Cathy McAllister

Die verbannte Braut


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um, konnte sie jedoch nirgendwo erblicken. Vielleicht hatte die alte Dame auch Probleme mit der Hitze und war in den Garten hinausgegangen. Eve schaute sehnsüchtig zu der großen Flügeltür, die nach draußen führte. Eigentlich schickte es sich nicht, wenn sie allein, ohne Begleitung hinausging. Aber andererseits konnte Tante Caro ja auch dort sein. Vielleicht sollte sie einfach einmal nachsehen.

      Zielstrebig bahnte sie sich ihren Weg durch die Gäste zu der Tür. Sie schaute sich verstohlen um, und als sie das Gefühl hatte, das niemand sie beachtete, stahl sie sich schnell hinaus.

      ***

      Ronan konnte sein Glück kaum fassen, als er sah, wie sich das Ziel seines Interesses heimlich in den Garten schlich. Er hatte sich schon gefragt, wie er es anstellen sollte, sie nach draußen zu locken. Er hoffte nur, dass sein Kutscher wie vereinbart vor dem hinteren Gartentor bereitstand. Er hatte alles gut geplant und wollte nicht riskieren, dass etwas schief ging. Wenn sie erst einmal unterwegs waren, würde ihnen nichts mehr passieren. Bis man auf der Soirée bemerken würde, dass Miss Henderson fehlte, würde er längst aus London hinaus und auf offener Landstraße sein. Als Erstes würde man die Vermisste gewiss innerhalb der Stadt suchen. Aber jetzt hieß es schnelles Handeln. Wenn sein Opfer draußen allein war, würde er die Gelegenheit nutzen.

      ***

      Eve atmete erleichtert auf, als sie die frische Nachtluft auf ihren erhitzten Wangen spürte. Ihre Tante war nicht im Garten. Niemand außer Eve schien das Verlangen nach frischer Luft zu verspüren. Umso besser! Sie war gern allein. Am liebsten war sie auf dem Land, wo sie jeden Tag mit ihrer Stute Velvet über die saftigen Wiesen von Greenwood Manor galoppieren konnte. London sagte ihr überhaupt nicht zu. Zu voll, zu laut, zu eng und viel zu viel Gestank. Dann dieser ständige Nebel. Wenigstens heute hatten sie eine klare Nacht. Sie legte den Kopf in den Nacken und blickte zum Sternenhimmel hinauf. Der Mond war beinahe voll. Sein bleiches Leuchten hatte etwas Hypnotisierendes an sich. Sie hatte keine Ahnung, warum, doch der Anblick des Mondes, löste immer eine unbestimmte Sehnsucht in ihr aus.

      Plötzlich packte sie jemand von hinten und eine kräftige Hand schloss sich über ihren Mund, ihren Schrei erstickend. Sie wehrte sich verbissen, konnte sich aber gegen ihren kräftigen Angreifer nicht zur Wehr setzen. Panisch registrierte sie, wie der Unbekannte sie in den hinteren Teil des Gartens schleifte. Wollte er sie etwa schänden? Oder gar töten? Sie mobilisierte ihre letzten Kräfte und trat dem Mann rückwärts vor das Schienbein.

      Sie hörte ihn fluchen und ein Schauer des Entsetzens überkam sie, als sie seine Stimme erkannte. Ihr Entführer war niemand anderer als Lord Stoneborough. Was konnte er nur mit ihr vorhaben?

      Sie waren beinahe bei der hinteren Gartenpforte angelangt und sie versuchte erneut, sich loszureißen. Sie sah eine Kutsche hinter dem Zaun warten. Angst griff mit kalten Klauen nach ihrem Herzen. Sie hatte zwar keine Ahnung, was dieser Schurke mit ihr vorhatte, doch eines wusste sie mit Gewissheit. Nämlich dass sie es auf jeden Fall verhindern musste, dass er sie in diese Kutsche schaffte.

      Ein Mann, offensichtlich der Kutscher, kam seinem Herrn zur Hilfe. In einem letzten, verzweifelten Aufbäumen gegen ihr Schicksal, nahm sie all ihren Mut zusammen und biss Lord Stoneborough in die Hand.

      Fluchend riss er seine Hand weg, doch ehe sie schreien konnte, presste der Kutscher ihr ein widerlich süßlich riechendes Tuch auf das Gesicht und ihr wurde schwarz vor Augen.

      Alles um sie herum schien sich zu drehen und auf und ab zu bewegen. Ihr wurde übel und sie stöhnte leise auf. Ihre Augenlider waren seltsam schwer. Eve versuchte, ihre Augen zu öffnen, doch es wollte ihr nicht gelingen. Erneut kam Dunkelheit über sie.

      Als sie das nächste Mal zu sich kam, hatte sie einen unangenehm trockenen Mund und ihr Kopf schmerzte furchtbar. Noch immer bewegte sich alles. Sie blinzelte und als alles nur verschwommen vor ihren halb geöffneten Augen erschien, erfasste sie erneut dieser Schwindel. Sie überlegte, was mit ihr passiert war. Schemenhaft konnte sie sich daran erinnern, dass jemand sie im Garten von hinten überwältigt und zum Ende des Gartens geschleift hatte. Dann war da diese Kutsche gewesen und ein Mann, der ihr ein süßlich riechendes Tuch auf das Gesicht gepresst hatte. Es musste sich um ein Betäubungsmittel gehandelt haben. Chloroform! Sie hatte davon gehört. Es wurde jetzt überall für Operationen genutzt, doch bisher hatte Eve es nicht benötigt und jetzt hatte man es benutzt, um sie außer Gefecht zu setzen.

      Erneut versuchte sie die Augen zu öffnen und diesmal lichtete sich der Schleier von ihren Augen und sie erkannte, dass sie sich im Inneren einer Kutsche befand. Jetzt registrierte sie auch, dass sie gegen jemanden gelehnt saß und ein Arm um ihre Schultern geschlungen war. Schlagartig war sie hellwach und sie rückte mit einem erschrockenen Schrei von der Person ab. Ein Blick bestätigte, was sie bereits vermutete. Es handelte sich tatsächlich um Lord Stoneborough, der da lässig auf der Bank saß und sie spöttisch anlächelte.

      „Warum plötzlich so schüchtern, Liebes?“, neckte er sie mit seiner rauchigen Stimme, die gegen ihren Willen erneut einen wohligen Schauer über ihren Körper sandte.

      Sie reckte das Kinn und funkelte ihn aus großen Augen wütend an.

      „Ich bin nicht Euer Liebes!“, fauchte sie.

      Er lachte leise. Himmel! Warum musste dieser Mann so eine unerhört sinnliche Ausstrahlung haben? Sein Lachen fühlte sich an wie eine Liebkosung und der Blick, mit dem er sie bedachte, hatte etwas so unerhört intimes an sich, dass sie verstört den Blick abwandte.

      „Was habt Ihr mit mir vor?“, fragte Eve nach einer Weile des Schweigens.

      „Das wirst du schon schnell genug erfahren, Liebes.“

      „Ich hab schon gesagt, dass ich nicht Euer Liebes bin!“

      „Wollen wir das nachprüfen?“, raunte er, und ehe sie es sich versah, war er dicht neben ihr und riss sie in seine Arme.

      „Was …?“

      Er erstickte ihren Protest, indem er seinen Mund auf ihren presste. Eve stemmte die Hände gegen seine Brust und wollte ihn von sich schieben, doch alles, was sie damit erreichte war, dass er sie noch dichter an sich heranzog. Mit einer flinken Bewegung hatte er sie auf seinen Schoß gehoben. Sie konnte seinen wilden Herzschlag unter ihren Händen spüren. Ihr Eigenes schlug genauso unruhig und das Blut rauschte in ihren Ohren.

      Als ihre erste Gegenwehr erlahmte, wurde sein Kuss sanfter, neckender. Überrascht von dem aufregenden Gefühl, das sich in ihrem Schoß ausbreitete, öffnete sie die Lippen zu einem Stöhnen. Er nutzte die Gelegenheit und drang mit seiner Zunge in ihren Mund vor.

      Eve wollte erschrocken zurückweichen, doch er hatte eine Hand an ihrem Hinterkopf gelegt und machte ein Entrinnen so unmöglich. Sie spürte, wie ihr auf einmal fast unerträglich heiß wurde, und ihre Brustwarzen sich gegen den Stoff ihres Kleides drängten. Einem uralten Instinkt folgend schmiegte sie sich unwillkürlich dichter an seinen männlichen Körper und erwiderte sein Zungenspiel. Erst zaghaft, dann immer kühner, bis er sich plötzlich von ihr löste und sie von seinem Schoß schob.

      Eve errötete. Was war nur in sie gefahren? Wie hatte ihr das passieren können, dass sie so die Kontrolle über sich verloren hatte. Sie wagte nicht, ihn anzusehen. Ihr war schleierhaft, warum er sie so plötzlich von sich geschoben hatte. Hatte es ihm nicht gefallen, dass sie seinen Kuss so forsch erwidert hatte? Sie musterte ihn vorsichtig. Sein Gesicht war eine eiskalte Maske, als hätte er sie nicht Augenblicke zuvor leidenschaftlich geküsst. Sein hasserfüllter Blick ließ eine Gänsehaut über ihren Rücken kriechen. Plötzlich fröstelnd schlang sie die Arme vor ihrer Brust zusammen. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals und zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie wirklich Angst.

      ***

      Ronans Herz hämmerte wild in seiner Brust. Dieser kleine Kuss hatte ihn so in Erregung versetzt, dass er drauf und dran gewesen war, sie hier in der Kutsche zu nehmen. Was war bloß los mit ihm, dass er so auf sie reagierte, trotz des Wissens um ihre Schuld am Tode seines Bruders? Es durfte auf keinen Fall wieder vorkommen. Er würde sie erst anrühren, wenn sie verheiratet waren. Er würde einmalig die Ehe mit