Joris Kreuz

Schwuler Sex – ein Tipp für Heteromänner?


Скачать книгу

ein Hausherr mitten im Geschlechtsverkehr mit seiner Gattin den Sklaven bittet, ihn in den Hintern zu ficken damit er bei seiner Frau schneller kommt. Welchen Sinn das macht? Durch die Stimulation der Prostata beim Analverkehr kommt es zur Steigerung der Lustgefühle beim Mann; im vorliegenden Fall aus der Fernsehserie wohl beim Hausherrn Mittel zum Zweck schneller zum Orgasmus zu gelangen. Und – so viel sei an dieser Stelle verraten, lieber Leser – nicht nur in der Fiktion im Fernsehen.

      Widmen wir uns einem Beispiel aus der Realität, aus der Gegenwart und lassen einen Hetero zu Wort kommen, der "es" ausprobiert hat. Daniel Müller – seinen Namen haben wir natürlich geändert – ist erfolgreicher Besitzer eines Sanitärinstallations-Betriebes in Solingen. Der 38-jährige ist in zweiter Ehe verheiratet und hat insgesamt drei Kinder. Das Wochenende gehört seiner Familie; an bestimmten Wochentagen engagiert er sich in einem Sportverein, spielt Handball oder geht joggen. Damit gilt er als fest in seinem Umfeld integriert. Als durchtrainiert kann man den gut aussehenden Chef von 15 Mitarbeitern trotz seiner Liebe zum Sport nicht bezeichnen, aber sein sympathisch wirkendes Erscheinungsbild verhalf ihm sein ganzes Leben lang zu einem großen Zuspruch seitens des weiblichen Geschlechts. Aber nicht alles ist so wie es scheint; nicht jeder der aussieht wie ein Womanizer interessiert sich ausschließlich für Frauen. Daniel spricht Klartext: "Natürlich wäre es mir nie in den Sinn gekommen, etwas mit einem Typen anzufangen. Aber alle reden irgendwie darüber. In den Zeitungen, in Fernsehserien, am Stammtisch – wenn auch dort mehr in Form übler Scherze. Neugierig war ich schon. Dann hatte ich eine Baustelle in einem Mehrfamilienhaus. Der Eigentümer war schwul. Als wir beide Zeugen des Streits eines Ehepaars wurden, machte der Kunde Bemerkungen, dass der Umgang unter Männern solche Situationen in der Regel nicht kennt. Daraus entwickelte sich ein längeres privates Gespräch. Er erzählte welche Vorzüge es habe "es" mit einem Mann zu treiben und meinte, dass mein Schwanz davon nicht kaputt ginge wenn ich es probieren würde. Am Ende sind wir im Bett gelandet."

      Hat Sex mit schwulen Männern Vorteile für heterosexuelle Männer?

       Während Schwulsein noch vor zwanzig Jahren in Waldstücken am Rande von Autobahnparkplätzen praktiziert wurde, helfen heute Chatrooms bei der Kontaktherstellung und vereinfachen diese im Gegensatz zu früher wesentlich. Beispiel Gayromeo.com: Hier sind die sexwilligen Homosexuellen mit Bildchen gelistet wie die Autos bei Mobile.de die auf Käufer warten. Unzählige Plattformen dieser Art eröffnen ungeahnte Möglichkeiten, sich sexuell auszuprobieren. Schön bequem von zu Hause aus und ohne sich in zwielichtigen Spelunken oder dunklen Parks herumtreiben zu müssen wie zu Zeiten ohne Internet. Daniel nach seinen ersten Erfahrungen: "Klar hat Sex mit einem Mann für einen Mann Vorteile. Erstens ist er unkompliziert. Da trifft man sich weil man(n) es will, kommt meistens sofort zur Sache. Zweitens weiß ein Mann viel besser und aus eigener Erfahrung heraus mit dem Körper eines anderen Mannes umzugehen. Er weiß, was wie zu tun ist und was er wie einsetzen muss, damit es beiden gut tut und beide Männer dabei Spaß haben."

      Und drittens, so Daniel, liefe er nicht Gefahr, in eine Liebesfalle hineinzugeraten: "Der Körper ist gefragt, sonst nichts." Selbst wenn Frau und Mann sich eingangs des Kennenlernens einig sind, dass es sich bei dem, was beide wollen, nur um Sex handelt, kann das schnell doch wieder auf Liebe und Beziehungswunsch hinauslaufen und entsprechend kompliziert werden. Auch da spricht Daniel aus Erfahrung. Sucht der Hetero aber Entspannung mit einem Mann, entfällt dieses Risiko fast völlig weil sein Gegenüber üblicherweise genauso denkt. Ein wichtiger Punkt sind da noch diejenigen Sexpraktiken, von denen ein Hetero träumt, sie aber zu Hause und von seiner Frau nicht erfüllt bekommen kann. Der Wunsch nach simplem Oralverkehr zum Beispiel ist in vielen heterosexuellen Beziehungen ein Problem, weil die Dame des Hauses schlichtweg keinen Blowjob geben will. Sei es, weil sie ein männliches Geschlechtsorgan nur als Mittel zum Zweck des Fickens betrachtet. Oder es im schlimmsten Falle gar nicht wirklich liebt und erst recht nicht liebkosen will oder kann. Es gibt sogar Frauen, die echten Ekel bei der Vorstellung entwickeln, einen Schwanz in den Mund zu nehmen. Für einen Mann kann es ziemlich abtörnend sein, sich dem Brechreiz seiner Frau gegenüber zu sehen. Andere Sexpraktiken funktionieren gar nicht, weil einer Frau bestimmte Körperteile fehlen und sie demnach andere Sehnsüchte des Freundes oder Ehemannes nicht erfüllen kann: Zum Beispiel wenn der Ehemann gefickt werden will – siehe oben, Stichwort Sklave. Dildos die die Frau sich umschnallt sind da eher eine schlechte, in vielen Augen lächerlich anmutende Lösung.

      Offen ansprechen oder doch lieber Sex im Verborgenen?

       Immobilienkaufmann Bernd S. aus Potsdam hat das Problem zu Hause ganz einfach gelöst. Er hat mit seiner Gattin gesprochen. Die Ehefrau hat den Geliebten ihres Mannes kennengelernt und begriffen, dass ein Mann im Bett keine Bedrohung für ihre Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann ist. Damit, dass ihr Bernd auch mit einem Mann schläft, kann sie besser umgehen, als wenn sie sich gegen eine weibliche Konkurrentin behaupten müsste. Natürlich ist das der zweite Schritt. Wenn ein Mann die Neugier verspürt, herauszufinden, wie sich ein anderer Mann anfühlt, dann sollte er das zunächst einmal für sich ausprobieren ohne es an die ehelich-große Glocke zu hängen. Ein schlechtes Gewissen oder die Angst vor gesellschaftlicher Ächtung sind überflüssig. Solange er auf Sicherheit achtet und Kondome benutzt, kann er ein erstes Mal auch durchziehen, ohne seine Lebenspartnerin oder Ehefrau darüber in Kenntnis zu setzen. Aber danach bietet es das Gebot der Fairness, die Gattin zu informieren. Und eventuell die nötigen Konsequenzen zu ziehen wenn sich herausstellt, dass Sex mit einem Mann im Endeffekt das Bessere für den jeweils Betroffenen ist.

      Aber: Wie ein sehr bekannter, sich zu seiner Bisexualität bekennender Schauspieler aus München sagte geht man(n) nach einem Besuch in der Disko eben nie alleine nach Hause; wenn man(n) in beiden Gärten ernten kann steigt die Chance auf einen erotischen Ausklang des Abends für einen Single schlagartig um das Doppelte. Bernd S. jedenfalls ist überzeugt davon, dass jeder Mann einmal seinen Gedanken, Wünschen und Träumen nachgeben und sich nicht von Gerede über Schwuchteln und anderen, schwulenfeindlichen Bezeichnungen abhalten lassen sollte: "Es macht Spaß, aber jeder sollte für sich entscheiden, ob er dabei bleibt oder nicht. Es geht wirklich nichts kaputt. Und niemals vergessen, sich vor Aids zu schützen! Aus Verantwortung anderen, aber auch sich selbst gegenüber!"

      Von "Queer as Folk" zu "Kampf über den Wolken – Mitten ins Herz"

       Auch Kino und Fernsehen haben längst entdeckt, dass es neben den weiblichen Zuschauern ebenso Interessen von Schwulen zu berücksichtigen gilt. Die Kaufkraft von Homosexuellen wird von der Werbeindustrie hoch eingeschätzt; die TV-Branche geht mit entsprechenden Plots, eigens entwickelten Geschichten oder mit der Besetzung von Rollen mit anziehend wirkenden Schauspielern darauf ein. Die Fernsehserie "Queer as Folk" über eine Clique schwuler, aber völlig normal auftretender junger Männer – die auf schwule Jungs, aber auch auf Frauen anziehend wirkten – erreichte zwischen 2000 und 2005 Kultstatus. In der US-Serie wurde das Leben schwuler Freunde so unaufgeregt erzählt wie es bei deutschen Familienserien à la "Diese Drombuschs" oder "Herzensbrecher – Vater von vier Söhnen" üblich war und ist Geschichten zu erzählen. Übrigens: In letztgenannter Serie outete sich einer der Söhne letztlich auch als schwul; ganz ohne Klischees als Begleiterscheinung. Es sei eben so und fertig. In Deutschland fand Homosexualität bis dahin im Fernsehen eher als Comedy statt. Heute wird das Thema in eher dem Genre Drama zuzurechnenden Filmen wie "Freier Fall" oder Romanen wie "Kampf über den Wolken – Mitten ins Herz" behandelt, in dem sich der Pilot Patrick Mancini zwischen seiner neuen Liebe Verena Uhlig oder doch eben der Liebe zu seinem Kollegen und Co-Piloten Alexander Link entscheiden muss und dabei mehr über die Gefühle und Ängste eines Schwulen erfährt, als ihm lieb ist – denn dadurch fällt ihm seine Entscheidung erst richtig schwer.

      Die Liebe und der Sex zwischen Männern wird dort alltäglich und integriert dargestellt; so wie es sein sollte als etwas ganz normales; über das man genauso wenig sprechen sollen müsste wie darüber, ob jemand hetero ist oder nicht. Obwohl Patrick im Laufe der Handlung da noch einiges lernen muss. Fast nebensächlich: "Kampf über den Wolken – Mitten ins Herz" ist auch ein spannender Krimi rund um den Übernahmekampf zweier miteinander konkurrierender Airlines und der Frage, in wie weit man Großraumflugzeuge