John Cleland

Klassiker der Erotik - Fanny Hill 2 - 12 Kapitel


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gegen ein solches Ansinnen zu protestieren. „Der Herzog,“ verteidigte sie ihre Meinung, „ist ein Windhund! Er hat nur politische Intrigen und Weibergeschichten im Kopf! Frances ist viel zu jung, zu unerfahren und zu schade, einem solchen Abenteurer ausgeliefert zu werden. Und das täten Sie, Fanny!“ Erst als diese auf die möglichen Folgen einer Ablehnung hinwies, wurde die Cole ruhiger. Zum Schluß behielt ihr Mißtrauen jedoch die Oberhand. Sie wies Fanny auf die unvermeidlichen Nachteile hin, wenn sie „das junge Ding“ mit dem Herzog reisen ließe.

       Sie hatte sofort einen Plan bei der Hand, wie das zu verhindern sei, ohne das Risiko einer Verstimmung des Herzogs gegen Charles heraufzubeschwören. Fanny sollte dem Herzog ihre Tochter einfach ausspannen! Und damit müsse sie gleich beim morgigen Tee beginnen.

       Fanny blickte die Cole zunächst verblüfft, dann skeptisch an. Je länger sie jedoch den Gedanken erwog, desto mehr mußte sie der Cole rechtgeben. Und nach einer Weile beschloß sie, diesem Rat zu folgen.

       Pünktlich fand sich der Herzog im Hause Burton ein. Entgegen ihrer Gewohnheit erschien Fanny in einem duftigen Tüllkleid, das mehr von ihrem Körper sehen als ahnen ließ.

       Mrs. Cole, die hinter ihrem Stuhl stand, grinste in sich hinein, als sie die erstaunten Augen Seiner Gnaden wahrnahm.

       Mit einem gewinnenden Lächeln bot Fanny dem Herzog Platz an, schenkte ein und schob das feine, chinesische Porzellan sorgfältig zurecht. Sie legte Gebäck vor und kümmerte sich so betont aufmerksam um ihn, als ob sie ein Ehepaar in den Flitterwochen wären.

       „Sie ist eine gute Schauspielerin“, dachte die Cole bei sich — das hatte sie früher schon häufiger feststellen können. Diese offensichtliche Liebenswürdigkeit der Hausherrin überraschte D ***. Sollte er das als Zustimmung zu seinen Plänen auf fassen? Aber nein — solch überbetonte Liebenswürdigkeit konnte nur Vorwand sein! Für was? Lag hier nicht der offensichtliche Versuch Mrs. Burtons vor, mit ihrer Tochter um seine Gunst zu buhlen? Hmm — eine schöne Frau! Zweifellos auch eine reife Frucht und zu verlockend, als daß er nicht geneigt gewesen wäre, sie zu pflücken. Er ließ sich den Flirt gefallen und erwiderte ihn.

       Mrs. Cole bemerkte das mit Genugtuung.

       Nach dem Tee bat Fanny den Herzog in den Salon. Sie hatte dafür sorgen lassen, daß im Kamin ein fröhliches Feuer brannte, daß die Sessel bequem standen, daß genügend Kissen vorhanden waren, um die Füße hoch zu legen. Erlesene Weine standen auf einem silbernen

       Tablett griffbereit. Sogar eine Dose Schnupftabak, von dem Fanny wußte, daß ihn der Herzog bevorzugte, war vorhanden. Mit einem verheißungsvollen Lächeln geleitete Fanny den Gast an seinen Platz. Sie setzte sich ihm gegenüber und schlug die Beine so übereinander, daß Spitzen und Rüschen oberhalb der Knie sichtbar wurden. Ein schönes, formvollendetes Beinpaar zog die Blicke ihres Gegenübers auf sich. Leicht wippte sie mit dem Fuß, bis dem Herzog ein rosa Schuhchen entgegenflog.

       Fannys Lachen sprang auf D *** über. Ihre Natürlichkeit, ihre Art, sich zu geben — ohne den Beigeschmack des Gewollten, Aufdringlichen — bezauberten ihn. Ihr Charme betörte den Mann, der gewiß kein Verächter der Sinnenfreuden war, darüber aber kaum jemals vergaß, welche Aufgabe er sich gestellt hatte, wenn er schon Frauen in seine politischen Pläne einbezog. Jetzt aber war Seine Gnaden hilflos verliebt. Wie ein Fisch zappelte er in ihren Netzen. Es war ein ausgedehntes tete-a-tete, welches damit endete, daß der Herzog zu Fannys Füßen kniete und ihr seine Gefühle gestand.

       Von Frances und der Reise nach Paris war keine Rede mehr.

       „Maman — Sie sind gemein!!!“ Frances war zutiefst empört. Der Zufall hatte es ergeben, daß sie Augenzeuge des Schäferstündchens ihrer Mutter mit dem Herzog geworden war.

       Über Fanny ergoß sich eine Flut hemmungsloser Anklagen. Ein wirres Gemisch kindlicher Begriffe von Anstand und Schicklichkeit, in das die Eifersucht des erwachenden Weibes hineinspielte. „Wie können Sie sich dem Herzog so an den Hals werfen! In einer Aufmachung, die mehr als eindeutig war!“

       Frances’ Augen schossen Blitze. Zornbebend, mit geballten Fäusten, schleuderte sie ihrer Mutter — der Nebenbuhlerin — Unverschämtheiten ins Gesicht. Was Frances so erregte, war die Tatsache, daß der Herzog seine Gunst der Mutter geschenkt hatte. Und das offensichtlich bedingungslos! Sie kochte vor Eifersucht. Sie schrie und stampfte mit den Füßen. Dann warf sie sich über das Bett und schluchzte hemmungslos.

       Fanny setzte sich neben sie und versuchte, sie zu trösten. Die aber stieß ihre Hand fort und krallte die Finger in die Kissen. Auch der Versuch, das Mädchen davon zu überzeugen, wie unsinnig ein Verhältnis zwischen ihr und einem Mann seines Alters wäre, erzeugte nur einen neuen Ausbruch der Verzweiflung.

       „Sie muß sich aus weinen — abreagieren“, dachte Fanny, erhob sich und verließ das Zimmer. Schließlich war nichts „passiert“, noch beabsichtigte sie, sich jemals zu Intimitäten mit dem Herzog hinreißen zu lassen.

       Kaum hatte Fanny ihr Zimmer erreicht, als Frances hereinstürmte und dramatisch verkündete: „Wenn Sie nicht sofort mit dem Herzog aufhören, tue ich mir etwas an!!“ Und mit Nachdruck, wenn auch leiser, setzte sie hinzu: „Oder ich verlasse das Haus auf der Stelle!“

       Fanny beschwichtigte und versuchte, die von Furien der Liebe und Enttäuschung gehetzte Tochter zu sich auf den Diwan zu ziehen, um ihr in Ruhe auseinander zu setzen, daß nichts geschehen sei, was sie nicht selbst gesehen hätte. Aber das Mädchen riß sich los. Wut, ja Haß, verzerrte ihr Gesicht.

       Fanny war nicht sicher, wie weit die Drohungen ihres Lieblingskindes zu Konsequenzen führen würden. Am ehesten glaubte sie, daß Frances versuchen würde, mit dem Herzog Verbindung aufzunehmen, um mit ihm „durchzubrennen“. Diese Annahme bewog sie, alles daran zu setzen, D*** zu betören, unbedingt für sich zu gewinnen. Sie sah darin die einzige Möglichkeit, das Kind vor einem Schicksal zu bewahren, das sie selbst hatte auf sich nehmen müssen. Wenn notwendig, würde sie vor keiner Konsequenz zurückschrecken, um ihr Ziel zu erreichen. Sie erwog sogar, sich notfalls von Frances überraschen zu lassen, um damit zu beweisen, wie sinnlos deren Gefühle für den Herzog wären.

       Es war ein gewagtes Spiel, aber möglicherweise das einzige Mittel, um Frances vor Schlimmerem zu bewahren.

       Mrs. Cole war mit diesem Vorhaben einverstanden. Sie fand Fannys Plan zwar kühn, aber akzeptabel.

       Schon bald sollte sich eine Gelegenheit ergeben, ihn auszuführen.

       Fanny saß vor ihrer Frisier-Toilette und kämmte ihr welliges, dunkles Haar. Sie war mit einem Morgenmantel bekleidet. Eine schmale Silberbordüre faßte die himmelblaue, lose fließende Seide ein. Ein leicht geknotetes Band schloß das Neglige in der Hüfte. Das durchsichtige Gewebe ließ die Haut ihres Körpers matt durchschimmern. Es betonte den Reiz der Nacktheit.

       Strähne um Strähne zog sie den silberbeschlagenen Kamm durch die Lockenpracht, ließ sie über die Schultern fallen. In natürlichen Wellen floß das dichte Haar bis zur Sitzfläche des Sessels hinab.

       Dann griff sie zu einem der vielen Fläschchen auf der

       Frisiertoilette, kippte es ein-, zweimal und verrieb mit einem Tüchlein duftendes Wasser über Gesicht, Hals und Nacken. Sie griff zu einem anderen Flacon und tupfte Parfüm hinter die Ohrläppchen. Dann netzte sie die Achselhöhlen und die Innenseiten der Oberschenkel. Sie

       entnahm einem zierlichen Porzellangefäß rosarote Creme und verstrich sie über Gesicht und Hände.

       Als sie beginnen wollte, die Lippen mit einem langen Rougepinsel nachzuziehen, öffnete sich vorsichtig die Tür. Verschmitzt meldete Mrs. Cole den Herzog von D * * *. Ehe noch Fanny die Erlaubnis zu dessen Eintritt geben konnte, zwängte er sich zwischen der Cole und dem Türrahmen in das Boudoir und näherte sich Fanny mit einer tiefen Verbeugung. Mrs. Cole zwinkerte aufmunternd und zog die Tür behutsam hinter sich zu.

       Mit einem gewinnenden Lächeln streckte Fanny dem Herzog die Hand hin, die er länger als schicklich mit den Lippen berührte. Dann trat er hinter sie und betrachtete ihr reizvolles Spiegelbild.

       Seine Finger teilten ihr Haar, und verliebt küßte er ihren Nacken. Da Fanny sich nicht sträubte, wurde er kühner. Seine Lippen faßten ihr linkes Ohrläppchen.