Dr. Phil. Monika Eichenauer

Scheinheilung und Patientenerschaffung - Die heillose Kultur - Band 3


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Gier derjenigen anstachelnd, die an den Gewinnen teilhaben zu wollen, fort. Natur, Kultur, das menschliche Wesen und Leben generell ist diesen wirtschaftlichen Bestrebungen völlig ausgeliefert.

      So existenziell dieser Kampf international im Großen zwischen Kapitalbesitzern (oder über Kapital verfügenden Menschen wie zum Beispiel Banken) ausgefochten wird, so tief zieht dieser Kampf bisweilen in das Leben von Menschen ein und zerstört deren Seele, Körper und lässt psychische Abwehrmechanismen in unlösbare Konflikte geraten, die wiederum das Abbild der Globalisierung spiegeln: Menschen werden künftig (oder tun es bereits) andere Menschen als ihren Feind identifizieren. Der Feind ist, der ein Stück Brot hat, das sie haben wollen – sie werden möglicherweise gegen ihre Moral und Ethik aus existenzieller Not handeln. Sie sind nur von einem getrieben: Was Essbares, ein Dach über dem Kopf haben zu wollen, um leben zu können. Sie werden in die gleichen seelisch-psychischen Abgründe geführt, wie sie Manager in sich herstellen müssen (oder, die sie sowieso haben, um ihren Job im Dienste des Gewinns tätigen zu können), die gegen die Seele und Psyche von Millionen von Menschen und deren Leben Geschäfte im Dienste des Gewinns verwirklichen. Kurz und bündig sind die beiden Kontrahenten als Tod oder Leben, Du oder ich in der Spitze der Werteordnung zu nennen – wie im Krieg. Krieg gilt als kulturell-natürlicher Ausnahmezustand, bei dem Mittel zum Einsatz kommen dürfen, die ansonsten unter Strafe stehen. Die Kriegsfolgen, die Leiden aus eigenem Handeln wie auch, was man selbst erleiden musste während des Krieges, hatte jeder Soldat, jeder Mensch, ob Kind, Frau oder Mann, allein zu bewältigen. Kriegsfolgen gehören zum Krieg, nicht zum normalen Leben. Wenn nun ein existenzieller Krieg zwischen Oben und Unten und gleichzeitig zwischen allen Nationalitäten herrscht, dann gehen die Kriegskosten naturgemäß auch zu Lasten des Fußvolkes, derjenigen, die unfreiwillig darin verwickelt sind. Zu fragen ist, wer einen Vorteil durch dieses Wirtschaftssystem hat.

      Politik spielt in dieser wirtschaftlichen Entwicklung offenbar keine große Rolle mehr – sie hält sich mittels Vorschlägen, wie die größten Schäden zu begrenzen wären, über Wasser, bewirkt aber keine Wende. Die Existenz von Menschen wurde immer mit Wirtschaft gesichert – damit jonglieren die großen Unternehmen argumentativ und erwecken den Anschein, sie wollten etwas für Menschen tun, ihnen Arbeit und Sicherheit geben. Natürlich tut die Wirtschaft etwas für Menschen, sonst könnten sie nichts verdienen. Natürlich geben sie Menschen Arbeit. Aber es sind zu wenige, die Arbeit haben. Primär tun sie aber etwas für ihre eigene Kasse und nicht für Menschen. Denn die Wahrheit sieht anders aus, wie man weltweit in diesen Tagen hören, nachlesen und auflisten kann: „Afrika, Asien, Lateinamerika – die Preise für Reis, Weizen und Mais explodieren“, liest man über der Schlagzeile Wut im Bauch. „In Ägypten bedroht der Protest gegen Hunger die Regierung, auf den Philippinen müssen Soldaten die Reissäcke bewachen. Ein Report über die Ursachen der Nahrungsnot, Lösungen des Problems – und die Folgen für das reiche Europa.“ (Karin Ceballos Betancur und Thomas Fischermann in: DIE ZEIT, Nr. 17, 17.April 2008). Den Vertretern wirtschaftlicher Interessenslagen im Rahmen der Globalisierung gelingt es immer weniger, hehre und menschenfreundliche Ziele der wirtschaftlichen Nebenwirkungen und Verfehlungen der Globalisierung neben ihren Gewinnen aufblitzen zu lassen. Mittelständische Betriebe wurden im globalen Trend internationaler Wirtschaftsstrategien und Spekulationen aus der Finanzwelt gleichfalls an den Rand ihrer Existenz gebracht und viele konnten diesem Druck nicht standhalten und mussten Konkurs anmelden.

      Generell scheint es billiger zu sein, sich nicht um Menschen zu kümmern und moralisch-ethische Schelte zusätzlich zum Gewinn einzustecken. Kriegs- und Wirtschaftsfolgen liegen auf einer Linie. Kümmert man sich überhaupt nur noch deshalb um Menschen, weil es in der Zeitung steht, in den Nachrichten zu hören ist? Was ist mit den Mitmenschen, mit denen wir täglich leben? Zeichnet sich nicht eher ab, dass Moral, Ethik einerseits und Mitgefühl und Vertrauen andererseits sich in eng abgegrenzten, intimen Rahmen im Leben von Menschen abspielen? Und selbst dort gibt es Konflikte, die in hohem Maße zu Scheidungen führen. Misstrauen wächst und gedeiht eher als Vertrauen, so könnte man schlussfolgern. Zusätzlich, und hier schließt sich der oben begonnene Kreis, wirkt die Integration der Kulturen mit zahllosen Ansprüchen, sozialen Unsicherheiten, psychischen Anforderungen und Entwicklungen, über die jeder Mensch sich Informationen zu besorgen hat. Man fragt sich, ob diese Nebenwirkung globalen Wirtschaftsleben nicht eher eine politische Zwangsintegration der Kulturen ist, die politisch als solche entsprechend behandelt wird. Offenbar hat keiner so Recht Lust zur Integration, wenn man die vielfältigen Hiobsbotschaften diesbezüglich vernimmt. Schließlich gilt es, unzählige Veränderungen zu integrieren, nicht nur Menschen aus anderen Kulturen. Das Pflänzchen Lust und Vertrauen muss inzwischen weltweit neu gezüchtet und sorgsam eingepflanzt und geschützt werden, so ist zu schlussfolgern.

      Dieser Widerspruch zwischen Erhalt und gleichzeitiger Vernichtung der Kulturen verkommt zu einem Lippenbekenntnis, das werbewirksam und verkaufsträchtig, politisch und wirtschaftlich nutzbar ist. Wie soll eine Kultur erhalten bleiben, in der die Menschen nicht leben können? Oder ist unter Integration lediglich profan zu verstehen, Kultur habe sich wirtschaftlichen Interessen unterzuordnen? Jeder einzelne Migrant habe sich einzufügen und unterzuordnen, wie Deutsche sich unter die deutsche Ökonomie gleichfalls unterzuordnen haben?

      Existenzielle Reduktion der Lebensräume von Menschen bringt eine Unzahl von Problemen und Reaktionen in den Betroffenen hervor. Wirtschaftliche Interessen strukturieren Menschenmassen, teilen sie ein, führen ihnen Leistungen zu oder verweigern sie. Im Bemühen vieler armer Länder mit den internationalen wirtschaftlichen Interessen Schritt zu halten, werden Entscheidungen getroffen, die sich verheerend auf Land und Leute auswirken. Schaut man in das Leben von Menschen, die nicht über Kapital oder größere Geldsummen verfügen, lernt man sie näher kennen, offenbart sich Not, Elend, Schmerz, Krankheit und Tod. Sie sind täglich in den Nachrichten präsentiert. Die Kehrseite ist die Darstellung einer Luxuswelt, die für die meisten Menschen ein Traum bleibt. Der Traum vom Wettbewerb der Eliten initiiert international den Alptraum im Leben der Menschen in der breiten Masse. Nebenwirkungen der Globalisierung zeigen sich in Kriegen, Zerstörungen und Opferung von Menschen in vielfältiger Form, Nahrungsmittelknappheit, purer Ausnutzung der abhängigen Arbeitskraft von Menschen und Menschenrechtsverletzungen rund um die Welt. Zerstörung findet dort statt, wo die Reichen mittels Abhängigkeitsstrukturen eine derart gespaltene Welt unterhalten und nicht selbst dort leben müssen. Das World-Press 2006-Foto zeigt, wie vielschichtig und gegensätzlich das Leben ist: Spencer Platt fotografierte die Spazierfahrt eines jungen, zweifelsfrei reichen, jungen Mannes mit vier jungen, ebenso zweifelsfrei reichen, jungen Frauen in einem Cabrio durch ein von der israelischen Luftwaffe zerbombten Stadtviertel in Beirut. Das Bild wurde unmittelbar nach der Ausrufung des Waffenstillstandes am 15. August 2006 geschossen.

      Das Elend, die Zerstörung, die Toten werden besichtigt wie Tiere in einem Zoo: Das bekommt man schließlich nicht jeden Tag geboten.

      Ebenso wenig bekommen Menschen die Live-Versteigerung zweier Organe für drei Patienten jeden Tag geboten: Zuschauer stimmen per Handy für ihren Favoriten ab. Einer wird sterben - zwei leben. Nur ein Fake, um auf die Organspendeproblematik aufmerksam zu machen?!! Das Thema wird im vorliegenden Buch aufgegriffen. Es wird verständlich machen, warum Aufmerksamkeit auf diese Art und Weise erregt wird. Aufmerksamkeit auf lebensnotwendige Themen zu lenken scheitert in Deutschland nicht selten an Strukturen und Gesetzen.

      Soziale Auswirkungen im täglichen Zusammenleben von Menschen gewinnen an Bedeutung. Im Rundfunk ist zum Thema vom Bemühen der Reichen zu hören, sich gegen die zahllosen Obdachlosen in den südamerikanischen Großstädten zu schützen. Aber auch Los Angeles wird genannt: Hier leben die Stars aus Film und Fernsehen freiwillig hinter hohen Mauern wie in einem modernen Hochsicherheitstrakt. Armut und Kriminalität werden zu einer zwangsläufigen Einheit, wie es in dem Bericht hieß, die in Gettos entsteht. Das Luxusleben von „Oben“ spiegelt sich in den Regenpfützen zu Füßen der Menschen „Unten“ wider. Sie bleiben vor den Toren, Türen und Mauern des Reichtums stehen. Bettler werden mit Bußgeldern belegt (Münster, RN, 21.1.11).

      Der private Kokon, mit denen Menschen noch hoff(t)en, sich vor diesen Umbrüchen schützen zu können, wird durch Wirtschaft und Politik substanziell verdünnt. Die staatlichen und ökonomischen Krakenarme der Wirtschaft saugen Geld, Existenz, Lebensboden und Seele der Bürger