echten falschen Pass verholfen. Wie sagt man in Deutschland so schön „Die Polizei dein Freund und Helfer“ dachte er, auch wenn es in diesem Fall wohl eher zufällig war.

      Winner stand unschlüssig da, besah sich den neuen Pass in seiner Hand und fragte sich zugleich, wie er nun wieder zurück zu seinem Haus in Mala kommen sollte. Einer der Beamten schien seinen Blick zu verstehen und sagte: „Autobus“.

      Winner verließ erleichtert das Haus, das ihn in nächster Zeit noch des Öfteren zu sehen bekommen sollte. Er schlenderte durch Haria. Auf dem Marktplatz vor der Kirche trank er im Schatten hoher Bäume im Straßencafe „Dos hermanos“ ein Bier und einen Veterano. Dann fiel ihm ein, dass er ja noch gar nicht gefrühstückt hatte. Also bestellte er beim Kellner ein opulentes Frühstück. Danach fühlte er sich besser.

      „Wann fährt der nächste Bus nach Mala?“, fragte er den Kellner.

      „Tres menos diez“, antwortete er.

      Winner überlegte und kam zu dem Ergebnis, dass damit „Zehn Minuten vor drei“ gemeinte war. Er blickte auf seine Uhr und stellte fest, dass er noch viel Zeit hatte.

      „Was kann man sich hier noch ansehen?“, fragte er den Kellner.

      „Natürlich das Tal der tausend Palmen“, sagte er in etwas holperigem Deutsch.

      „Gehen Sie da oben auf die Höhe, dann können Sie es sehen.“

      Winner folgte dem Rat. Das konnte er sich doch nicht entgehen lassen: 1000 Palmen in einem Tal. Und das hier, auf dieser sonst so kargen Insel. Aber der tatsächliche Anblick enttäuschte ihn. Er schätzte, dass es vielleicht ein paar Hundert sein konnten.

      Die Hochzeit

       Die Hochzeit zwischen Isabel, der jüngsten Tochter des reichen Weinbauern im Süden der Insel und dem „Kaktusbaron“ im Norden war ein rauschendes Fest. Es war nicht gerade das, was man eine Liebesheirat nannte. Es war eher – wie man so sagt – „Geld zu Geld.“ Isabel war noch sehr jung und der Kaktusbaron, Señor Ramos, war schon in die Jahre gekommen. Aber die Eltern hatten es so beschlossen und so wurde dann auch geheiratet.

       Man hatte den Eindruck, dass die halbe Inselbevölkerung zusammengekommen war. Aber sie waren alle eingeladen. Zuerst alles was Rang und Namen hatte: Die Bürgermeister der benachbarten Gemeinden mit ihren Frauen, einige befreundete Weinbauern und die Besitzer der Kakteenfelder im Norden, Nachbarn und Verwandte – und davon gab es sehr viele, denn auf dieser Insel war fast jeder irgendwie mit jedem verwandt – und der Polizeihauptkommissar mit seiner Frau.

       Der Spieß über dem Feuer war immer mit Fleisch bestückt, auf den Tischen reihten sich die Schüsseln mit Tapas, Fisch und allerlei Meeresfrüchten aneinander. Auf einem anderen Tisch standen verschiedene Arten an Nachspeisen, Obst von der Insel und vom spanischen Festland, dazu alle Käsesorten, die auf Lanzarote hergestellt wurden. Der Wein floss in Strömen, es wurde drei Tage lang gefeiert, gegessen und getrunken, getanzt und gelacht. Alle waren glücklich, nur die Braut nicht. Sie musste immer an Diego, ihre Jugendliebe denken.

      Wieder zuhause

      Der Bus kam fast eine viertel Stunde später als angezeigt. Aber das schien hier niemanden aufzuregen. Man nahm es einfach so hin. Es gab nur wenige Fahrgäste, denn auch auf Lanzarote hatte sich der Zweitwagen in vielen Familien inzwischen durchgesetzt. Als der Bus auf der Anhöhe nach Arrieta abbog, konnte Winner zur linken noch einmal das Tal der tausend Palmen sehen, auf der anderen Seite öffnete sich ein riesiges Tal, das sich bis an den Atlantik erstreckte.

      Winner bemerkte nicht den kleinen weißen Lieferwagen, der schon seit Haria dem Bus in gewissem Abstand gefolgt war und dann in Mala in einer Seitenstraße parkte, als er an der Bushaltestelle ausstieg. Das Auto hätte auch einem Pizzalieferanten oder einem Zeitungszusteller gehören können. Aber die beiden Männer, die in dem Wagen saßen, interessierten sich weder für Pizza noch für Zeitungen. Sie hatten nur Augen für den Mann, der gerade aus dem Bus gestiegen war und nun anscheinend ziellos die Straße hinaufging.

      E-Mail

      Von: Polizeistation Haria

      An: Polizeistation Flughafen

      Betreff: Anfrage wegen Identität Fluggast

      Haben Sebastian Sommer erkennungsdienstlich behandelt. Da kein dringender Tatverdacht besteht,