Cathy McAllister

Die verbannte Braut


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      Was war nur an dieser Frau, dass erst sein Bruder, und nun er selbst ihr verfallen war? Und das, wider aller Vernunft und des Wissens um ihren wahren Charakter. Allein der Gedanke an ihre leidenschaftliche Reaktion auf seine Küsse und seine Berührungen ließ ihn schon wieder hart werden. Er ballte die Hände zu Fäusten. Was zur Hölle war nur los mit ihm? Gerade erst hatte er zwei Mal mit einer Frau geschlafen und sein Körper gab noch immer keine Ruhe? Dieses Frauenzimmer musste eine Hexe sein. Er hatte schon unzählige Frauen gehabt und nie hatte es eine Frau geschafft, ihn derart in den Bann zu ziehen, dass er nicht mehr Herr war über seinen Leib und seine Gedanken. Vielleicht würde es endlich aufhören, wenn er sie bestiegen hatte. Sobald er die Hochzeitsnacht vollzogen hatte, würde er sie auf seinen Landsitz verbannen und er würde das Weite suchen. Vergessen waren all die wunderbaren Rachepläne. Er wollte nur noch eines. Sie so schnell wie möglich aus seinem System bekommen.

      

       Kapitel 6

      Eve stöhnte. Sie lag in Ronans Armen und hatte die Augen geschlossen.

      „Ich sterbe“, jammerte sie.

      Sie hatte sich noch nie in ihrem Leben so elend gefühlt. Sobald sie dieses elende Schiff bestiegen hatten, war es auch schon losgegangen und sie hatte sich pausenlos übergeben müssen.

      „So schnell stirbt es sich nicht“, sagte Ronan und strich ihr eine feuchte Strähne aus dem Gesicht. „Es ist nur eine kurze Überfahrt. Bald sind wir da.“

      Eve würgte und Ronan half ihr, sich erneut in einen Eimer zu übergeben. Ihr Magen war bereits leer. Es war nur noch Magensäure, was sie ausspuckte und ihre Kehle brannte furchtbar.

      „Besser?“

      Eve schüttelte schwach den Kopf.

      „Bald hast du es geschafft. Es ist nicht mehr weit.“

      „Nein. Ich werde … sicher … vorher ster-ben.“

      Es klopfte an die Tür der Kabine.

      „Wir sind in Kürze da, Sir. Geht es der Lady besser?“, ertönte die Stimme des Kapitäns.

      „Es geht schon. Vielen Dank!“, antwortete Ronan.

      „Dann geh ich mal wieder an Deck. Wie gesagt, wir legen in etwa einer viertel Stunde an.“

      Damit entfernte sich der Kapitän wieder und Eve warf Ronan einen bösen Blick zu.

      „Wie könnt ... Ihr behaupten, … mir ginge … es gut?“

      „Du hast doch gehört. Wir sind gleich da. Jetzt sei ein gutes Mädchen und reiß dich zusammen, ja? Eine viertel Stunde, dann hast du es überstanden.“

      Sie waren den zweiten Tag in Frankreich unterwegs. Noch immer mied Ronan ihre Nähe, wo immer er konnte. Seit er sie auf der Überfahrt gepflegt hatte, hatte er sie nicht mehr berührt. Eve konnte sich über seine Motive keinen Reim machen. Die Kutsche schaukelte über die Landstraße. Eve dachte an ihre Familie. Sicher hatte man ihre Eltern bereits über ihr Verschwinden informiert. Sie würden sich große Sorgen machen. Vermutlich rechneten sie mit dem Schlimmsten. Würde sie ihre Familie je wiedersehen? Der Gedanke daran, dass sie vielleicht nie nach Hause zurückkehren würde, verursachte ihr ein flaues Gefühl im Magen. Und selbst wenn sie zurückkehren sollte, was würde man von ihr denken?

      Egal ob Ronan sie nun schändete oder nicht. Ihr Ruf war ohnehin ruiniert. Sie hatte mit ihm ein Zimmer geteilt. Dass sie auf dem Sessel übernachtet hatte, würde wohl kaum jemand glauben. Wer Lord Stoneboroughs Reputation kannte, würde mit Sicherheit vermuten, dass sie ihre Unschuld längst verloren hatte. Zumindest in diesem Punkt schien er jedoch anständiger, als sein Ruf zu sein. Überhaupt war der Mann ihr ein Rätsel. Mal war er finster und zynisch und ein anderes Mal neckend und beinahe sympathisch.

       Ohoh! Vorsicht Mädchen, wo deine Gedanken hinwandern. Sympathisch! Pah! Du begibst dich auf gefährliches Terrain.

      Als die Kutsche schließlich anhielt, war Eve beinahe schon eingeschlafen. Sie waren länger als gewöhnlich gefahren. Es war bereits dunkel und Eve war vollkommen erschöpft. Sie fragte sich, wie weit sie noch reisen würden, bis sie endlich dort angekommen waren, wo ihr Entführer hinwollte. Wo auch immer das war. Sie hatte mehrmals versucht, ihr Ziel herauszufinden, doch Ronan schwieg sich aus, ebenso wie seine Männer, die sie begleiteten. Es war zum verrückt werden. Ungewissheit war manchmal ein Fluch.

      Und manchmal ein Segen!, meldete sich ihre innere Stimme. Wer weiß, was der Kerl für schlimme Sachen mit dir vorhat!

      Die Kutschentür wurde geöffnet und Ronan lugte hinein. Er hielt ihr die Hand entgegen, um ihr aus der Kutsche zu helfen. Eve erhob sich schwankend, und als sie einen Fuß auf den Tritt setzte, stolperte sie kraftlos in seine Arme. Er reagierte sofort und fing sie auf. Mit einer kraftvollen Bewegung hob er sie wortlos auf seine Arme und trug sie ins Innere des Gasthauses. Eve kuschelte sich behaglich an seine Brust und schloss seufzend die Augen. Sie bemerkte im Halbschlaf, dass sie eine Treppe bestiegen und Ronan sie irgendwann auf einem Bett ablegte. Dann war sie augenblicklich fest eingeschlafen.

      ***

      Ronan betrachtete seine schlafende Gefangene. Es war erstaunlich, wie unschuldig und zart sie wirkte. Gegen seinen Willen und wider aller Vernunft fühlte er seinen Beschützerinstinkt erwachen. Verwirrt schüttelte er den Kopf. Was war nur los mit ihm? Er durfte sich keine Schwäche erlauben. Sie war keine Frau, für die man mehr als flüchtige Leidenschaft empfinden durfte. Mit wild klopfendem Herzen wandte er sich ab, und floh aus dem Raum, als wäre der Teufel persönlich hinter seiner Seele her.

      Im Schankraum gesellte er sich zu seinen Männern. Da war Will, der Kutscher, der ihm geholfen hatte, das Mädchen zu entführen; Peter, ein ehemaliger Taschendieb, der Ronan seit Jahren wie ein treuer Schatten begleitete und Johnny, ein kampferprobter Weggefährte, mit dem Ronan so einige Abenteuer erlebt hatte.

      „Wollt Ihr nicht schlafen?“, fragte Will, als Ronan sich zu ihnen an den Tisch setzte.

      Ronan schenkte ihm einen vernichtenden Blick und Peter, der seine Stimmung immer am besten einschätzen konnte, schob ihm wortlos einen Becher Ale rüber. Ronan nahm das Getränk dankbar entgegen und stürzte es in einem Zug runter.

      Peter winkte der Magd und bestellte eine neue Runde. Sie tranken einige Runden, ehe sich Ronan kurz nach Mitternacht schließlich auf sein Zimmer traute. Er war jetzt so betrunken, dass er sich zutraute, der blonden Versuchung in seinem Bett widerstehen zu können.

      Vorsichtig kleidete er sich aus und legte sich neben seiner Gefangenen ins Bett. Er rutschte ganz an die Kante, darauf bedacht, sie ja nicht zu berühren. Zu seinem Verdruss war er offenbar doch nicht betrunken genug, um nicht auf dieses Frauenzimmer zu reagieren. Sein Geschlecht pochte verlangend und Ronan stöhnte leise auf. Das konnte eine verdammt harte Nacht werden.

      ***

      Eve wachte langsam aus ihrem Schlummer auf. Etwas Warmes presste sich von hinten an sie und verschaffte ihr ein Gefühl von Behaglichkeit. Sie presste sich automatisch dichter gegen die Wärmequelle. Ein heiseres Stöhnen ließ sie vor Schreck erstarren. Erst jetzt registrierte sie, dass sie in den Armen eines Mannes lag. Ronan! Er hatte einen Arm um ihre Taille geschlungen und hielt sie fest gegen seinen Leib gepresst. Sie versuchte, von ihm abzurutschen und rieb dabei mit ihrem Hinterteil gegen seine Lenden. Seine Härte erschreckte sie, löste aber zugleich auch wieder dieses aufregende Prickeln in ihren unteren Regionen aus.

      „Wenn du so weiter machst, dann wird es kein zurück mehr geben“, ertönte plötzlich Ronans raue Stimme und Eve gefror mitten in ihrer Bewegung.

      Ronan drehte sie auf den Rücken und legte sich über sie. Auf seine Unterarme gestützt schaute er sie an. Eves Herz klopfte wie wild. Seine braunen Augen waren dunkel vor Verlangen. Eine nachdenkliche Falte stand zwischen seinen Augenbrauen und Eve war versucht, sie wegzustreichen, doch sie rührte sich nicht. Atemlos lag