Uwe Westphal

Ehrenfried & Cohn


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Lack!“, rief Ehrenfried den Gören zu. „Meesta, können Se mir nich ´n Stick weit mitnehmen? Ick müsste da noch ins KaDeWe, für meine Mutter ‘n paar Kartoffeln koofen!“, hörte er eines der Kinder rufen. Gelächter scholl durch die Einfahrt. Ehrenfried stieg ein. Das Fahrerfenster ließ er dieses Mal geschlossen. Als er losfuhr, starrten die Kinder ihm nach.

      Als er in der Mohrenstraße angekommen war, begegnete er vor der Eingangstür zum Geschäft Simon Cohn. Der hatte gesehen, wie Ehrenfried mit Landauer am Vormittag davongefahren war. „Was war denn das, Kurt?“, fragte er mit einem verwundert-spöttischen Blick. „Hast du mit Landauer einen kleinen Betriebsausflug gemacht?“ „Nein“, entgegnete Ehrenfried gereizt. „Es war eine kleine Reise, nach Galizien und Posen.“ Und dann, schon versöhnlicher: „Lass‘ mich jetzt mal in Ruhe.“

      Gleich darauf saß er wieder in seinem Büro. In seiner Welt. In der Welt, die er kannte. Er wollte nichts gemein haben mit dieser Welt, aus der er hergekommen war. Er wollte diesen Schtetlgeruch nicht in seinem Büro, nicht in seinem Zuhause, nicht in seinem Leben haben. Er wollte nicht wie sein Vater ständig an diese Herkunft denken und womöglich noch stolz auf sie sein. Mochten die Landauers leben, wie sie wollten – das hatte mit seinem Leben nichts zu tun. Er wollte das nicht.

      Landauer hatte inzwischen begriffen, dass seinem Chef das Judentum nicht wichtig war. Was nicht hieß, dass Ehrenfried nicht auch großzügig zu seinen jüdischen Angestellten sein konnte. Sonst hätte er Landauer wohl kaum in seiner Limousine in die Schönhauser Allee gefahren und ihm anschließend für den Rest des Tages freigegeben. Doch inzwischen war Landauer klar geworden, und das heutige Treffen mit Windschild und Glasow hatte dies mehr als deutlich gemacht, dass er nicht länger bei „Ehrenfried & Cohn“ arbeiten konnte. Es war ihm seit gut einem Jahr immer schwerer gefallen, täglich zehn und mehr Stunden die Redensarten und die Gemeinheiten von Windschild und Glasow hinzunehmen.

      Landauer erduldete seine Arbeit nur noch. Was er früher so gern, ja sogar mit Leidenschaft getan hatte, eben genau zu kalkulieren, auf Sparsamkeit im Verbrauch zu achten, kreative Umsetzungen für die neuen Kollektionen zu berechnen und zu entwerfen, all dies wurde ihm seit 1934 immer mehr zur Qual. In der Zwischenmeisterei von Ehrenfried & Cohn regierten jetzt Windschild und Glasow. Das gesamte Arbeitsklima hatte sich verändert. Die Anspielungen und Angriffe gegen Landauer wurden heftiger. Seitdem Glasow ihm erst vor wenigen Monaten höhnisch offenbart hatte, er habe ihm schon seit Monaten immer wieder in seinen Essenstopf gepinkelt und den Topf anschließend mit Schweinebauch in die richtige und unverdächtige Geruchslage gebracht, seit dieser Zeit verzichtete Landauer auf seine Mittagspause.

      David Landauer fühlte sich unwohl angesichts dessen, was er Ehrenfried da preisgab. Er wollte ihn nicht in Schwierigkeiten bringen, aber jetzt musste er es ihm sagen. Windschild und Glasow veranstalteten seit 1934 ein wahres Kesseltreiben gegen ihn. Wann immer Landauer in die Werkstatt kam, begrüßten sie ihn nur noch mit Ausdrücken wie „Judenlümmel“ oder „Ostjude Abraham“. Landauer hatte genau darüber nachgedacht, wie angreifbar er geworden wäre, wenn er diese Dinge aus der Werkstatt Ehrenfried oder auch Cohn schon früher berichtet hätte. Immerhin brauchte er seinen Lohn, um seine drei Kinder zu ernähren, vor allem jetzt und in den kommenden Wochen vor der Abreise nach England. Außerdem hätten weder Ehrenfried noch Cohn verstanden, davon war Landauer überzeugt, worum es ihm wirklich ging. Vielleicht lag das auch daran, dass er sich nicht imstande fühlte, ganz genau zu erklären, was mit ihm gerade geschah. Trotzdem fühlte sich Landauer, als er da draußen seinen baldigen Abschied angekündigt hatte, erleichtert über sein Geständnis. Er wusste nur nicht genau, was es wirklich war, das ihm dieses Gefühl beschert hatte.

      Für Ehrenfried kam Landauers Erklärung und Kündigung einfach nur als ärgerliche und zusätzliche Belastung daher. Genau das hatte ihm jetzt noch gefehlt! Jetzt, vor dem geschäftlichen Aufbruch, musste er einen neuen Zwischenmeister von einer anderen Firma mit viel Aufwand und Geheimnistuerei abwerben.

      Ehrenfried wusste aus Erfahrung, was er für solch diskrete Aktionen benötigte: Zeit und Nerven, beides hatte er nicht. Obwohl die Abwerbung von guten Zwischenmeistern in der Branche gang und gäbe war, brachte so etwas fast immer lästige Fragen der Kollegen mit sich und schließlich neue Feindschaften und neues Misstrauen. Ehrenfried ging zurück in sein Büro und polterte die fette Perschke mit lauten Worten an, ob sie denn endlich den Text für die Stellenanzeige geschrieben hätte. Anschließend fuhr er ins Café Reimann. Ein bisschen horchen. Vielleicht war etwas in Erfahrung zu bringen über Zwischenmeister, die hoch qualifiziert waren und sich verändern wollten. „Aber bloß keinen von Graumann“, dachte er, „ich mache garantiert keine Reise von Posen nach Galizien.“

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